LTB 36: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen

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{{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen…
{{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen…


[[Bild:LTB_036-2.jpg|right|thumb|250px|Der wie alle Figuren und Leser zu diesem Zeitpunkt noch völlig ratlose Zeitungskönig Onkel Dettmar in "Donald und die Krebse in Burgunder" (© Egmont Ehapa)]]
[[Bild:LTB_036-2.jpg|right|thumb|280px|Der wie alle Figuren und Leser zu diesem Zeitpunkt noch völlig ratlose Zeitungskönig Onkel Dettmar in "Donald und die Krebse in Burgunder" (© Egmont Ehapa)]]


Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)
Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST)