Der geheimnisvolle Kontinent Mu
Der geheimnisvolle Kontinent Mu | |
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Topolino e l’enigma di Mu | |
Erstveröffentlichung: | 19. August 1979 |
Entstehungsdatum: | 1979 |
Storycode: | I TL 1238-AP |
Story: | Massimo De Vita |
Zeichnungen: | Massimo De Vita |
Seiten: | 63 |
Deutsche Übersetzung: | Gudrun Penndorf |
Deutsche Erstveröffentlichung: | LTB 141 |
Weiterführendes | |
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Der geheimnisvolle Kontinent Mu (ital. Topolino e l’enigma di Mu) ist eine bedeutsame Abenteuergeschichte aus dem Maus-Universum, die von Massimo De Vita geschrieben und gezeichnet und erstmals im Jahr 1979 veröffentlicht wurde.
Diese Geschichte markiert das Debut von Professor Zapotek, dem Historiker und Anthropologen, der seitdem ein enger Freund von Micky Maus und Goofy ist.[1] Als wiederkehrende Figur etablierte sich Professor Zapotek, dem später sein technikaffiner Kollege Marlin zur Seite gestellt wurde, vor allem in den Zeitreise-Geschichten um die Zeitmaschine.
In dem Abenteuer entschlüsselt Professor Zapotek die letzten Hinweise um eine alte Zivilisation, die das Geheimnis eines mächtigen Artefakts hütet, dem mythische Kräfte nachgesagt werden. In Sorge um sein Leben wendet sich der Professor an Micky Maus und Goofy, denn tatsächlich ist mit dem fiesen Archäologen Vulpius noch ein gewissenloser Konkurrent hinter dem Geheimnis des untergegangenen Kontinents von Mu her.
Figuren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Micky Maus
- Goofy
- Professor Zapotek
- Dorian von Vulpius
Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Teil 1[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die beiden Freunde Micky Maus und Goofy verbringen einen ruhigen Abend bei Micky zuhause. Micky sieht sich einen Krimi an, fühlt sich aber von Goofy gegängelt, der seit einem Monat andauernd Bilderrätsel löst, in der Hoffnung, bei einem Wettbewerb eine Reise nach Mikronesien zu gewinnen. Während die beiden sich angeregt streiten, klingelt es an der Tür, vor der jedoch niemand steht. Ein zweites Klingeln lockt die Freunde aus dem Haus, doch erst als sie zurückkehren, stellen sie überrascht fest, dass ein älterer und vornehmer, aber sichtlich verängstigter Herr ins Haus geschlüpft ist.

Der Mann stellt sich auf Mickys Nachfrage hin vor: Er ist Professor Zapotek, seines Zeichens angesehener Anthropologe. Der Professor versichert nicht ohne Stolz, dass es ihm vor Kurzem gelungen ist, das geheimnisvolle Mu-Alphabet zu entziffern. Angesichts der Bedeutung dieser Entdeckung befürchtet er, dass jemand versucht, seine Forschungsergebnisse in die Hände zu bekommen. Daher fühlt sich der Professor verfolgt und bedroht; tatsächlich ist er nur Augenblicke später davon überzeugt, ein Gesicht am Fenster gesehen zu haben. Micky schaut nach und sieht niemanden, allerdings durchquert ein verborgener Schatten den Garten und schließt sich einer anderen Gestalt an, mit der er in einem Auto flieht. Professor Zapotek bittet darum, nach Hause gefahren zu werden, was Micky und Goofy auch machen wollen, obwohl sie glauben, dass der Wissenschaftler nur etwas durch den Wind ist und maßlos übertreibt.
Doch die drei werden von einer Reihe von Unfällen heimgesucht: Ein platter Reifen, eine mechanische Brücke, die sich just in dem Moment öffnet, als sie diese überqueren wollen, eine Landung im Wasser, die durch einen manipulierten Wegweiser verursacht wurde sowie der plötzliche Sturz eines Astes. Hinter jedem dieser Unfälle verbirgt sich eine geheimnisvolle Gestalt, die sich in der Dunkelheit davonschleicht.
Als sie schließlich das Haus von Professor Zapotek erreichen, finden sie es verwüstet vor. Nun ist auch Micky überzeugt, dass die Befürchtungen des Professors begründet waren und es sich bei den Unfällen nicht um bloße Zufälle gehandelt haben kann. Zum Glück hat der Dieb jedoch nicht gefunden, wonach er gesucht hat, nämlich den Code zur Entschlüsselung des Mu-Alphabets, den der clevere Professor geschickt in einer programmierbaren Fernbedienung versteckt hat. Während der Schatten, der am Fenster lauscht, sich über sein Scheitern ärgert, bittet der Professor Micky und Goofy, ihn in die Stadt Abrakaddar am Persischen Golf zu begleiten: Die beiden stimmen zu, wenngleich ihnen verborgen bleibt, dass das Ziel ihrer Expedition nun auch dem heimlichen Verfolger bekannt ist.
An Bord der Passagiermaschine ist auch eine runzlige Stewardess, bei der es sich um den kostümierten Verfolger in Frauenkleidern handelt. Dank seiner Kostümierung und einer winzigen Wanze in einem Kronenkorken gelingt es ihm, die Gespräche zwischen Professor Zapotek, Micky und Goofy nachzuvollziehen. Der Professor nutzt die Zeit im Flugzeug, um seine Geschichte zu erzählen: Jahre zuvor war er in Mexiko auf einen Kodex gestoßen, der von Diego de Landa, dem Bischof von Yucatán im 16. Jahrhundert, zusammengestellt worden war. Der gnadenlose Bischof ließ die alten Maya-Texte auf dem Scheiterhaufen verbrennen, da sie in seinen Augen nicht christlich waren. Später aber bereute er seine Tat und mit Hilfe der Maya-Priester versuchte er, so viel von diesen Texten und dem vernichteten Maya-Kalender wiederherzustellen.
Ein Teil dieser verschollen geglaubten Manuskripte gelangte durch Zufall in die Hände des kundigen Anthropologen Zapotek, der darin den Weg zum Kontinent Mu fand. Dabei handelt es sich um einen versunkenen Kontinent, der noch älter als Atlantis war, mitten im Pazifik lag und von einem hoch entwickelten Volk bewohnt wurde, das sich auf sieben Städte verteilte. Eine mysteriöse Katastrophe ließ dieses Land jedoch verschwinden und hinterließ das Rätsel, wie weise und friedliche Menschen es geschafft hatten, sich selbst zu zerstören. Mu war auch im Besitz des sagenumwobenen Baums des Lebens, der Jugend und Unsterblichkeit verlieh. Alle späteren Mythologien sprechen von ihm und Professor Zapotek ist überzeugt davon, dass es eine originalgetreue Darstellung auf einem phönizischen Halbrelief gibt. Es wäre jedoch nicht möglich, den Talisman zu finden, ohne die Sprache von Mu zu kennen, die vor zwanzigtausend Jahren verschwunden ist: Deshalb ist die Entschlüsselung des Mu-Alphabets so wichtig. Im Museum von Abrakaddar befindet sich eine Tafel, auf der der Baum des Lebens und andere Texte eingraviert sind, die wahrscheinlich von Mu stammen.
Nach der Landung gehen Micky, Goofy und Professor Zapotek zuerst ins Hotel. Die verkleidete Stewardess verlässt ebenfalls das Flugzeug, um ins Museum einzudringen und die Tafel zu stehlen, aber in der Eile des Gefechts lässt der Dieb die Steintafel fallen und sie zerbricht in mehrere Scherben. Als sie Leute kommen hört, schnappt sich die mysteriöse Person eine einzelne Scherbe und kann entkommen. Micky, Goofy und Professor Zapotek betreten daraufhin den Raum und finden die zerbrochene Tafel vor. In diesem Moment kommt Professor Zapotek hinter die Identität des Diebes.
