Dagobert Duck: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:Dagobert Mutprobe.jpg|thumb|200px|links|Dagobert bei seinem Erstauftritt in ''[[Die Mutprobe]]'' (© Egmont Ehapa)]] | |||
Dagobert Duck kam erstmals in der Geschichte ''[[Die Mutprobe]]'' (auch ''Weihnachten auf dem Bärenberg'', engl. ''Christmas on Bear Mountain'') als [[Donald]]s reicher, griesgrämiger Onkel zum Einsatz. Dagoberts englischer Name ''Scrooge McDuck'' spielt auf den kalten und hartherzigen ''Ebenezer McScrooge'' aus Charles Dickens' ''[[A Christmas Carol]]'' (''Eine Weihnachtsgeschichte'') an (auch die Geschichte ''Die Mutprobe'' selbst ist lose an ''A Christmas Carol'' angelehnt)<ref>Alberto Becattini: Barks und die Quellen seiner Inspiration, in: Carl Barks – Der Vater der Ducks, S. 138–145 (S. 138).</ref><ref name="forschung frankfurt">[http://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/43081494/FoFra-2012_02web.pdf Dagobert Duck: Vom Griesgram zum Fantastilliardär – Einige Kapitel aus der Urgeschichte der reichsten Ente der Welt] (PDF; 11,0 MB), Forschung Frankfurt 2/2012, S. 126.</ref>. Ein weiteres Vorbild für Dagobert Ducks Figur könnte eine Figur aus dem Propagandafilm ''[[Spirit of '43]]'' sein: Hier kam eine mit schottischem Akzent sprechende Ente mit Backenbart, Gehstock und Zwicker vor, die Donald daran hindern wollte, sein Geld zu verprassen.<ref name="heise">[https://www.heise.de/tp/features/Dagobert-Duck-wird-60-3416571.html Peter Mühlbauer: Dagobert Duck wird 70], heise online, 24.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Inwiefern ''Spirit of '43'' beim Erschaffen Dagoberts in Barks' Hinterkopf war, ist schwer zu sagen. Gesichert ist hingegen – weil von Barks in einem Interview bestätigt –, dass er stark von [https://de.wikipedia.org/wiki/The_Gumps Andy Gumps] reichem Onkel Bim inspiriert war.<ref>Thomas Andrae: ''Ein reicher Onkel für Donald''. Übersetzt von [[Johnny A. Grote]]. [[Barks Library Special Donald Duck]] 8.</ref> | Dagobert Duck kam erstmals in der Geschichte ''[[Die Mutprobe]]'' (auch ''Weihnachten auf dem Bärenberg'', engl. ''Christmas on Bear Mountain'') als [[Donald]]s reicher, griesgrämiger Onkel zum Einsatz. Dagoberts englischer Name ''Scrooge McDuck'' spielt auf den kalten und hartherzigen ''Ebenezer McScrooge'' aus Charles Dickens' ''[[A Christmas Carol]]'' (''Eine Weihnachtsgeschichte'') an (auch die Geschichte ''Die Mutprobe'' selbst ist lose an ''A Christmas Carol'' angelehnt)<ref>Alberto Becattini: Barks und die Quellen seiner Inspiration, in: Carl Barks – Der Vater der Ducks, S. 138–145 (S. 138).</ref><ref name="forschung frankfurt">[http://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/43081494/FoFra-2012_02web.pdf Dagobert Duck: Vom Griesgram zum Fantastilliardär – Einige Kapitel aus der Urgeschichte der reichsten Ente der Welt] (PDF; 11,0 MB), Forschung Frankfurt 2/2012, S. 126.</ref>. Ein weiteres Vorbild für Dagobert Ducks Figur könnte eine Figur aus dem Propagandafilm ''[[Spirit of '43]]'' sein: Hier kam eine mit schottischem Akzent sprechende Ente mit Backenbart, Gehstock und Zwicker vor, die Donald daran hindern wollte, sein Geld zu verprassen.<ref name="heise">[https://www.heise.de/tp/features/Dagobert-Duck-wird-60-3416571.html Peter Mühlbauer: Dagobert Duck wird 70], heise online, 24.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Inwiefern ''Spirit of '43'' beim Erschaffen Dagoberts in Barks' Hinterkopf war, ist schwer zu sagen. Gesichert ist hingegen – weil von Barks in einem Interview bestätigt –, dass er stark von [https://de.wikipedia.org/wiki/The_Gumps Andy Gumps] reichem Onkel Bim inspiriert war.<ref>Thomas Andrae: ''Ein reicher Onkel für Donald''. Übersetzt von [[Johnny A. Grote]]. [[Barks Library Special Donald Duck]] 8.</ref> | ||
