Im Land der viereckigen Eier: Unterschied zwischen den Versionen
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David Kunzle sieht in ''Im Land der viereckigen Eier'' eine thematische Entwicklung in einer Phase von Carl Barks, der seine Figuren nicht mehr nur Abenteuer in Entenhausen und dessen unmittelbarer Umgebung durchleben ließ, sondern nun auch im Ausland und im Speziellen in Mittel- und Lateinamerika. Während die 1946 fertiggestellte Geschichte ''[[Im Land der Vulkane]]'' eine „fremdenfeindliche Satire“ sei, die sich „gängiger Klischees“ bedient und „deren Schauplatz Vulkanien ist, ein kleines lateinamerikanisches Land, in dem die einzige Aktivität die der Vulkane ist“, locke Lateinamerika in der zwei Jahre später vollendeten Geschichte ''Im Land der viereckigen Eier'' „als ein Kontinent mit archäologischen und touristischen Attraktionen, vor allem aber mit Rohstoffen, die darauf warten, von amerikanischen Konzernen ausgebeutet zu werden“.<ref name="S43">David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 43–46 </ref> | David Kunzle sieht in ''Im Land der viereckigen Eier'' eine thematische Entwicklung in einer Phase von Carl Barks, der seine Figuren nicht mehr nur Abenteuer in Entenhausen und dessen unmittelbarer Umgebung durchleben ließ, sondern nun auch im Ausland und im Speziellen in Mittel- und Lateinamerika. Während die 1946 fertiggestellte Geschichte ''[[Im Land der Vulkane]]'' eine „fremdenfeindliche Satire“ sei, die sich „gängiger Klischees“ bedient und „deren Schauplatz Vulkanien ist, ein kleines lateinamerikanisches Land, in dem die einzige Aktivität die der Vulkane ist“, locke Lateinamerika in der zwei Jahre später vollendeten Geschichte ''Im Land der viereckigen Eier'' „als ein Kontinent mit archäologischen und touristischen Attraktionen, vor allem aber mit Rohstoffen, die darauf warten, von amerikanischen Konzernen ausgebeutet zu werden“.<ref name="S43">David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 43–46 </ref> | ||
Er kommt zu dem Schluss, dass es vor allem wirtschaftliche Gründe sind, die Donald Duck für die Expedition nach Peru antreiben, und weniger der Forscherdrang und die wissenschaftliche Entdeckung einer Kultur. „Die Ducks haben es auf ihrem Weg durch die Wildnis nicht nur mit etlichen Peruanern zu tun (wobei die Reihenfolge ihres Auftretens eine Umkehrung der geschichtlichen Entwicklung ist: Der Betrüger, der Akkulturierte, der unverdorbene Eingeborene, der mythische Verrückte, der Bewahrer alter Legenden), sondern müssen auch große Gefahren bestehen, denen sie durch die Unwirtlichkeit der Landschaft ausgesetzt sind“.<ref name="S43" /> Die Ducks brechen das wichtigste in Eckenhausen geltende Gesetz, ziehen damit den Zorn der einheimischen Bevölkerung auf sich und scheitern | Er kommt zu dem Schluss, dass es vor allem wirtschaftliche Gründe sind, die Donald Duck für die Expedition nach Peru antreiben, und weniger der Forscherdrang und die wissenschaftliche Entdeckung einer Kultur. „Die Ducks haben es auf ihrem Weg durch die Wildnis nicht nur mit etlichen Peruanern zu tun (wobei die Reihenfolge ihres Auftretens eine Umkehrung der geschichtlichen Entwicklung ist: Der Betrüger, der Akkulturierte, der unverdorbene Eingeborene, der mythische Verrückte, der Bewahrer alter Legenden), sondern müssen auch große Gefahren bestehen, denen sie durch die Unwirtlichkeit der Landschaft ausgesetzt sind“.<ref name="S43" /> Die Ducks brechen das wichtigste in Eckenhausen geltende Gesetz, ziehen damit den Zorn der einheimischen Bevölkerung auf sich und scheitern letztlich mit ihrem Plan, die viereckigen Eier in ihrer amerikanischen Heimat selbst herzustellen und damit das fremde Gut wirtschaftlich auszunutzen. | ||
Auch wenn es anfangs so aussieht, als würde es sich bei den viereckigen Eiern um von den Einheimischen selbst hergestellte Fälschungen handeln, sieht David Kunzle in diesen auf einer tieferen, metaphorischen | Auch wenn es anfangs so aussieht, als würde es sich bei den viereckigen Eiern um von den Einheimischen selbst hergestellte Fälschungen handeln, sieht David Kunzle in diesen auf einer tieferen, metaphorischen Ebene eine Darstellung, „die in anderen Geschichten in veränderter Form wiederholt wird, der Verschleierung eines weltweiten ökonomischen und sozialen Problems: der Verletzlichkeit armer Länder, deren einheimische Landwirtschaft, Kleinindustrie und Handwerksbetriebe gnadenlos in die Zwangsjacke des freien Marktes geschnürt werden.“<ref name="S39">David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 39 </ref> „Die monolithische Kultur aber, in der alles viereckig und aus Stein ist, muss als Parodie der typischen, kapitalistisch beeinflussten monokulturellen Lateinamerikas herhalten – die ursprüngliche Landwirtschaft war zerstört und durch die Produktion von Gütern verdrängt worden, die der nordamerikanische Markt brauchte: Kupfer aus Chile und Peru, Zinn aus Bolivien, Bananen aus Guatemala, Kaffee aus Nicaragua.“<ref name="S39" /> | ||