Teil 2[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei dem Täter handelt es sich um einen alten Bekannten von Professor Zapotek, nämlich den Privatgelehrten Dorian von Vulpius, der bei der Entdeckung der Kodizes in der Bibliothek anwesend war. Jahre später hatte von Vulpius dem Professor Geld angeboten, um die Skripte mit ihm zu entziffern, aber Professor Zapotek lehnte entschieden ab, weil er vom illegalen Handeln mit archäologischen Objekten und dem anschließenden Ausschluss aus der Akademie der Wissenschaften von Dorian von Vulpius erfahren hatte. Als von Vulpius ging, schwor er, Rache zu nehmen.
Nach der Klärung sammeln die drei die verbliebenen Scherbenstücke ein und Professor Zapotek versucht, den Text zu rekonstruieren, während Goofy sich wieder mit Hingabe seinen Bilderrätseln widmet und Micky die Tür des Arbeitszimmers bewacht, in dem der Professor arbeitet. Doch als er die Tür wieder öffnet, findet er den Wissenschaftler geknebelt vor und die zusammengeklebte Steintafel ist verschwunden: Von Vulpius ist durch den Lüftungsschacht geklettert und dürfte nun – so glaubt Professor Zapotek – schon auf dem richtigen Weg nach Mu sein.

Laut Professor Zapotek führt die Reise nach Mikronesien, denn die Tafel gab einen Hinweis darauf, dass der Baum des Lebens in einem Heiligtum auf den Gipfeln sehr hoher Bergzinnen aufbewahrt wurde, welche „Die Zähne des Ra-Mu“ genannt wurden. Aus der Rinde des Baumes wurde der Überlieferung nach ein Getränk hergestellt, dem nachgesagt wird, dass es ewige Jugend verlieh und nur den Mächtigen zuteilwurde. Obwohl ein Teil der Tafel fehlt, errät der Professor den Standort des Baumes: Die Insel Poca Papa, deren markante Gebirgskette von den Insulanern auch als „Die Zähne der Giganten“ bezeichnet wird.
Die drei Freunde machen sich auf den Weg nach Poca Papa, doch bei ihrer Ankunft müssen sie feststellen, dass Dorian von Vulpius ihnen zuvorgekommen ist und das einzige verfügbare Schiff gemietet hat. Sie müssen sich daher mit dem schäbigen Segelboot Mary Lou Vorlieb nehmen, dessen Besitzer ihnen jedoch dringend davon abrät, an diesem Tag auszufahren: Das Meer verheißt einen tosenden Sturm. Ohne auf die Warnung zu achten, setzen die Abenteurer die Segel und geraten mitten in den Sturm, um schließlich vor einer kleinen Insel Schiffbruch zu erleiden. Aber auch von Vulpius' Yacht läuft dort auf Grund und der Rumpf zerbricht. Der Schurke, der nun aufgegriffen und versorgt wird, erklärt, dass er seine Taten bereut. Aus diesem Grund schlägt er Professor Zapotek vor, dass sie die Suche von nun an gemeinsam fortsetzen. Micky bleibt skeptisch, sieht jedoch ein, dass sie durch die Zusammenarbeit mit von Vulpius zumindest alle Teile der Tafel vervollständigen können. Also bauen sie die Mary Lou wieder zusammen, machen die Schotten dicht und brechen erneut auf.
Einige Zeit später erreicht das Expeditionsteam die Insel, aus der sieben spitze Berggipfel ragen, die wie die Spitze eines versunkenen Landes aussehen. Goofy macht sich vergnügt daran, einen der schönen Schmetterlinge zu fangen, während Micky, Professor Zapotek und von Vulpius versuchen, das Fragment der Tafel zu entziffern, was ihnen allerdings nicht gelingt. Doch Goofys Leidenschaft für Rebusse kommt ihm zu Hilfe: Der erfahrene Bilderrätsel-Knacker Goofy löst die ikonographische Botschaft und verkündet, dass am nächsten Tag bei Sonnenaufgang der Schatten des untersten Gipfels den Standort des Heiligtums offenbaren wird. Am nächsten Morgen, als sich der Schatten formt, gehen die vier bis zu seinem Ende, ohne jedoch etwas zu finden. Als Goofy einem Schmetterling folgt, findet er zufällig den Eingang zum Heiligtum, den die Erosion von seiner ursprünglichen Position verschoben hat.

Vor ihnen eröffnet sich ein beeindruckendes Schauspiel: Zwischen riesigen goldenen Statuen, die eine überwältigende Halle säumen, befindet sich auf einem Sockel der Baum des Lebens. Jedoch erblickt Micky auch komplexe und beunruhigende Mechanismen, die zwischen den Statuen verborgen sind. An dieser Stelle enthüllt von Vulpius seine wahren Absichten: Er löst den Baum vom Sockel und erklärt in seinem Machtwahn, dass er sich dank des Talismans Herr der Welt aufschwingen will. Was Micky bereits befürchtet hat, trifft ein: Das Entfernen des Baums des Lebens vom Sockel löst einen Mechanismus aus, der die Höhle zum Einsturz bringt. Gerade noch rechtzeitig können sich Professor Zapotek und Goofy befreien und das Boot besteigen, doch von Micky, der von Vulpius aus der verschütteten Höhle holen wollte, fehlt jedes Lebenszeichen. Der arme Goofy ist kurz davor, sich voller Trauer der Verzweiflung hinzugeben, als Micky aus dem Meer auftaucht und zusammen mit dem geretteten von Vulpius an Bord klettert.
Alles scheint auf ein glückliches Ende zuzusteuern, doch nachdem Professor Zapotek den aus der Rinde hergestellten Kräutertee getrunken hat, verjüngt er sich nicht nur äußerlich, sondern auch sein sonst so gutmütiger Charakter wird in Mitleidenschaft gezogen. Plötzlich nimmt der leutselige Professor aggressive und intolerante Manieren an, in denen er geradezu dem Bösewicht von Vulpius gleicht. Daraufhin erkennt Micky, dass das Ende des Kontinents Mu mit den Nebenwirkungen des Lebensbaums zusammenhängt: Er verjüngt zwar die Menschen, macht sie aber auch hasserfüllter. Der Untergang von Mu hängt wahrscheinlich mit der kriegerischen Haltung zusammen, die der Kräutertee in der Bevölkerung hervorrief. Ein günstiger Schlag auf Professor Zapoteks Kopf setzt den Wissenschaftler folglich außer Gefecht. Als Professor Zapotek wieder zu sich kommt, hat die Wirkung des Tranks zum Glück nachgelassen und er ist wieder alt und frei von Bösartigkeit. Micky und Goofy haben die Gelegenheit genutzt, den kleinen Beutel mit dem magischen Trank ein für alle Mal im Meer zu verdenken, da dieser nichts als Unheil und Verderben bereithält.
Analyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Strukturelle Konzeption und grafische Gestaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf den ersten Blick könnte man zu der Überlegung gelangen, dass es sich bei Der geheimnisvolle Kontinent Mu um eine weitere der klassischen Abenteuergeschichten handelt, in dem er Held in ein Geschehen hineingezogen wird, die Handlung mit reichlich Action und trickreichen Wendungen aufgewertet wird und lose Bezug zu einem (pseudo-)wissenschaftlichen Thema genommen wird (eine Formel, auf die sich kaum jemand besser versteht als der Filmemacher Steven Spielberg). Obwohl diese Elemente enthalten sind, führt Massimo De Vita noch einige erzählerische Kniffe und Lösungen ein, die es ihm ermöglichen, das Abenteuer-Genre zu modernisieren. Beispielsweise beginnt das Abenteuer gleich mit vier actionreichen Angriffen auf Professor Zapotek und seine neuen Freunde Micky Maus und Goofy, ohne dass man als Leser den Attentäter oder dessen Motivation kennt. Dadurch, dass dieser im Hintergrund bleibt und nur in schemenhaften Umrissen erkennbar ist, wirkt er von Anfang an bedrohlich. Das Gefühl der ständigen Bedrohung wird von De Vita dabei regelrecht inszeniert: Immer wieder geraten die Protagonisten in lebensgefährliche Situationen, aus denen sie nur mit Glück und Mühe entkommen. Der Auftakt in Entenhausen, der eigentlich nur als Vorbereitung für das „wahre“ Abenteuer und die weite Reise über drei Kontinente hinweg und von einem eindrucksvollen Schauplatz zum nächsten dient, fühlt sich damit schon wie ein kleines Finale an.