Den Namen ''Dagobert'' hat die promovierte Übersetzerin ''[[Erika Fuchs]]'', die sehr literaturinteressiert war, an den König <span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/wiki/Dagobert_I. Dagobert I.]</span> aus der frühesten Königsgeschichte der <span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/wiki/Merowinger Merowinger]</span> angelehnt.<ref name="welt">[https://www.welt.de/kultur/article1485028/Enten-wie-Dagobert-sind-keine-Heuschrecken.html Matthias Heine: Enten wie Dagobert sind keine Heuschrecken], Welt Online, 24.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | Den Namen ''Dagobert'' hat die promovierte Übersetzerin ''[[Erika Fuchs]]'', die sehr literaturinteressiert war, an den König <span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/wiki/Dagobert_I. Dagobert I.]</span> aus der frühesten Königsgeschichte der <span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/wiki/Merowinger Merowinger]</span> angelehnt.<ref name="welt">[https://www.welt.de/kultur/article1485028/Enten-wie-Dagobert-sind-keine-Heuschrecken.html Matthias Heine: Enten wie Dagobert sind keine Heuschrecken], Welt Online, 24.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | ||
In der Geschichte ''[[Die Mutprobe]]'' sitzt Dagobert an Weihnachten grimmig in seiner Villa. Er äußert den Satz: „Grauenhaftes Fest!“ und dass er Weihnachten nicht möge, denn niemanden könne ihn leiden und er könne auch niemanden leiden. [[Donald Duck|Donald]] und seine [[Tick, Trick und Track|Neffen]] möchte er erst beschenken, wenn sie in eine Mutprobe in einer Berghüte bestanden haben, wo es von Bären nur so wimmelt.<ref name="deutschlandradio">[https://www.deutschlandfunkkultur.de/jeden-tag-ein-talerbad.1013.de.html?dram:article_id=167552 Volkhard App: Jeden Tag ein Talerbad – Dagobert Duck zum 60. Geburtstag], Deutschlandfunk Kultur, 23.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | In der Geschichte ''[[Die Mutprobe]]'' sitzt Dagobert an Weihnachten grimmig in seiner Villa. Er äußert den Satz: „Grauenhaftes Fest!“ und dass er Weihnachten nicht möge, denn niemanden könne ihn leiden und er könne auch niemanden leiden. [[Donald Duck|Donald]] und seine [[Tick, Trick und Track|Neffen]] möchte er erst beschenken, wenn sie in eine Mutprobe in einer Berghüte bestanden haben, wo es von Bären nur so wimmelt.<ref name="deutschlandradio">[https://www.deutschlandfunkkultur.de/jeden-tag-ein-talerbad.1013.de.html?dram:article_id=167552 Volkhard App: Jeden Tag ein Talerbad – Dagobert Duck zum 60. Geburtstag], Deutschlandfunk Kultur, 23.12.2007, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Anfangs blieb er auch dieser hinterlistige und eigentlich sogar gemeine Onkel. Kennzeichnend dafür sind Geschichten, wie zum Beispiel ''[[Wudu-Hudu-Zauber]]'', wo über eine Gräueltat in Dagoberts Vergangenheit berichtet wird, die dieser noch nicht einmal bereut oder auch ''[[Die magische Sanduhr]]'', wo er wieder einmal auf äußerst schändliche Mittel zugreift und nichts anderes als Geld im Kopf hat. | ||
Anfangs blieb er auch dieser hinterlistige und eigentlich sogar gemeine Onkel. Kennzeichnend dafür sind Geschichten, wie zum Beispiel ''[[Wudu-Hudu-Zauber]]'', wo über eine Gräueltat in Dagoberts Vergangenheit berichtet wird, die dieser noch nicht einmal bereut oder auch ''[[Die magische Sanduhr]]'', wo er wieder einmal auf äußerst schändliche Mittel zugreift und nichts anderes als Geld im Kopf hat. | |||
[[Datei:Entwicklung Dagobert.jpg|thumb|300px|rechts|Die optische Entwicklung Dagoberts, hier gezeichnet von [[Don Rosa]] (© Egmont Ehapa)]] | |||
