LTB 36: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen

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{{gut}} Über ein Fahndungsplakat, das 10.000 Taler dem verspricht, der mithilft einen mysteriösen Verbrecher zu fassen („Bekannt als: Mann ohne Gesicht oder die ungreifbare Hand“), kommt [[Donald]] zunächst dessen Opfern auf die Spur: einer Baronin, der eine Perlenkette und falsche Zähne, sowie einem Mr. Smith und einem Chinesen namens Ciao Tse Lin, denen jeweils ein größerer Geldbetrag geraubt wurde. Seltsamerweise taucht das Diebesgut wieder auf, aber zum Beispiel die Taler mit immer derselben Seriennummer. Donald schafft es, bei seiner letzten Station vor der Rückgabe der Wertsachen am Platz zu sein und springt geistesgegenwärtig auf das Dach eines davonfahrenden Autos. Er gelangt so als Gefangener in ein Haus, in dem ein Mister Moster seine Experimente betreibt. Er hat nicht nur die Hand Bobo konstruiert, die für ihn die Verbrechen vollbrachte, sondern auch drei Duplikatoren: Einen für Geldscheine, einen für Gegenstände und einen für lebende Personen. Donald ist nun natürlich Versuchskarnickel, und die [[Tick, Trick und Track|Kinder]] staunen und stöhnen nicht schlecht, als nun gleich zwei despotische, schlechtgelaunte Onkels nach Hause zurückkehren, die genau identisch zu sein scheinen. [[Daniel Düsentrieb]] schafft es trotzdem, mittels eines Lügendetektors und eines Wunderwässerchens, das Fälschungen verschwinden lässt, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Zuletzt gehen dem (nunmehr also doppelgängerlosen) Donald noch 25.000 Taler verloren, als er sich weigert, seinem Vetter [[Gustav]] bei der Bergung einer Briefträgertasche zu helfen, in dem ein besonders wertvoller Taler steckt, der eigentlich [[Dagobert]] hätte zugesandt werden sollen. Da kann man schon mal seinen Kopf gegen einen Baumstamm rammen: „Ich Depp!“
{{gut}} Über ein Fahndungsplakat, das 10.000 Taler dem verspricht, der mithilft einen mysteriösen Verbrecher zu fassen („Bekannt als: Mann ohne Gesicht oder die ungreifbare Hand“), kommt [[Donald]] zunächst dessen Opfern auf die Spur: einer Baronin, der eine Perlenkette und falsche Zähne, sowie einem Mr. Smith und einem Chinesen namens Ciao Tse Lin, denen jeweils ein größerer Geldbetrag geraubt wurde. Seltsamerweise taucht das Diebesgut wieder auf, aber zum Beispiel die Taler mit immer derselben Seriennummer. Donald schafft es, bei seiner letzten Station vor der Rückgabe der Wertsachen am Platz zu sein und springt geistesgegenwärtig auf das Dach eines davonfahrenden Autos. Er gelangt so als Gefangener in ein Haus, in dem ein Mister Moster seine Experimente betreibt. Er hat nicht nur die Hand Bobo konstruiert, die für ihn die Verbrechen vollbrachte, sondern auch drei Duplikatoren: Einen für Geldscheine, einen für Gegenstände und einen für lebende Personen. Donald ist nun natürlich Versuchskarnickel, und die [[Tick, Trick und Track|Kinder]] staunen und stöhnen nicht schlecht, als nun gleich zwei despotische, schlechtgelaunte Onkels nach Hause zurückkehren, die genau identisch zu sein scheinen. [[Daniel Düsentrieb]] schafft es trotzdem, mittels eines Lügendetektors und eines Wunderwässerchens, das Fälschungen verschwinden lässt, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Zuletzt gehen dem (nunmehr also doppelgängerlosen) Donald noch 25.000 Taler verloren, als er sich weigert, seinem Vetter [[Gustav]] bei der Bergung einer Briefträgertasche zu helfen, in dem ein besonders wertvoller Taler steckt, der eigentlich [[Dagobert]] hätte zugesandt werden sollen. Da kann man schon mal seinen Kopf gegen einen Baumstamm rammen: „Ich Depp!“
[[Bild:LTB_036-1.jpg|left|thumb|500px|Schwierige Familienaufstellung in Martina/G.B.Carpis "Der mysteriöse Mister Moster" (© Egmont Ehapa)]]
   
   