Der Einsatz von Actionszenen in diesem Ausmaß zeigt deutlich, dass der Spannungsaufbau und die allgemeinere strukturelle Konzeption für De Vita beim Schreiben der Geschichte von zentraler Bedeutung waren. Ersteres war für ihn ein entscheidender Faktor, um den Unterhaltungswert herstellen zu können. Für den richtigen Einsatz orientierte sich De Vita am Film:
- „Eine gute Geschichte sollte außerdem aus einer intelligenten Mischung aus Spannung und Überraschung bestehen. Den Unterschied zwischen beiden Begriffen hat Alfred Hitchcock […] erklärt: „Die Szene: Ein Zimmer, ein Tisch und einige Stühle, auf denen Personen sitzen. Der Zuschauer weiß, dass unter dem Tisch eine Bombe tickt, die jeden Moment hochgehen kann, aber die Personen reden selenruhig weiter. Warum flüchten sie nicht? Fragt der Zuschauer. Das ist Spannung. Gleiche Szene, gleiche Situation, aber niemand weiß etwas. Plötzlich explodiert eine Bombe. Das ist Überraschung.“ Wer mit diesen beiden Elementen richtig umzugehen weiß, kann eine gute Geschichte schreiben.“– Massimo De Vita [2]
De Vita strebte nicht nur beim Spannungsaufbau nach Synthese in seinen Geschichten. Details, Hintergründe und Schauplätze interessierten ihn in der ersten Phase noch nicht. Zunächst war es für ihn entscheidend, Lösungen für technische Problem zu entwickeln; zum Beispiel, was in den sehr langen, handlungsfreien Szenen zu sehen sein sollte. Hier galt es, den Eindruck der Kontinuität zwischen den Panels zu gewährleisten, ohne dass sich die Figuren jemals bewegten und der Eindruck entstand, die Minuten würden gar nicht vergehen. Die einzige Lösung bestand darin, die Situation aus allen Blickwinkeln zu zeigen, wie bei Zapotek langen Erklärungen im Flugzeug. Hier brach Massimo De Vita bei jedem neuen Thema, auf das der Professor zu sprechen kam, die sogenannte die 180-Grad-Regel beim Planen einer Filmaufnahme.

Sie besagt, dass die Kamera(s) auf einer Seite einer Interaktion bleiben sollte. Diese Regel sorgt dafür, dass das Publikum in den Film eintaucht; ein Bruch dieser Regel kann oft dazu führen, dass der Zuschauer (bzw. der Leser eines Comics) desorientiert ist. Die 180-Grad-Regel dient dazu, die Konstanz der Bewegungsrichtungen aufrecht zu erhalten.[3] Sie beschreibt eine unsichtbare gerade Linie, die ein räumliches Bewusstsein für die Figuren auf dem Bildschirm schafft. Sie sagt den Zuschauern, wo sich die Figuren befinden, so dass unser Gehirn weiß, wer sich wo befindet, wenn sich der Kamerawinkel ändert. Wird die Achse überschritten, ist das Richtungssystem um 180 Grad zu rotieren – aus Links- werden Rechtsbewegungen und -orientierungen und umgekehrt. Für den Zuschauer ist diese Rotation schwer nachvollziehbar und führt zu Irritationen. Darum wurde sie zumindest in der Phase des klassischen Hollywood-Studiosystems strikt vermieden. Massimo De Vita dagegen wagte einen Bruch mit dieser Vorgabe und hob sich damit deutlich von dahergebrachten Kontinuitäten ab.
Bei der strukturellen Konzeption achtete De Vita darauf, die Geschichte nicht durch ausschweifende Monologe zu verlangsamen, sondern das Tempo hoch zu halten und eine gelungene Abwechslung zwischen Dialogen und Handlung zu schaffen. An diesem Punkt orientierte sich De Vita an anderen Geschichten seines Kollegen Romano Scarpa, der ebenfalls großen Wert auf eine ausgewogene Erzählstruktur legte. Um die Monologe von Professor Zapotek nicht langweilig werden zu lassen, hatte er den Textteil auf eine Art subtilen Erzählstrang reduziert. Einerseits war er inhaltlich notwendig, um den Hintergrund der Geschichte zu verstehen, andererseits aber auch funktionell ansprechend, um die miteinander agierenden Figuren hervorzuheben. Auf diese Weise musste der Leser doppelt aufpassen: Mit einem Auge auf die gesprochenen Worte und einem auf die Bilder, die oft genauso informativ waren wie die Worte – wenn nicht sogar noch informativer.
Auch in grafischer Hinsicht ist die Geschichte hervorstechend. De Vita stand kurz davor, einer der besten Disney-Comiczeichner der 1980er Jahre zu werden, und die Geschichte enthält bereits die meisten seiner Markenzeichen. Darunter die kleine, rhombische Vignette ohne Hintergrund, die zwischen zwei Panels anzeigt, dass die Zeit vergangen ist und der nächste Tag anbricht. Diese Technik war für die Seiten der Topolino-Hefte, die entsprechend des Layouts an einen starren „Käfig“ von fünf oder sechs Bildern gewöhnt waren, fast ein Novum. Möglicherweise hatte De Vita sich hierbei von Giovan Battista Carpi inspirieren lassen, dem ersten italienischen Zeichner, der diese Technik damals vorschlug (und der sie wiederum bei Albert Uderzo gesehen haben könnte).
Verhältnis zwischen Micky und Goofy[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Massimo De Vita beschreibt das Verhältnis zwischen Micky und Goofy beim Erzählen einer Geschichte in der Art, dass einer von beiden der Protagonist ist, der andere sein Begleiter.[4] Doch dabei sieht er die Sache in der Welt von Disneycomics durchaus komplexer, da es in dieser möglich ist, jede beliebige Handlung zu erzählen. Deshalb tauschen Micky und Goofy in De Vitas Geschichten manchmal die Rollen: Wenn der eine den Helden spielt, ist der andere sein Begleiter und umgekehrt. Dabei verweist De Vita auf Werke von Floyd Gottfredson, in denen Goofy der Protagonist ist und seinen Freund Micky sprachlos macht (zum Beispiel Goofy im Rampenlicht oder Dr. X).
- „Micky und Goofy sind ein perfektes Paar. Zeichnerisch ist es einfach, sie im Bild anzuordnen. Sie ergänzen sich perfekt: Der eine mit einem kleinen Kopf und runden Ohren, der andere schlacksig und mit Schlappohren. Helle und dunkle Farbflächen sind gleichmäßig verteilt.“– Massimo De Vita [4]
Allerdings zeigte Gottfredson Goofy nicht unbedingt als Helfer von Micky, der in manchen Situationen einen anderen Blick auf das Geschehen hat. Er wollte nicht den Eindruck erwecken, Goofy sei klüger als der messerscharf kombinierende Detektiv Micky Maus. Dieser schätzt Goofy als Begleiter, um den er sich eben etwas kümmern muss, weil Goofy oft wie ein großes Kind agiert – eine Rolle, die ihm in vielen italienischen Geschichten zuteil wird.

In der Anfangsphase von Goofy und Micky waren die beiden Charaktere sehr unterschiedlich und gerieten schnell in Streit. Sie hatten völlig unterschiedliche Vorstellungen und waren schnell vom jeweils anderen genervt, weil sie das unvorhersehbare Handeln des andere nicht abschätzen konnten (vergleiche: Eine verrückte Verbrechenswelle). Auch andere Autoren wie Romano Scarpa zeigten noch derartige Streitgespräche, zum Beispiel in Das Geheimnis der Karaffe (DD 142). Dennoch wurde die unerschütterliche Freundschaft zwischen Goofy und Micky nie in Frage gestellt.[5]
Einige italienische Disney-Autoren spielten die Komplexität zwischen den Freunden herunter. Für viele war Goofy nicht viel mehr als ein einfältiger Kauz, der manchmal etwas missmutig das tat, was von ihm verlangt wurde, aber nie einen Funken Initiative aufbrachte. Vielerorts war er ausschließlich für den Humor zuständig, kommentierte das Geschehen, stellte unnötige Zwischenfragen und wirkte gezwungen lustig, was zugegebenermaßen nicht mehr viel mit der Figur des sympathischen, schusseligen Goofys zu tun hatte, die dieser in den meisten Werken Gottfredson und meist auch bei Scarpa verkörpert hatte.