Anfangs noch ein kränklicher alter Mann, änderte und verjüngte sich allmählich sein Erscheinungsbild von Comic zu Comic. 1950, in Barks' ''[[Der zählende Papagei]]'' (auch ''Donald Duck und das mathematische Wundertier'', engl. ''The Pixilated Parrot'') entsprachen Aussehen und Kleidung, bestehend aus einem zumeist roten Gehrock, Zylinder, Zwicker, Gamaschen und Spazierstöckchen, erstmals vollständig der heute bekannten Norm. 1951 bekam die Figur mit den [[Panzerknacker]]n ihre ersten eigenen Gegenspieler. | Anfangs noch ein kränklicher alter Mann, änderte und verjüngte sich allmählich sein Erscheinungsbild von Comic zu Comic. 1950, in Barks' ''[[Der zählende Papagei]]'' (auch ''Donald Duck und das mathematische Wundertier'', engl. ''The Pixilated Parrot'') entsprachen Aussehen und Kleidung, bestehend aus einem zumeist roten Gehrock, Zylinder, Zwicker, Gamaschen und Spazierstöckchen, erstmals vollständig der heute bekannten Norm. 1951 bekam die Figur mit den [[Panzerknacker]]n ihre ersten eigenen Gegenspieler. | ||
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Da die Figur Dagobert von verschiedenen Zeichnern in verschiedenen Ländern benutzt wurde, sind zu ihr auch verschiedene Charakterbilder entstanden. Grob kann man die einzelnen Darstellungen seiner Persönlichkeit in den italienischen und den amerikanischen Dagobert unterteilen. Bei dem amerikanischen Dagobert empfiehlt sich eine weitere Unterscheidung zwischen den Zeichnern [[Don Rosa|Rosa]] und [[Carl Barks|Barks]]. | Da die Figur Dagobert von verschiedenen Zeichnern in verschiedenen Ländern benutzt wurde, sind zu ihr auch verschiedene Charakterbilder entstanden. Grob kann man die einzelnen Darstellungen seiner Persönlichkeit in den italienischen und den amerikanischen Dagobert unterteilen. Bei dem amerikanischen Dagobert empfiehlt sich eine weitere Unterscheidung zwischen den Zeichnern [[Don Rosa|Rosa]] und [[Carl Barks|Barks]]. | ||
===Amerika=== | === Amerika === | ||
==== Barks'scher Dagobert ==== | |||
====Barks'scher Dagobert==== | |||
[[Carl Barks]], der Erfinder von Dagobert, hat sich in seinen Geschichten intensiv mit dessen Charakter auseinandergesetzt und ihn im Laufe der Jahre mehr geformt als die meisten anderen Zeichner. | [[Carl Barks]], der Erfinder von Dagobert, hat sich in seinen Geschichten intensiv mit dessen Charakter auseinandergesetzt und ihn im Laufe der Jahre mehr geformt als die meisten anderen Zeichner. | ||
Die Entwicklung Dagoberts bei [[Carl Barks|Barks]] lässt sich grob in drei Phasen beschreiben. | Die Entwicklung Dagoberts bei [[Carl Barks|Barks]] lässt sich grob in drei Phasen beschreiben. | ||
=====Der frühbarks'sche Dagobert===== | ===== Der frühbarks'sche Dagobert ===== | ||
Anfangs, etwa bei seinem ersten Aurtritt in ''[[Die Mutprobe]]'', war Dagobert bei [[Carl Barks|Barks]] noch eine Nebenfigur, „auf die Barks nicht allzu viele Gedanken verschwendet hatte“.<ref>[[Andreas Platthaus]]: Wer wird Milliardär, in: Barks’ Onkel Dagobert – Band 1, S. 4 f. (S. 4).</ref> Bei seinem ersten Auftritt, der an den alten, griesgrämigen und kaltherzigen ''Ebenezer Scrooge'' aus Charles Dickens' ''<span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=A_Christmas_Carol&stable=0&redirect=no A Christmas Carol]</span>'' (''Eine Weihnachtsgeschichte'') angelehnt ist, zeigen sich schon Dagoberts harte und kaltherzige Charakterzüge, die ihn anfangs ausmachten: | Anfangs, etwa bei seinem ersten Aurtritt in ''[[Die Mutprobe]]'', war Dagobert bei [[Carl Barks|Barks]] noch eine Nebenfigur, „auf die Barks nicht allzu viele Gedanken verschwendet hatte“.<ref>[[Andreas Platthaus]]: Wer wird Milliardär, in: Barks’ Onkel Dagobert – Band 1, S. 4 f. (S. 4).</ref> Bei seinem ersten Auftritt, der an den alten, griesgrämigen und kaltherzigen ''Ebenezer Scrooge'' aus Charles Dickens' ''<span class="plainlinks">[https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=A_Christmas_Carol&stable=0&redirect=no A Christmas Carol]</span>'' (''Eine Weihnachtsgeschichte'') angelehnt ist, zeigen sich schon Dagoberts harte und kaltherzige Charakterzüge, die ihn anfangs ausmachten: | ||
