Horst Koblischek


Horst Koblischek (* 8. Juli 1926 in Liberec, damals Tschechoslowakei; † 11. November 2002) war von 1961 bis 1990 Geschäftsführer der deutschen Niederlassung des Disney-Konzerns.
Horst Koblischek wurde am 8. Juli 1926 in Liberec als Sohn eines Schuhhändlers und einer Hausfrau geboren. Die zu etwa 90 Prozent deutschsprachige Region gehörte zuvor zum Österreichisch-Ungarischen Reich, und wurde nach den Verträgen des Ersten Weltkrieges zur Tschechoslowakei zugeordnet. Doch das sollte sich ändern, nachdem Adolf Hitler 1933 zum Reichskanzler gewählt wurde. Hitler beanspruchte die Region für sich, und nach fünf Jahren voller Verhandlungen und diplomatischem Druck wurden Liberec und die gesamte Sudetenregion mit der Unterzeichnung des Münchner Abkommens am 29. September 1938 Teil des nationalsozialistischen Deutschlands. Liberec wurde zu Reichenberg umbenannt und Horst Koblischek in das Deutsche Jungvolk aufgenommen, dem Zweig der Hitler-Jugend für Jugendliche von zehn bis 14 Jahren.[1] 1943 trat er während des Zweiten Weltkriegs in die Offiziersschule der deutschen Armee ein, schloss diese nach Kriegsende ab und wurde als Kriegsgefangener ins Lager Heilbronn gebracht. Nach seiner Entlassung aus dem Lager fand Koblischek 1950 eine Stelle bei einer kleinen Berliner Werbeagentur.[2]
Acht Jahre später, 1958, zog Koblischek nach Frankfurt, wo er Vertriebsleiter der dort frisch gegründeten deutschen Niederlassung des Disney-Konzerns wurde, dem „Walt Disney Filmverleih“. Die Arbeit wurde von O. B. Johnston aus den USA beaufsichtigt und ermöglichte Koblischek, 1959 Roy O. Disney und 1960 Walt Disney kennenzulernen.[1] 1961 wurde er zum Geschäftsführer der Niederlassung befördert,[2] sowie als Leiter der „Mickey Mouse GmbH“, welche sich um Merchandise und Lizenzrechte in Europa kümmerte.[1] 1963 übernahm Hans Muth die Arbeit als Geschäftsführer der deutschen Niederlassung, zusammen brachten Muth und Koblischek in den darauf folgenden Jahren Cartoons und Filme des Disney-Konzerns in deutsche Kinos, teilweise in Kooperation mit MGM.[1]
1964 verlegte Koblischek als Geschäftsführer des deutschen Walt Disney Filmverleihs die Cartoon-Kompilation „Lustige Micky-Maus-Revue“,[3] 1965 gründete er das deutsche Plattenlabel Disneyland Records und 1967 führte er das Lustige Taschenbuch ein. 1973 gründete er das Heimkino-Geschäft mit Super-8-Filmen der Disney-Studios bei Globus-Film und Piccolo-Film, 1975 handelte er Disneys ersten Fernsehvertrag in Deutschland aus, der die wöchentliche Ausstrahlung eines Micky-Maus-Cartoons vorsah.[2]
Als deutsche Niederlassung des Disney-Konzerns war die Frankfurter Firma auch Lizenzgeber für rund 130 deutschen und österreichischen Firmen. Wurde eine Figur des Konzerns auf dem eigenen Produkt angebracht, kostete das sechs Prozent des Umsatzes, lagen dem Produkt Abziehbildchen der Figuren bei, kostete dies nur 2,5 Prozent. Zu zahlen ist dieser für ein Jahr im Voraus als ein von der Niederlassung geschätzter Mindestumsatz.[4] Geschäftsführer Koblischek repräsentierte damit den Disney-Konzern in Deutschland und Osteuropa.[1]
Inspiriert vom italienischen Programm „Trophy Topolino“ entwickelte Koblischek ab 1981 das Juniorentennisturnier „Sport Goofy Trophy“ für Kinder unter 14 Jahren. Das Turnier verbreitete sich in Europa und dem Rest der Welt, brachte den Namen Disney in die ehemalige Sowjetunion und bot offene Meisterschaften, die 1982 in Monte Carlo und 1990 in Moskau stattfanden. Tennis-Stars wie Steffi Graf, Monica Seles und Michael Chang hatten ihr Debüt bei Sport-Goofy-Turnieren.[2][5] Sport-Goofy selbst wurde zu der Zeit zur Werbefigur vom Sportartikel-Hersteller adidas, zum Maskottchen der Deutschen Sporthilfe[4] sowie der Olympischen Spiele 1980 in Frankreich.[6]
Bei den Feierlichkeiten zu Micky Maus′ 60. Jubiläum 1988 half Koblischek bei der Organisation des ersten Disney-Filmfestivals in der Sowjetunion. Bei der Tournee durch Moskau, St. Petersburg und Estland wurden die Filme „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, „Bambi“ und „Fantasia“ gezeigt, Roy E. Disney und ein Kostümdarsteller als Micky Maus dienten als Gaststars. Das Festival ermöglichte der Sowjetunion das erste Mal seit Kriegsbeginn eine Möglichkeit, die Filme zu sehen,[2] bald darauf wurden in Osteuropa auch Disney-Comics vertrieben.[1]
Koblischek ging 1990 nach 35 Jahren beim Disney-Konzern in den Ruhestand, diente aber bis 1993 als Berater, als welcher er einen Vertrag zur Veröffentlichung des ersten Micky-Maus-Magazins „米老鼠“ in China aushandelte.[7][2] 1997 wurde Koblischek als Disney Legend ausgezeichnet, zusammen mit anderen Persönlichkeiten aus dem Bereich Figuren-Merchandising (Consumer Products) in Europa, darunter Antonio Bertini, Armand Bigle und Gunnar Mansson sowie André Vanneste und Paul Winkler, die beide zur Auszeichnung bereits verstorben waren.[2]
Horst Koblischek verstarb am 11. November 2002 im Alter von 76 Jahren an Krebs.[2] Er hinterließ seine Gattin Ingrid, seine Tochter und seinen Sohn sowie eine Enkeltochter.[8]
Weblink
- Horst Koblischek auf D23
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Karl Derisson (15. 06.2022). „Horst Koblischek“. chroniquedisney.fr
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 „Horst Koblischek“. d23.com
- ↑ Rolf Giesen, Volker Petzold. „Chronologie zum Animationsfilm in Deutschland 1960–69“. diaf.de
- ↑ 4,0 4,1 (20.05.1984). „Nicht wegzudenken“. spiegel.de, abgedruckt in „Der Spiegel“ 21/1984
- ↑ Samantha Davis-Friedman (12.08.2024). „Meet The Disney Legends – And What Makes Them Legendary!“ micechat.com
- ↑ Ryan P. Wilson (11.01.2009). „Goofy About Sports“. mainstgazette.com
- ↑ „米老鼠“. inducks.org
- ↑ Variety Staff (04.12.2002). „Horst Koblischek“. variety.com