Obwohl er ein großer Liebhaber der amerikanischen Comic-Strips war, war auch Romano Scarpa mehr als einmal in die Falle der Reduktion von Goofys Persönlichkeit getappt. Allerdings erkannte er diese Unausgewogenheit schnell und in den 1970er Jahren war die Beziehung zwischen Micky Maus und Goofy in seinen Geschichten so ausgereift, dass ihr freundschaftliches Gezänk so viel Reibung aufwies, dass sie zuweilen das Rückgrat der ganzen Geschichte bildete (s. o. Das Geheimnis der Karaffe).[5]
Als Disney-Autor mit großem Engagement schuf Massimo De Vita nicht nur neue, überzeugende Figuren wie Professor Zapotek, sondern widmete sich auch den kanonischen Figuren wie Micky und Goofy zu, denen er einen neuartigen Glanz verlieh. Er setzte gewisse Anteile der Tradition fort, wollte sich jedoch der aufgesetzten Lust- und Teilnahmslosigkeit von Goofy entledigen. In Der geheimnisvolle Kontinent Mu lässt sich diese Entwicklung sehr gut nachvollziehen. Die Geschichte beginnt mit einem typischen, kleinen Zwist zwischen Micky und Goofy beim Abendprogramm. Während Micky den Krimi im Fernsehen nachvollziehen möchte, widmet sich Goofy seiner neuen großen Leidenschaft, dem Lösen von Bilderrätseln (Rebussen); einem Hobby, mit dem er sich auch ein bisschen gegenüber Micky profilieren will.

Bei einigen Gelegenheiten findet De Vita auch Platz für einen Seitenhieb oder eine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Freunden, etwa wenn Micky den Leser an Goofys sprichwörtlichen Leichtsinn erinnert („Hm! Goofy kann sich geirrt haben! Ich weiß, wie zerstreut er manchmal sein kann.“), oder wenn Goofy sich gezwungen sieht, allein und damit ohne die Hilfe seines Freundes einen platten Reifen zu wechseln („Statt zu quatschen, sollten die lieber aussteigen und mithelfen...“ [im Original nur an Micky gerichtet: „Wenn er, anstatt zu fachsimpeln, herunterkommen und mit anpacken würde...“]). Als die Abenteurer schließlich auf einer winzigen Insel im Pazifik stranden, kommentiert Micky mit einem spöttischen Unterton, dass Goofy doch unbedingt eine Reise nach Mikronesien gewinnen wollte.
Später wird deutlich, welche entscheidende Rolle Goofy bei der Aufklärung des Abenteuers innehat und damit gegenüber dem studierten Wissenschaftler Zapotek und dem auf das Lösen kniffliger Fälle spezialisierten Abenteurer Micky einen überlegenen Vorteil besitzt. Ohne ihn wäre es nämlich nicht möglich, den Zugang zum Eingang von Mu zu finden – und das sogar in doppelter Hinsicht. Zum einen verfolgt er einen Schmetterling und stolpert damit eher zufällig über den Höhleneingang, andererseits ist er es, der zuvor das Rätsel entschlüsselt und die Hinweise zu deuten gewusst hat.
Goofy ist kein lustiger deus ex machina mehr, der nur dazu dient, die Erzählung auf ein einfacheres Leseniveau zu senken, wie in vielen Comics von Guido Martina oder Gian Giacomo Dalmasso. De Vita zeigt mit seiner Feder und seinem Bleistift viele verschiedene Facetten bei Goofy: Von Schuldgefühlen bis zu vorübergehendem Zorn, von Naivität bis zu Scharfsinn, von Tatendrang bis zum verzweifelten Kummer über das vermeintliche Verschwinden seines Freundes. Der Mailänder Zeichner war auf dem besten Weg, aus Goofy den späteren Helden seiner Asgardland-Tetralogie zu machen, in der ausnahmsweise Micky Maus die Nebenrolle übernehmen sollte.[5]
Während De Vita Goofy somit eine äußerst wichtige Rolle zuweist, vernachlässigt er Micky dennoch nicht. Dieser erweist sich in der Geschichte als hilfsbereit, abenteuerlustig und couragiert, wie sich insbesondere am Ende zeigt, als er sein eigenes Leben riskiert, um den schurkischen Widersacher Dorian von Vulpius zu retten. Auf der anderen Seite erkennt Micky dank seines detektivischen Gespürs im Unterschied zu Goofy, dass die angeblichen unglücklichen Zufälle in Teil eins durch menschliches Zutun ausgelöst wurden, und sieht im Unterschied zu seinen Begleitern in Teil zwei den Mechanismus, der den Untergang der Höhle herbeiführt. Zudem ist Micky der Einzige, der nicht den Verlockungen des Baums des Lebens verfällt und diesen letztlich im Meer entsorgt, während Goofy seinen Freund noch zurückhalten will.
Professor Zapotek[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Trotz aller bedeutsamen Neuinterpretation des Verhältnisses zwischen Micky und Goofy sticht bei den handelnden Figuren vor allem der Debütant ins Auge: Mit Professor Zapotek entwickelte De Vita einen vielschichtigen Charakter, den man sich phasenweise erschließen muss und der sich kaum auf einige Merkmale begrenzen lässt. De Vita zeichnet Zapotek als einen Mann, der sein Leben in den Dienst der Wissenschaft gestellt hat. Selbst noch im fortgeschrittenen Alter setzt er sich in ihrem Namen den größten Strapazen und Gefahren aus. Obwohl sehr gebildet, wirkt er manchmal etwas unbeholfen, kann schnell in Aufregung geraten, lässt sich mitreißen oder sorgt für eine gewisse Komik. Der ständige Wechsel der Perspektive, wenn er sich in diesem Abenteuer zu Wort meldet, ist nützlich, um einen Blick auf seine Vergangenheit und seine wahren Absichten zu werfen. Zapotek erweckt nicht den Eindruck, als wäre er gerade einem Barks- oder Scarpa-Comic entsprungen, in dem neue Darsteller wie Gustav Gans oder Gitta Gans ganz selbstverständlich eingeführt werden, weil sie die anderen Figuren offenbar schon länger kennen. Auf den ersten Seiten zeigt De Vita die allererste Begegnung zwischen Professor Zapotek mit Micky Maus, der anfangs auch ein wenig unsicher ist, ob er dem „überarbeiteten“ Professor helfen möchte oder nicht.
„Ich wollte nicht den üblichen Professor erfinden“, erklärte Massimo De Vita in einem Interview. „Es gab schon so viele, wie etwa Professor Wunderlich. Professor Zapotek ist der König der Missverständnisse: Er ist in seinen Fragen nie eindeutig. Schon bei seinem ersten Auftritt finden wir ihn irgendwo zwischen ehrlich und unehrlich“. Im Finale ist er derjenige, der den Trank aus der Rinde des Baumes des Lebens zu sich nimmt, was ihn gemein und rücksichtslos werden lässt.
In seiner Physiognomie erinnert Professor Zapotek stark an eine Fotografie des britischen Colonel Churchward. Möglicherweise stieß De Vita bei seinen Recherchen auf ebenjene Fotografie und ließ sich davon inspirieren, wie er seinen bärtigen Professor zeichnerisch gestalten wollte.
Im Unterschied zu Zapotek bleibt dessen Widersacher Dorian von Vulpius im Comic recht farblos und wurde wohl auch deswegen nie wieder verwendet.
Parallelen zu Geschichten von Carl Barks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte Der geheimnisvolle Kontinent Mu reiht sich trotz anderer Besetzung in die Tradition der „adventure stories“ von Carl Barks ein. Die Parallelen zu Barks-Geschichten sind vielfältig und darüber hinaus sind einige Panels in De Vitas Geschichte den Barks'schen Vorlagen sehr ähnlich, sodass davon ausgegangen werden kann, dass De Vita diese bewusst abzeichnete, um dem Comic-Giganten Barks eine besondere Hommage zu erweisen. Allgemein fällt auf, wie geschickt De Vita Inspirationen und Handlungselemente aus mehreren Barks-Elementen miteinander verflicht und mit seinen eigenen Vorstellungen einer in sich schlüssigen, spannenden Abenteuergeschichte und dem teils historischen, teils mythischen Hintergrund in Einklang bringt.