In den LTBs wurde nur eine Geschichte des Zeichners [[Giovan Battista Carpi]] veröffentlicht, die älter ist („Der verlorene Ziegelstein“ in [[LTB 69]]). Der „Mister Moster“ stammt von 1955 und eröffnet somit den Reigen dieses Bandes aus dem Jahr 1975, der einigen Frühwerken der italienischen Disney-Comics gewidmet ist. Ein etwa äquivalenter Micky-Band erschien vier Jahre später ([[LTB 62]]). Man merkt [[Carpi]] und seinem Szenaristen [[Guido Martina]] die diebische Experimentierfreude in der ersten Hälfte der Story an. Donald gerät hier wahrlich in eine Groteske, deren Handlung der ersten Seiten schier nicht wiederzugeben ist. Nur so viel: Sie konstituiert den losen Zusammenhang um die beiden Handlungsstränge rund um die Briefträgertasche zum einen und um die Verbrechen den „mysteriösen Mister Moster“ zum anderen. Die rätselhafte erste Seite rund um die vier Schandtaten der „ungreifbaren Hand“ macht Appetit auf mehr, aber im Grunde ist der ganze erste Teil voller absurdem Humor (z.B. der Besuch bei der Baronin, S. 24-26, und beim Chinesen, S. 32-34). Tja, und dann kippt es halt, so etwa auf S. 49. Der Handlungsfaden irrlichtert jetzt zwar nicht mehr so hin und her (es geht jetzt eindeutig um die Identifizierung und Auslöschung des Doppelgängers), aber begleitet wird das Ganze durch die nahezu unerträglichen Szenen häuslicher Gewalt bei den Ducks, bis sogar beide Donalds mit Messern (!, S. 53) auf die Neffen zustürmen. Die Düsentrieb-Handlung ist dann wieder halbwegs in Ordnung, aber eben auch nicht mehr umwerfend interessant. Vermutlich ist dies übrigens der erste Auftritt Düsentriebs in den italienischen Disney-Comics; sein Aussehen ist noch komplett an dem von [[Carl Barks]] in den USA erst drei Jahre zuvor Eingeführten orientiert. Insgesamt ist die Geschichte also ein durchaus ambivalentes Vergnügen – Es überwiegt aber doch das comichistorische Interesse. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
In den LTBs wurde nur eine Geschichte des Zeichners [[Giovan Battista Carpi]] veröffentlicht, die älter ist („Der verlorene Ziegelstein“ in [[LTB 69]]). Der „Mister Moster“ stammt von 1955 und eröffnet somit den Reigen dieses Bandes aus dem Jahr 1975, der einigen Frühwerken der italienischen Disney-Comics gewidmet ist. Ein etwa äquivalenter Micky-Band erschien vier Jahre später ([[LTB 62]]). Man merkt [[Carpi]] und seinem Szenaristen [[Guido Martina]] die diebische Experimentierfreude in der ersten Hälfte der Story an. Donald gerät hier wahrlich in eine Groteske, deren Handlung der ersten Seiten schier nicht wiederzugeben ist. Nur so viel: Sie konstituiert den losen Zusammenhang um die beiden Handlungsstränge rund um die Briefträgertasche zum einen und um die Verbrechen den „mysteriösen Mister Moster“ zum anderen. Die rätselhafte erste Seite rund um die vier Schandtaten der „ungreifbaren Hand“ macht Appetit auf mehr, aber im Grunde ist der ganze erste Teil voller absurdem Humor (z.B. der Besuch bei der Baronin, S. 24-26, und beim Chinesen, S. 32-34). Tja, und dann kippt es halt, so etwa auf S. 49. Der Handlungsfaden irrlichtert jetzt zwar nicht mehr so hin und her (es geht jetzt eindeutig um die Identifizierung und Auslöschung des Doppelgängers), aber begleitet wird das Ganze durch die nahezu unerträglichen Szenen häuslicher Gewalt bei den Ducks, bis sogar beide Donalds mit Messern (!, S. 53) auf die Neffen zustürmen. Die Düsentrieb-Handlung ist dann wieder halbwegs in Ordnung, aber eben auch nicht mehr umwerfend interessant. Vermutlich ist dies übrigens der erste Auftritt Düsentriebs in den italienischen Disney-Comics; sein Aussehen ist noch komplett an dem von [[Carl Barks]] in den USA erst drei Jahre zuvor Eingeführten orientiert. Insgesamt ist die Geschichte also ein durchaus ambivalentes Vergnügen – Es überwiegt aber doch das comichistorische Interesse. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