In der historischen Nachbetrachtung liegt die Interpretation nahe, dass die viereckigen Eier symbolisch für gut stapelbare Eisen- und Kupferbarren stehen. Nur ein Jahr vor dem Entstehen von Barks' Comicgeschichte unterstützen die USA im Jahr 1948 einen militärischen Eingriff, um ertragsreiche Minen in Peru unter ihre Kontrolle zu bringen und damit ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Bereits während des Zweiten Weltkrieges belieferte Peru die USA mit Rohstoffen, vor allem Salpeter und Kupfer, und erhielt im Gegenzug militärische und medizinische Hilfe.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Perus#20._Jahrhundert abgerufen am 13.10.2023</ref> | In der historischen Nachbetrachtung liegt die Interpretation nahe, dass die viereckigen Eier symbolisch für gut stapelbare Eisen- und Kupferbarren stehen. Nur ein Jahr vor dem Entstehen von Barks' Comicgeschichte unterstützen die USA im Jahr 1948 einen militärischen Eingriff, um ertragsreiche Minen in Peru unter ihre Kontrolle zu bringen und damit ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Bereits während des Zweiten Weltkrieges belieferte Peru die USA mit Rohstoffen, vor allem Salpeter und Kupfer, und erhielt im Gegenzug militärische und medizinische Hilfe.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Perus#20._Jahrhundert abgerufen am 13.10.2023</ref> | ||
==Bedeutung== | ==Bedeutung== | ||
Die Geschichte zählt nicht ohne Grund zu Barks besten Geschichten und beansprucht den Titel der besten Duck-Geschichte überhaupt. Meisterhaft erzählt und mit stimmigen Bildern bietet Barks dennoch ausreichend Spannung und erschafft eine versunkene Kultur, die vollkommen glaubhaft erscheint. Zudem zeigt die Geschichte ansatzweise bereits Muster späterer, erfolgreicherer Abenteuer: „Die Ducks überwinden natürliche und soziale Gefahren und stoßen auf Dinge, die einen erheblichen historischen oder ökonomischen Wert darstellen“<ref>David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 46 </ref>, derer sie aber nicht dauerhaft habhaft werden können und aus denen sich | Die Geschichte zählt nicht ohne Grund zu Barks besten Geschichten und beansprucht den Titel der besten Duck-Geschichte überhaupt. Meisterhaft erzählt und mit stimmigen Bildern bietet Barks dennoch ausreichend Spannung und erschafft eine versunkene Kultur, die vollkommen glaubhaft erscheint. Zudem zeigt die Geschichte ansatzweise bereits Muster späterer, erfolgreicherer Abenteuer: „Die Ducks überwinden natürliche und soziale Gefahren und stoßen auf Dinge, die einen erheblichen historischen oder ökonomischen Wert darstellen“<ref>David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 46 </ref>, derer sie aber nicht dauerhaft habhaft werden können und aus denen sich letztlich keinerlei finanziellen Mehrwerte erwirtschaften lassen. Nach dem kapitalistischen Verständnis der wirtschaftlich dominierenden USA sollen „unterentwickelte Länder“ überzeugt werden, „dass es besser sei, nicht für den heimischen Markt, sondern für den Export zu produzieren.“<ref name="S38">David Kunzle: Carl Barks Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1990, S. 38 </ref> Weiter führt Kunzle aus, dass Barks sich in ''Land der viereckigen Eier'', welches in Peru im Jahr 1949 spielt, „zum ersten Mal über die Bereitwilligkeit der Eingeborenen lustig [macht], für den Export, für den Tourismus zu produzieren. Diese Haltung hatte in landschaftlich schönen oder archäologisch bedeutenden Regionen der Dritten Welt (und Europa) verheeren Auswirkungen [...]“. <ref name="S38" /> | ||
Im Ranking der Webseite [[Inducks]] liegt die Geschichte auf dem 6. Platz bei über 40.000 Einträgen. | Im Ranking der Webseite [[Inducks]] liegt die Geschichte auf dem 6. Platz bei über 40.000 Einträgen. |