Insbesondere Barks' bekannte Donald Duck-Story Der goldene Helm aus dem Jahr 1952 stellte für De Vita allem Anschein nach eine Quelle der Inspiration dar, was an einigen Parallelen deutlich wird.[6] Es lassen sich sogar bestimmte Punkte betrachten, die eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen „Der Geheimnisvolle Kontinent Mu“ von De Vita und der Geschichte von Barks aufweisen.
In beiden Geschichten jagen zwei Parteien einem mythisch aufgeladenen Gegenstand hinterher, der seinem Besitzer unermessliche Macht verspricht. Während die eine Partei das Wohl der Menschheit im Auge hat, ist die andere nur auf ihren eigenen Nutzen bedacht (Berengar Bläulich und Justizrat Wendig bei Barks, Dorian von Vulpius bei De Vita). Zudem führen beide Autoren vor, wie grenzenlose Macht unweigerlich einen unheilvollen Einfluss auf den Charakter ihres Besitzers ausübt und sogar tugendhafte Figuren wie Donald Duck und Professor Zapotek auf die falsche Bahn zu lenken vermag. Das „kalte Glitzern“ in den Augen Donalds, als er sich seiner Macht bewusst wird, entspricht dem „seltsamen Glanz“, den Micky im Blick von Zapotek wahrnimmt, nachdem dieser vom Baum des Lebens gekostet hat. Auffallend ist ferner, dass die Verlockungen des Helms, bzw. des Lebensbaums in beiden Geschichten so wie gut wie alle handelnden Figuren in Versuchung führen. bei Barks ist nicht einmal einer der Neffen davor gefeit, bei De Vita ist es Goofy, der am Ende den Baum gerne noch behalten hätte. Dennoch versinkt in beiden Geschichten das Objekt der Begierde letztendlich im Meer, wo es niemandem mehr schaden kann.

Massimo De Vita, der Der goldene Helm als seine Lieblingsgeschichte bezeichnete, fertigte zum 100. Geburtstag von Carl Barks im Jahr 2001 eine Fortsetzung davon zu Ehren des verstorbenen Vater der Ducks. In den Hauptrollen von Micky Maus und der König von Amerika (erschienen in Carl Barks – Der Vater der Ducks) treten wenig überraschend Micky Maus, Goofy und Professor Zapotek auf.
Der zweite Teil von Der geheimnisvolle Kontinent Mu gleicht einer Collage von Barks‘ legendärer Abenteuergeschichte Die sieben Städte von Cibola.[5] Die abenteuerlustigen Expeditionsteilnehmer verfolgen anhand historischer Aufzeichnungen die Spuren einer als Hochkultur beschriebenen, untergegangen Zivilisation fernab der bekannten Welt. Erst nachdem sie die Hinweise richtig gedeutet haben und auch ein bisschen Glück bei ihrer Suche hatten, entdecken sie die Überreste des verlorenen Volkes in einer riesigen Höhle. Sie ergötzen sich an der Pracht und den unermesslichen Reichtümern, die dort versteckt sind. Jedoch löst ein Bösewicht in seiner Gier einen Mechanismus aus, der eine Falle für Eindringlinge war und durch eine enorme Kollision dafür sorgt, dass das gesamte Höhlensystem in sich einstürzt. Damit sind die auch die letzten Anzeichen für die einst blühende Zivilisation für immer vernichtet.
Der Schurke Dorian von Vulpius ähnelt in gewisser Weise dem Betrüger Schmu Schubiack aus 13 Trillionen. Beide werden als gerissener Fuchs dargestellt, die sich kurz vor Schluss geläutert zeigen, nur um dann doch wieder ihre eigenen, finsteren Pläne zu verfolgen.
Die Darstellung der stürmischen See und des Schiffbruchs in Teil zwei erinnern auch grafisch stark an Reise in die Vergangenheit sowie an 13 Trillionen. Während der Schiffbruch der Mary Lou in fast identer Weise umgesetzt wird wie in 13 Trillionen, ist der Schiffbruch von Vulpius' Motorboot unmittelbar aus Reise in die Vergangenheit entnommen. Sowohl das sich umdrehende, auf dem Felsen zerschellende Schiff als auch das folgende Panel, auf dem Professor Zapotek hinter einem Felsen geschützt seinen Widersacher von Vulpius beobachtet, sind fast eins zu eins Übernahmen entsprechender Panels bei Barks, in denen Dagoberts Schiff leckschlägt und Donald seinen Onkel aus derselben Perspektive beobachtet – sogar die Gestaltung der Felsen stimmt überein.
Historische Hintergründe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Viele der in Der geheimnisvolle Kontinent Mu genannten Fakten entsprechen der Realität. Es liegt nahe, dass Autor Massimo De Vita sich intensiv mit dem Mythos von Mu beschäftigt haben muss und dabei einige Elemente um die Schrift der Mayas, dem Wirken von Bischof Diego di Landa und der Deutung des Baumes des Lebens zusammengeführt hat. Dabei brachte De Vita viele kreative Ansätze ein, um Fiktion und Realität geschickt miteinander zu einer unterhaltsamen Geschichte zu verbinden.
Ganz nebenbei wird im Comic auch die wichtige C14-Analyse (Radiokarbonmethode[7]) kurz benannt, das bei zahllosen Anwendungsfacetten für die zeitliche Datierung kohlenstoffhaltiger, insbesondere organischer Materialien, verwendet wird. Der Ort Abrakaddar, wo sich das Museum mit der Steintafel befindet, ist fiktiv, spielt jedoch offensichtlich an den bekannten Ausspruch „Abrakadabra“ an, dessen Ursprünge nicht ganz eindeutig geklärt sind.[8]
Der Mythos „Mu“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Mythos um den sagenumwobenen Kontinent Mu, der einst Heimat einer hoch entwickelten Zivilisation war und vor vielen Tausend Jahren im Meer versunken sein soll, durchzieht seit Langem die Popkultur und inspirierte zahlreiche Künstler. Jedoch ist die Faszination um Mu (auch „Lemurien“ genannt) noch gar nicht so alt, wie man annehmen kann.
Der Name „Mu“ wurde angeblich von dem französischen Schriftsteller, Hobby-Archäologe und Esoteriker Augustus Le Plongeon (1825 – 1908)[9] geprägt, der in den 1860er Jahren die Ruinen der Maya-Stadt Chichen Itza in Mexiko studierte.[10] Er behauptete, dass „Mu“ die ursprüngliche Bezeichnung für eine untergegangene Zivilisation sei, die später von den Maya übernommen wurde. Le Plongeon griff dabei eine Theorie des französischen Historikers, Ethnologen und Archäologen Charles Étienne Brasseur de Bourbourg (1814–1874)[11], der einige Jahrzehnte zuvor die alten Texte der Quiché und Maya nur mit Hilfe des unzureichenden Landa-Alphabets entzifferte und irrigerweise annahm, in ihnen den Begriff Mu entnehmen zu können. Er stelle eine Verbindung zu Atlantis her, das er nach Platon irgendwo im Atlantik verortete.
Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für die Existenz von Mu als tatsächlichem Kontinent. Die Theorie stützt sich hauptsächlich auf Spekulationen, pseudowissenschaftliche Interpretationen von archäologischen Funden und mythologische Überlieferungen. Einige glauben, dass bestimmte archäologische Stätten wie die Ruinen von Nan Madol auf der Insel Pohnpei in Mikronesien oder die Osterinsel[12] im Pazifischen Ozean etwas mit Mu zutun haben könnten, wie bereits der schottisch-neuseeländische Universitätsprofessor John Macmillan Brown (1845 – 1935) in einem Buch 1924 vermutete.[13]
Die Legende besagt, dass Mu ein hoch entwickeltes Reich oder eine Zivilisation war, die vor Tausenden von Jahren existierte. Es wird angenommen, dass Mu einst ein mächtiges Imperium war, das fortschrittliche Technologie, Wissenschaft und Spiritualität besaß. Einige Versionen der Geschichte behaupten sogar, dass Mu der Geburtsort der Menschheit war. Zumindest der erste Teil wurde von Massimo De Vita übernommen, der im Comic kleine Einblicke in die überlegene Zivilisation von Mu skizziert.