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{{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen…
{{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen…
[[Bild:LTB_036-2.jpg|right|thumb|Der wie alle Figuren und Leser zu diesem Zeitpunkt noch völlig ratlose Zeitungskönig Onkel Dettmar in "Donald und die Krebse in Burgunder" (© Egmont Ehapa)]]


Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
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== Donald und die indianische Erbschaft ==
== Donald und die indianische Erbschaft ==
''„Verstanden? Man jagt nicht, sondern kauft sich Lebensmittel!“ – „Hugh! Barbarische Sitten!“'' (Donald und eines seiner Ziehkinder)
''„Verstanden? Man jagt nicht, sondern kauft sich Lebensmittel!“ – „Hugh! Barbarische Sitten!“'' (Donald und eines seiner Ziehkinder)
[[Bild:LTB_036-3.jpg|left|thumb||500px|Donald beginnt den Spaß an seinen Weidegründen zu verlieren in Martina/Bottaros "Donald und die indianische Erbschaft" (© Egmont Ehapa)]]


{{mm}} [[Donald]] wird von seinem [[Onkel Dagobert]] mit einer Arbeit als Kundschafter für eine neue Eisenbahnlinie beauftragt und erhält dafür 50 Taler Vorschuss. Als er aber eine größere Summe als Trostpreis vom Entenhausener Fernsehen gewinnt und außerdem in eine Erbschaft einwilligt, die ihn in den Besitz von ausgedehnten Weidegebieten bringt, ist dieser Auftrag schnell vergessen. Doch das Blatt wendet sich wiederum schnell: Zur Erbschaft gehört die Verpflichtung, eine Indianersippe von neun Brüdern zu adoptieren, die bereits in Donalds Vorgarten ihre Zelte aufgeschlagen hat. Gemeinsam – [[Tick, Trick und Track]] sind natürlich auch mit von der Partie – fährt man in die Weidegebiete, die sich bei näherer Betrachtung als große Enttäuschung entpuppen: Sie befinden sich auf einer extrem schwer zu erklimmenden Bergspitze, und auch mit den dort weidenden Ziegen wird Donald so schwer warm, dass die Brüder langsam beginnen, an ihrem Adoptivvater zu zweifeln. In der Zwischenzeit hat Dagobert einen neuen Kundschafter für sein Bauvorhaben gefunden: Vetter [[Gustav]]. Wie der Zufall so spielt, würde die Eisenbahnlinie durch Donalds Berg führen. Im Irrglauben, er würde dort Gold finden, lässt Donald seine „Kinder“ durch den Berg graben. Schließlich überschreibt Donald auch noch die ungeliebte Erbschaft an Gustav, der auch mit den Indianern und ihren Tieren weit besser klarkommt. Nun kann Gustav den Berg samt fertigen Eisenbahntunnel an Dagobert übergeben, außerdem finden sich in den benachbarten Sümpfen noch ergiebige Erdölvorkommen. Donald aber muss mit den Kindern dafür, dass er 50 Taler erhalten hatte, wofür er nie eine Gegenleistung erbrachte, sämtliche Nieten auf den Eisenbahnschienen polieren, dass sie nur so glänzen…
{{mm}} [[Donald]] wird von seinem [[Onkel Dagobert]] mit einer Arbeit als Kundschafter für eine neue Eisenbahnlinie beauftragt und erhält dafür 50 Taler Vorschuss. Als er aber eine größere Summe als Trostpreis vom Entenhausener Fernsehen gewinnt und außerdem in eine Erbschaft einwilligt, die ihn in den Besitz von ausgedehnten Weidegebieten bringt, ist dieser Auftrag schnell vergessen. Doch das Blatt wendet sich wiederum schnell: Zur Erbschaft gehört die Verpflichtung, eine Indianersippe von neun Brüdern zu adoptieren, die bereits in Donalds Vorgarten ihre Zelte aufgeschlagen hat. Gemeinsam – [[Tick, Trick und Track]] sind natürlich auch mit von der Partie – fährt man in die Weidegebiete, die sich bei näherer Betrachtung als große Enttäuschung entpuppen: Sie befinden sich auf einer extrem schwer zu erklimmenden Bergspitze, und auch mit den dort weidenden Ziegen wird Donald so schwer warm, dass die Brüder langsam beginnen, an ihrem Adoptivvater zu zweifeln. In der Zwischenzeit hat Dagobert einen neuen Kundschafter für sein Bauvorhaben gefunden: Vetter [[Gustav]]. Wie der Zufall so spielt, würde die Eisenbahnlinie durch Donalds Berg führen. Im Irrglauben, er würde dort Gold finden, lässt Donald seine „Kinder“ durch den Berg graben. Schließlich überschreibt Donald auch noch die ungeliebte Erbschaft an Gustav, der auch mit den Indianern und ihren Tieren weit besser klarkommt. Nun kann Gustav den Berg samt fertigen Eisenbahntunnel an Dagobert übergeben, außerdem finden sich in den benachbarten Sümpfen noch ergiebige Erdölvorkommen. Donald aber muss mit den Kindern dafür, dass er 50 Taler erhalten hatte, wofür er nie eine Gegenleistung erbrachte, sämtliche Nieten auf den Eisenbahnschienen polieren, dass sie nur so glänzen…


Nun also die Titelstory dieses LTB. Anders als Scarpa war [[Luciano Bottaro]] Mitte der 50er Jahre aber noch nicht ganz so weit. Das Skript dieser 1955 entstandenen Geschichte stammt – natürlich – von [[Guido Martina]], und erschöpft sich einerseits in einigen Improvisationen der tragenden Grundidee von der Adoptivvaterschaft Donalds für eine Indianersippe, andererseits in der Durchexerzierung eines typischen „Dagobert beutet Donald aus“-Plots. Es nutzt Donald nichts, dass er doch nun einmal diesen Tunnel gegraben hat bzw. hat graben lassen – die 50 Taler Vorschuss hatte er ja für einen ganz anderen Auftrag erhalten. Der damals noch besonders brachiale Humor Martinas kommt noch besser auf den ersten Seiten zum Ausdruck, auf denen Donald seinen Onkel um die 50 Taler anbettelt und dabei einen total unpassenden Lachanfall hat: „Wenn ich jetzt also verhungere, bist du mein nächster Verwandter und mußt die Beerdigungskosten bezahlen!“ Da ist Scarpa doch um einiges subtiler. Bottaro wiederum hat noch kaum einen eigenen Stil ausgebildet, vor allem fehlen noch seine unverwechselbaren kreativen Bildfindungsideen, für die hier stellvertretend sein „El Cid Pampeador“ von 1959 genannt sei ([[LTB 58]]). Doch bereits im Jahr 1957 wird bei Bottaro eine deutliche zeichnerische Steigerung festzustellen sein, so in den beiden Parodien „Donald als Löwenbändiger“ und „Der Schatz des Grafen von Monte Christo“ (beide [[LTB 55]]). [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
Nun also die Titelstory dieses LTB. Anders als Scarpa war [[Luciano Bottaro]] Mitte der 50er Jahre aber noch nicht ganz so weit. Das Skript dieser 1955 entstandenen Geschichte stammt – natürlich – von [[Guido Martina]], und erschöpft sich einerseits in einigen Improvisationen der tragenden Grundidee von der Adoptivvaterschaft Donalds für eine Indianersippe, andererseits in der Durchexerzierung eines typischen „Dagobert beutet Donald aus“-Plots. Es nutzt Donald nichts, dass er doch nun einmal diesen Tunnel gegraben hat bzw. hat graben lassen – die 50 Taler Vorschuss hatte er ja für einen ganz anderen Auftrag erhalten. Der damals noch besonders brachiale Humor Martinas kommt noch besser auf den ersten Seiten zum Ausdruck, auf denen Donald seinen Onkel um die 50 Taler anbettelt und dabei einen total unpassenden Lachanfall hat: „Wenn ich jetzt also verhungere, bist du mein nächster Verwandter und mußt die Beerdigungskosten bezahlen!“ Da ist Scarpa doch um einiges subtiler. Bottaro wiederum hat noch kaum einen eigenen Stil ausgebildet, vor allem fehlen noch seine unverwechselbaren kreativen Bildfindungsideen, für die hier stellvertretend sein „El Cid Pampeador“ von 1959 genannt sei ([[LTB 58]]). Doch bereits im Jahr 1957 wird bei Bottaro eine deutliche zeichnerische Steigerung festzustellen sein, so in den beiden Parodien „Donald als Löwenbändiger“ und „Der Schatz des Grafen von Monte Christo“ (beide [[LTB 55]]). [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
[[Bild:LTB_036-4.jpg|right|thumb|Eine für den frühen Chierchini typische waffenstarrende Zuspitzung in "Donald Duck und der große Sarani" (Skript: Guido Martina) (© Egmont Ehapa)]]


== Donald Duck und der große Sarani ==
== Donald Duck und der große Sarani ==