Die meisten Versionen der Geschichte von Mu behaupten, dass der Kontinent vor etwa 12.000 bis 14.000 Jahren durch eine Naturkatastrophe versank. Diese Katastrophe wird oft mit dem Untergang von Atlantis verglichen und soll durch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder eine globale Flut verursacht worden sein. Im Comic vermischt De Vita diese kausalen Ursachen für den angeblichen Untergang von Mu miteinander auf eindrucksvolle Weise und deutet diese Kausalitäten an, legt den Schwerpunkt jedoch auf den moralischen Verfall der Menschen, den er wiederum auf den geheimnisvollen Trank aus der Rinde des Lebensbaumes zurückführt.

Die wahrscheinlich bekannteste Person, die sich der vermeintlichen Erforschung von Lemurien verschrieben hat, war der englische Oberst der britischen Armee James Churchward (1851 – 1936). Er war ein weitgereister Weltenbummler, der Le Plongeon kannte und die Idee eines pazifischen Mu einer breiteren Öffentlichkeit präsentierte.[13]
Churchward, der in Indien stationiert war, verbrachte 50 Jahre seines Lebens mit der Ergründung des mythischen Mu und schrieb eine Reihe von Büchern, in denen er die verschiedenen Aspekte des Kontinents untersuchte. Dazu zählte auch der Einfluss Lemuriens auf die Weltzivilisation in der Neuzeit. In Indien leitete er einige Jahre lang eine Teeplantage und freundete sich während seines Aufenthaltes mit einem Rishi (Seher, Weiser) in einem Tempelkloster an. Der Tempelvorsteher erläuterte, dass in dem Tempel seit Urzeiten alte Steintafeln in kunstvoll verzierten Truhen aufbewahrt werden würden, die von den Ahnen überliefert worden sind und die nur wenige Eingeweihte zu lesen vermögen. Der Priester selbst habe die Tafeln noch nie gesehen, weil er die Truhen niemals öffnete. Nach Monaten der ständigen Überredung gelang es Churchward, den Rishi davon zu überzeugen, die Steintafeln wenigstens einmal abzustauben. Da sie sich dem Bann der eng beschriebenen Tafeln nicht entziehen konnten, machten sie sich daran, die Schrift zu entziffern.
Die Aufarbeitung der Tafeln, die in der Sprache Naga geschrieben waren, beanspruchte viel Zeit. Der Brite gab ihnen den Namen Naacal-Tontafeln, da er mit diesem Wort ein gleichnamiges, uraltes Volk beschrieb, das bis zu ihrem Niedergang vor etwas 12.000 bis 14.000 Jahren auf Mu, dem „Mutterland“ gelebt habe.[14] „Naacal” bedeute laut Churchward „Heilige Mutter”, was auf das Mutterland Mu zurückzuführen sei, und schließlich sei die Fruchtbarkeit einer Mutter in vielen Weltanschauungen ein zentraler Ausgangspunkt. Auch der Sonnenkult in Hochkulturen wie dem alten Ägypten sei auf das Urvolk der Mu zurückzuführen.[15]
Den alten Texten zufolge gab es 10.000 Tafeln, von denen die Hälfte aus Mu in die uigurische Bibliothek gebracht wurde. Ab 1927 besaß das tibetische Khanassa-Tempelkloster 8.000 oder 9.000 davon, der Rest verteilte sich auf sechs andere Tempel, darunter das Katsupari-Kloster und der Tempel des Großen Tau-Kreuzes in der Region Tibet. Nach Churchwards Tod wurde berichtet, dass einige Naacal-„Schriften” 1957 in Kurdistan gesehen worden seien. Wie erst später bekannt wurde, ließ Mustafa Kemal Atatürk, der Begründer der heutigen Türkei, in den späten 1930er-Jahren intensiv nach Mu forschen, um die vermeintlichen Parallelen der Ursprungskultur der Turkvölker mit den zahllosen indianischen Kulturen wie den Azteken und Mayas feststellen zu lassen.[13]
Im Comic-Abenteuer finden Professor Zapotek, Micky und Goofy Hinweise darauf, dass Mu im Meer versunken ist und bestimmte Bergspitzen, die aus dem Wasser auf einer kleinen Insel herausragen, die letzten sichtbaren Überbleibsel des Kontinents sind. Massimo De Vita greift hierbei ebenfalls auf eine Theorie von Jams Churchward zurück, der die Auffassung vertrat, dass Hawaii sowie alle heutigen Pazifik-Inseln vormalige Berggipfel und Überreste dieses versunkenen Kontinents seien, der vor etwa 50.000 bis 25.000 Jahren im Verlauf wiederholter kataklystischer, u.a. durch den Einsturz gewaltiger unterirdischer Höhlen verursachter Erdbeben zerbrochen und versunken sei. Das große Finale des Abenteuers zeigt eine solch gewaltige Höhle, die durch einen ausgeklügelten Mechanismus zum Einsturz gebracht wird, um das mächtige Artefakt von Mu für immer zu schützen. Nur knapp können Professor Zapotek, Goofy und Micky zusammen mit dem Schurken von Vulpius dem zweiten Untergang von Mu entkommen.
Die Schrift der Maya und Bischof Diego de Landa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Schrift der Maya gilt als die am weitesten entwickelte Schrift der mesoamerikanischen Völker. Bis Ende des 20. Jahrhunderts dachte man, dass die Maya-Schrift von den Olmeken abstamme, jedoch haben kürzliche Entdeckungen gezeigt, dass die Schrift mehrere Jahrhunderte älter sein muss.[16] Nur vier mit Sicherheit authentische Handschriften, sogenannte Kodizes, haben die Vernichtung fast aller brennbaren Schriftträger der Maya-Kultur durch Diego de Landa, den katholischen Bischof von Yucatán, während der Conquista im 16. Jahrhundert überstanden. Dieses Ereignis wird im Comic in einer Rückblende anschaulich dargestellt.

Als Diego de Landa im Jahr 1549 nach Yucatán kam, war dessen Eroberung und die Gründung des Vizekönigreiches Neuspanien bereits seit sieben Jahre abgeschlossen. Landa wurde noch im Jahr seiner Ankunft zum Stellvertreter des Guardians (Obersten des Franziskanerordens) der Stadt San Antonio de Yzamal ernannt. Im Jahr 1552 übernahm er als frisch ernannter Guardian deren Leitung. Dort ließ er auf einem alten Maya-Tempel das San-Francisco-Kloster bauen, das eines der ersten Klöster auf der Halbinsel Yucatán war.[17]
Danach unternahm er mehrere Reisen durch Yucatán, die ihn in Konflikt mit den spanischen Kolonialherren brachten. Die Verkündung des Evangeliums stieß bei diesen auf Widerstand, da sie es selbst mit den christlichen Lehren nicht so genau nahmen. Im Jahr 1561 wurde Diego de Landa zum Provinzial des Franziskanerordens für die Ordensprovinz San José ernannt, die Yucatán und Guatemala umfasste. Als höchste religiöse Autorität in der Region übte de Landa das Amt des Inquisitors aus und holte sich die Unterstützung der weltlichen Macht ein, um die Indigenen wegen angeblicher Gotteslästerung zu verfolgen. Bekanntheit erlangte Diego de Landa, als er mit harter Hand gegen die Maya vorgehen ließ, die sich nicht zum christlichen Glauben bekehren und stattdessen an ihren religiösen Ritualen festhalten wollten. Der Inquisitor de Landa hielt am 12. Juli 1562 einen Prozess ab, nachdem er aufgrund seines religiösen Eifers vor dem Franziskanerkloster San Miguel Arcángel in Maní alles in Maya Geschriebene sowie die religiösen Bilder und Symbole der Mayas verbrennen ließ.[17]
Nach dem Urteilsspruch und der Bücherverbrennung stellten die spanischen Kolonialherren die Rechtsgrundlage der von Diego de Landa ausgeübten inquisitorischen Vollmachten in Frage. Um sich zu verteidigen und zu rechtfertigen, reiste Diego de Landa zunächst nach Mexiko und kehrte anschließend im Jahre 1563 nach Spanien zurück, wo ihm der Prozess gemacht wurde. Das Verfahren gegen de Landa sollte sechs Jahre dauern. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass er in Übereinstimmung mit einer 1522 erlassenen Bulle von Papst Hadrian VI. handelte, in der der Papst den in Amerika tätigen Bettelorden bischöfliche Vollmachten verlieh, wenn es in der betreffenden Provinz keinen residierenden Bischof gab. Mit dieser Bestätigung der Autorität und der Vorrechte des Ordens wurden die von Diego de Landa ergriffenen Maßnahmen als gerechtfertigt betrachtet. Im Jahr 1569 wurde de Landa von jeder Anklage freigesprochen. Er konnte nach Amerika zurückkehren und wurde am 17. Oktober 1572 zum Bischof von Yucatán ernannt, einem hohen Amt, das er bis zu seinem Tod im Jahre 1579 ausübte.
Im Jahre 1566, also noch während des Prozesses gegen ihn, begann de Landa seine Denkschrift „Relación de las cosas de Yucatán“ (deutsch „Bericht über die Sachen von Yucatán“) zu verfassen.[18] Diego de Landa hatte in missionarischem Eifer alle in der Maya-Schrift verfassten Schriftstücke verbrennen lassen. In diesem Dokument versuchte de Landa unter anderem auch das Maya-Alphabet mit Hilfe von einheimischen adligen Informanten wie Gaspar Antonio Chi oder Nachi Cocom zu rekonstruieren, was ihm nicht gelang, da ihm jedes Verständnis für das Schriftsystem der Maya fehlte. Das Originalmanuskript gilt als verschollen, die Existenz des Originals ist jedoch in Yucatán im Jahre 1581 dokumentiert. Eine bearbeitete Abschrift der Relación wurde erst 1863 durch einen Verwaltungsbeamten in der Madrider Biblioteca de la Academia de Historia im Inneren eines anderen eingebundenen Manuskripts entdeckt. Das nur gekürzt erhaltene Manuskript der Relación wurde 1864 erstmals veröffentlicht und wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts als umfangreichste Quelle zur Kultur und Geschichte der Maya angesehen.[19] Das von ihm tradierte, sogenannte Landa-Alphabet führte in der Folge auch viele Forscher in die Irre, spielte aber letztendlich bei der Entzifferung der Maya-Schrift in den 1950er-Jahren durch Juri Knorosow eine entscheidende Rolle.
Der Baum des Lebens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Baum des Lebens (oder auch Lebens- oder Weltenbaum) kommt in vielen Kulturen mit unterschiedlichen Werten und Auslegungen vor. Die Darstellung des Lebensbaums als Symbol der kosmischen Ordnung hat sich im Lauf der Zeit wesentlich geändert und wurde häufig als kunstvolles Ornament verwendet. Wurde ursprünglich noch der ganze Baum dargestellt, waren es manchmal nur die Äste oder die Krone.
Der Lebensbaum ist immer wieder Teil mythologisch-religiöser Umdeutungen von Baumkulten (heilige Bäume) und der Fruchtbarkeitssymbolik, wird jedoch auch mit einem Schöpfungsmythos und zusammengebracht.[20]
In der westlichen Welt ist die Vorstellung des Baums des Lebens vor allem durch die Bibel geprägt. Im Schöpfungsbericht im ersten Buch Mose ist der Baum des Lebens ein Baum in der Mitte des Paradieses, der ewiges Leben schenkt, wenn man von seinen Früchten isst. Nachdem Adam und Eva Früchte vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, werden aus dem Paradies vertrieben, damit sie nicht auch noch vom Baum des Lebens essen können. Im Christentum steht der Baum als Weltachse (axis mundi) im Zentrum der Welt. Seine Wurzeln reichen tief in die Erde und seine Wipfel berühren oder tragen den Himmel. Somit verbindet er die drei Ebenen Himmel, Erde und Unterwelt.[20]
In verschiedenen Kulturen wurden unterschiedliche Baumarten mit dem Weltenbaum verbunden. Die Maya verehrten den Wacah Chan (Weltenbaum) und den Yax Cheel Cab (Erster Baum der Welt). Das als „heiliger Baum“ bezeichnete Motiv auf assyrischen Reliefs besteht aus einem vertikalen Pfosten mit Knoten an mehreren Stellen, von denen horizontale Verzweigungen abgehen. Das Motiv wurde als Lebensbaum, Dattelpalme oder als Kultobjekt gedeutet. Im Comic weiß Professor Zapotek um ein Flachrelief der Phönizier, das den Lebensbaum zeigt. Die Phönizier könnten das Symbol von den Assyrern übernommen haben, die auch der Zeder göttliche Kräfte nachsagten, oder das Symbol bei einen ihrer vielen Seefahrten kennengelernt haben – vielleicht ja sogar beim Handel mit dem Volk von Mu.
In der Comic-Geschichte verweist der gewundene Stamm des Baumes auf einen Weinstock und damit auf das gedeihende Leben; der obere Teil könnte an die Vertiefung einer Muschel oder die Krone einer Palme erinnern. Beide Elemente werden neben ihren verschiedenen – und manchmal widersprüchlichen – symbolischen Bedeutungen auch mit der Geburt und Wiedergeburt in Einklang gebracht. Dass aus der Rinde des Baumes ein Extrakt gewonnen werden kann, das eine Verjüngung oder gar ewiges Leben verspricht, entspringt De Vitas Fantasie.
Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seiner über sechzigjährigen Karriere arbeitete Massimo De Vita mit den wichtigsten Micky-Maus-Autoren zusammen und zeichnete fast fünfhundert Geschichten. Etwa fünfzig davon hat er selbst geschrieben. Einen Ehrenplatz in seiner Produktion als Einzelautor nimmt Der geheimnisvolle Kontinent Mu ein – eine Abenteuergeschichte, die im Jahr 1979 veröffentlicht wurde und einen großen Schritt in Richtung künstlerische Reife bedeutete.[6] Wie De Vita selbst anmerkte:
- „Für mich war meine Arbeit für das Topolino zuerst zweitrangig. Wenn man sich heute anschaut, was ich damals gezeichnet habe, sieht man das auch. Ende der Siebzigerjahre habe ich dann angefangen, mich wirklich anzustrengen. Ich schrieb erste Geschichten und begann zu verstehen, dass es sich um eine sehr professionelle Arbeit handelte, wenn man sie mit echter Leidenschaft tat.“– Massimo De Vita [2]
Zeichnerisch befand sich De Vita Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre wahrscheinlich auf der Höhe seines Könnens. Neben den gewohnt makellosen Figurenzeichnungen, betonen die stimmungsvollen Hintergründe die filmische Qualität der Story. Des Weiteren sorgt der gezielte Wechsel der Panelgrößen für ein hohes Maß an erzählerischer Dynamik.
Die Geschichte reiht sich in eine Kette früherer, aber auch späterer Geschichten ein, die mit Rekurs auf historische Ereignisse oder mythologische Traditionen alte, untergegangene Kulturen untersuchen, aber zum teil auch die großen Fragen des Lebens und der Menschheitsgeschichte – in diesem Fall das Streben nach Unsterblichkeit – mitverhandeln. Der geheimnisvolle Kontinent Mu wirft damit insbesonders einen Blick auf den Jahrzehnte später verfassten Atlantis-Zyklus von Casty.
Zudem markiert die Geschichte mit der Einführung einer neuen Figur in Person des Anthropologieprofessors Zapotek einen Meilenstein in der Weiterentwicklung des Maus-Universums in der italienischen Comicschmiede. Die Einführung Zapoteks geschah zwei Jahre früher, als Steven Spielberg und George Lucas mit Indiana Jones eine in ihrer Grundidee ganz ähnliche Figur schufen – einen abenteuerlustigen Archäologie-Professor – und ihn ebenso wie De Vita im Comic Zapotek auf die Jagd nach einem mysteriösen Artefakt schickten. Die Geschichte bietet auch darüber hinaus einige auffallende Parallelen zu Indiana Jones, die sich aus der gleichen Vorlage (Die sieben Städte von Cibola von Carl Barks) ergeben. De Vitas Anthropologieprofessor ist im Unterschied zu Indiana Jones allerdings schon gesetzteren Alters, wodurch ein Gutteil der Actionszenen auf den wesentlich jüngeren und als Vollblut-Abenteurer glaubhafteren Micky übertragen wird.
In seinem ersten Auftritt wird Zapotek noch etwas anders dargestellt als später, sieht etwas schlanker aus und begleitet Micky Maus und Goofy noch auf ein Abenteuer. Diese erste Charakterisierung irgendwo zwischen Gut und Böse, vor allem auch die bereits erwähnte, den Professor umgebende geheimnisvolle Aura findet sich auch noch in manchen folgenden Geschichten, in denen De Vita den Professor einsetzte. Auch in diesen konnten dessen Gedanken und Aktionen auf den ersten Blick einen eher düsteren Unterton anschlagen (vergleiche: Auf den Spuren der Bigfoots, LTB 226) oder der Professor sich letztlich sogar als – wiederum unter dem Einfluss charakterverändernder Substanzen oder Mechanismen – der wahre Gegenspieler Mickys und Goofys erweisen (vergleiche: Das Geheimnis von Psathoúra, LTB 136).
Nach diesen ersten Geschichten wurde die Figur allerdings recht schnell „normalisiert“, eine Tendenz, die umso mehr an Fahrt gewann, als Giorgio Pezzin und Bruno Concina Professor Zapotek ab 1985 zu einer der wiederkehrenden Figuren des Zeitmaschinenzyklus machten und ihn damit endgültig zu einer der wesentlichen Charakteren des Maus-Kosmos machten, der alle anderen Wissenschaftler-Figuren überstrahlte. Die beiden Autoren entwarfen eine Reihe von Geschichten, in denen Micky und Goofy vom Professor, der inzwischen Direktor des Völkerkundemuseums geworden war, in die Vergangenheit geschickt werden. Größtenteils tauchte er nur noch im Rahmen dieser Geschichten als Impulsgeber für die Reise auf und um den Zeitreisenden ihre jeweiligen Missionen zu illustrieren. Streitigkeiten mit Marlin, seinem neuen Mitarbeiter, machten ihn bald zur Witzfigur. Für viele Autoren wurde Professor Zapotek zu einer der wirklich schwierigen Disney-Figuren, vielleicht sogar noch schwieriger als die klassischen Figuren. Ein gelungenes Beispiel für den Spagat zwischen dem ernstzunehmenden Gelehrten Professor Zapotek und dem gewitzten Wissenschaftler stellt Der Schatz des Mauso Polo (LTB 387) aus der Feder von Alessandro Sisti im Jahr 2008 dar.
Eine gänzlich andere Interpretation des ersten Aufeinandertreffens des Geschichtsprofessors und dem Detektiv zeigten Giorgio Fontana und Ottavio Panaro im Jahr 2021 in der auf Deutsch noch unveröffentlichten Geschichte Topolino e il segreto del museo. Im direkten Vergleich haben diese Begegnungen keinerlei Gemeinsamkeiten, es gibt keine identifizierenden Elemente. Der junge Micky vermutet sogar, Professor Zapotek habe sich des Diebstahls eines Museumsstückes schuldig gemacht.
Dorian von Vulpius hingegen erinnert als hartgesottener Konkurrent, der vor langer Zeit mit dem Helden zusammengearbeitet, sich aber mit diesem überworfen hat und mittlerweile auf eigene Rechnung arbeitet, in dem er Antiquitäten fragwürdiger Herkunft veräußert, stark an Indiana Goofs ständigen Rivalen Dr. Krantz; obwohl dieser erst einige Jahre später erfunden wurde.
Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die 63-seitige Geschichte, die sich in besonderem Maße durch erzählerische Dichte und Facettenreichtum auszeichnet, wurde insgesamt positiv aufgenommen und wird auch in der Nachbetrachtung immer wieder entsprechend gewürdigt. Viele Leser erinnern sich gerne an Der geheimnisvolle Kontinent Mu, die sie für eine ebenso spannende wie anspruchsvollen Abenteuergeschichte mit (zumindest partiell) realem Hintergrund halten. Die Einhaltung der historischen Fakten und die wissenschaftlichen Genauigkeit, mit der diese behandelt werden, wurde gelobt, aber ebenso hervorheben, dass durch die gleichzeitige Kopplung mit mythischer Fiktion sowohl die Phantasie als auch das Interesse des Lesers an Geschichte und Rätseln der Menschheit angeregt wird. Positiv hervorgehoben wurde ferner die Verwendung von Begriffen wie „vorherrschende Klasse (org. „Kaste“)“, „Bruderkriege“, „Kohlenstoff-14“, „Atomexplosion“ oder „Unsterblichkeit“, die der Geschichte einen erwachsenen Ton geben, aber auch für ein jüngeres Publikum verständlich sind, ohne die Geschichte in eine schulische Unterweisung in Physik, Soziologie, Archäologie oder Geologie zu verwandeln.[5]
Kritisiert wurde teilweise der farblos gebliebene Widersacher von Vulpius, der Professor Zapotek ausschalten möchte, obwohl er selbst gar nicht ohne Weiteres in der Lage ist, die alten Maya-Texte und die Steintafeln um das Geheimnis von Mu zu entschlüsseln.[21] Zudem erscheint es widersinnig, dass von Vulpius die Steintafel aus dem Museum von Abrakaddar noch vor ihrer Entschlüsselung zu stehlen versucht, obwohl er weiß, dass einzig Professor Zapotek in der Lage ist, das Alphabet von Mu zu entziffern.
Für einige Leser erschien auch die Entschlüsselung des Bilderrätsels durch Goofy nicht ganz logisch, da dieser das Rätsel anhand der Sprache der Mu zu Lösen imstande ist. Dabei zieht Goofy nur die richtigen Schlüsse aus der Bedeutung der bildlich dargestellten Symbole.
Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
„Der geheimnisvolle Kontinent Mu“ wurde in Italien in Topolino 1238 und 1239 (1979) erstveröffentlicht und erschien auf Deutsch in:
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Artikel auf der FIESELSCHWEIF-Fanpage
- Video-Rezension auf YouTube
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Artikel zur Geschichte in der italienischen Wikipedia
- ↑ 2,0 2,1 Die besten Geschichten von Massimo De Vita. Egmont Comic Collection, 2013, S. 8.
- ↑ https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/0:180gradregel-1341
- ↑ 4,0 4,1 Die besten Geschichten von Massimo De Vita. Egmont Comic Collection, 2013, S. 12–13.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 https://fumettologica.it/2021/07/topolino-enigma-mu-de-vita-zapotec/
- ↑ 6,0 6,1 https://mouse.fieselschweif.de/comic-des-monats/kontinent-mu/
- ↑ Artikel in der Wikipedia zur Radiokarbonmethode
- ↑ Artikel zu Abrakadabra in der Wikipedia
- ↑ Artikel zu Le Plongeon in der Wikipedia
- ↑ Artikel zum Kontinent Mu in der Wikipedia
- ↑ Artikel zu Brasseur de Bourbourg in der Wikipedia
- ↑ https://www.mebweb.de/osterinsel/mu/mu.htm
- ↑ 13,0 13,1 13,2 Wikipedia-Artikel zum Kontinent Mu, Abschnitt Ideengeschichte
- ↑ Artikel zu Naacal in der Wikipedia
- ↑ https://hannelorevonier.com/lemurien-mu-goldenes-zeitalter/
- ↑ Artikel zur Maya-Schrift in der Wikipedia
- ↑ 17,0 17,1 Wikipedia-Artikel zu Diego de Landa, Abschnitt Leben
- ↑ Artikel zur Relación in der Wikipedia
- ↑ Wikipedia-Artikel zu Diego de Landa, Abschnitt Werk
- ↑ 20,0 20,1 Artikel in der Wikipedia zum Baum des Lebens
- ↑ https://www.papersera.net/forum/index.php/topic,5229.15.html
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