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„Hier sitz ich einsam und verlassen und Weihnachten steht vor der Tür. Grauenhaftes Fest! Wenn’s nur erst vorbei wär! Weihnachten liegt mir nicht. Ich kann niemanden leiden und mich kann auch niemand leiden.“ | „Hier sitz ich einsam und verlassen und Weihnachten steht vor der Tür. Grauenhaftes Fest! Wenn’s nur erst vorbei wär! Weihnachten liegt mir nicht. Ich kann niemanden leiden und mich kann auch niemand leiden.“ | ||
– Scrooge McDuck, in: Carl Barks: [[ | – Scrooge McDuck, in: Carl Barks: ''[[Die Mutprobe]]''<ref>[https://inducks.org/story.php?c=W+OS++178-00 Die Mutprobe] beim [[Inducks]]</ref>. | ||
Schon damals war Dagobert eine Klischeefigur<ref>[[Andreas Platthaus]]: Wer wird Milliardär, in: Barks’ Onkel Dagobert – Band 1, S. 4 f. (S. 5).</ref>: „Ein grämlicher Menschenfeind“, „ein reicher, unfreundlicher älterer Verwandter“<ref>Andreas Platthaus: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4–7.</ref>, der „zum Fest geläutert werden [sollte].“<ref>[[Andreas Platthaus]]: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4 f. (S. 4).</ref> | Schon damals war Dagobert eine Klischeefigur<ref>[[Andreas Platthaus]]: Wer wird Milliardär, in: Barks’ Onkel Dagobert – Band 1, S. 4 f. (S. 5).</ref>: „Ein grämlicher Menschenfeind“, „ein reicher, unfreundlicher älterer Verwandter“<ref>Andreas Platthaus: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4–7.</ref>, der „zum Fest geläutert werden [sollte].“<ref>[[Andreas Platthaus]]: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4 f. (S. 4).</ref> | ||
[[Datei:Die magische Sanduhr-4.jpg|thumb|250px|rechts|Der frühbarks'sche Dagobert schreckt vor Gewalt nicht zurück. Hier in ''[[Die magische Sanduhr]]'' (© Egmont Ehapa)]] | |||
In der Zeit kurz nach Barks' erster Dagobert-Geschichte ist Dagobert ausschließlich mit negativen Charaktereigenschaften behaftet. Dieser Dagobert ist ein Gebilde aus Machthunger, Habgier, Falschheit und Hinterlist – das Musterbild eines Bösewichts und Fieslings. Tatsächlich nimmt Dagobert damals vor allen Dingen in den kürzeren Donald-Duck-Geschichten die Rolle des Antagonisten ein. In diesen ersten Geschichten wird sein Geld dabei fast nie optisch dargestellt und auch für ihn selbst scheint es keine große Rolle zu spielen. Im Gegenteil – er hat keinerlei Skrupel, es in großen Mengen für Anerkennung und Macht auszugeben. Das große Merkmal des heutigen Dagoberts, der Geiz, ist hier also noch nicht ausgeprägt. Gerade in der ersten Geschichte kommt hingegen zum Vorschein, dass Dagobert ein Machtmensch ist, der alle anderen kontrollieren und im Dienste seiner Interessen mittels seines Reichtums manipulieren will. Damit stellt er sich – in geradezu menschenverachtender Manier – über alles und jeden. Von seiner unsympathischsten Seite zeigt sich Dagobert bei Barks im Zehnseiter ''[[Wehe dem, der Schulden macht]]''; in ''[[Wudu-Hudu-Zauber]]'' rechtfertigt er gar eine Schurkerei aus seiner Vergangenheit mit dem fadenscheinigen Argument, dass man durch Edelmut nicht reich werde. | In der Zeit kurz nach Barks' erster Dagobert-Geschichte ist Dagobert ausschließlich mit negativen Charaktereigenschaften behaftet. Dieser Dagobert ist ein Gebilde aus Machthunger, Habgier, Falschheit und Hinterlist – das Musterbild eines Bösewichts und Fieslings. Tatsächlich nimmt Dagobert damals vor allen Dingen in den kürzeren Donald-Duck-Geschichten die Rolle des Antagonisten ein. In diesen ersten Geschichten wird sein Geld dabei fast nie optisch dargestellt und auch für ihn selbst scheint es keine große Rolle zu spielen. Im Gegenteil – er hat keinerlei Skrupel, es in großen Mengen für Anerkennung und Macht auszugeben. Das große Merkmal des heutigen Dagoberts, der Geiz, ist hier also noch nicht ausgeprägt. Gerade in der ersten Geschichte kommt hingegen zum Vorschein, dass Dagobert ein Machtmensch ist, der alle anderen kontrollieren und im Dienste seiner Interessen mittels seines Reichtums manipulieren will. Damit stellt er sich – in geradezu menschenverachtender Manier – über alles und jeden. Von seiner unsympathischsten Seite zeigt sich Dagobert bei Barks im Zehnseiter ''[[Wehe dem, der Schulden macht]]''; in ''[[Wudu-Hudu-Zauber]]'' rechtfertigt er gar eine Schurkerei aus seiner Vergangenheit mit dem fadenscheinigen Argument, dass man durch Edelmut nicht reich werde. | ||
=====Der klassische Dagobert===== | ===== Der klassische Dagobert ===== | ||
Die Entscheidung des Verlags Gold Key, eine eigene „Uncle-Scrooge“-Heftreihe zu veröffentlichen, sollte 1952 den entscheidenden Umbruch im Charakter Dagoberts hervorrufen. Die Hauptperson konnte natürlich nicht gleichzeitig Held und Bösewicht sein, und so musste an der Persönlichkeit des Knausers etwas geändert werden. | Die Entscheidung des Verlags Gold Key, eine eigene „Uncle-Scrooge“-Heftreihe zu veröffentlichen, sollte 1952 den entscheidenden Umbruch im Charakter Dagoberts hervorrufen. Die Hauptperson konnte natürlich nicht gleichzeitig Held und Bösewicht sein, und so musste an der Persönlichkeit des Knausers etwas geändert werden. | ||
Barks zeichnete Dagobert nun erstmals vielseitiger. In der Geschichte ''[[Der arme reiche Mann]]'' (''Only A Poor Old Man'') erklärte er Dagoberts Charakter durch dessen Lebensgeschichte, indem er in Rückblenden zeigte, wie der junge Bertel durch harte Arbeit und festen Willen zum reichsten Mann der Welt wurde. Er erregte Mitleid für ihn beim Leser, ließ diesem Dagoberts Beziehung zum Geld eher als verschrullt erscheinen, er beleuchtete ihn von anderen und auch positiveren Seiten. In einem Interview, geführt von Bruce Hamilton, erklärte Barks: „Ich ging zurück, bis in die Tage, als (Dagobert) noch Blasen an den Händen und erfrorene Füße hatte, alles nur um zu beweisen, dass er diesen unverschämten Reichtum wirklich verdient hat.“<ref name="SpgON2">[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-2.html Jochen Bölsche: Absturz nach dem Boom: Das Ende einer Ente], Spiegel Online, 28.07.2009, 2. Teil: Ein Comic als Lehrbuch, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | Barks zeichnete Dagobert nun erstmals vielseitiger. In der Geschichte ''[[Der arme reiche Mann]]'' (''Only A Poor Old Man'') erklärte er Dagoberts Charakter durch dessen Lebensgeschichte, indem er in Rückblenden zeigte, wie der junge Bertel durch harte Arbeit und festen Willen zum reichsten Mann der Welt wurde. Er erregte Mitleid für ihn beim Leser, ließ diesem Dagoberts Beziehung zum Geld eher als verschrullt erscheinen, er beleuchtete ihn von anderen und auch positiveren Seiten. In einem Interview, geführt von Bruce Hamilton, erklärte Barks: „Ich ging zurück, bis in die Tage, als (Dagobert) noch Blasen an den Händen und erfrorene Füße hatte, alles nur um zu beweisen, dass er diesen unverschämten Reichtum wirklich verdient hat.“<ref name="SpgON2">[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-2.html Jochen Bölsche: Absturz nach dem Boom: Das Ende einer Ente], Spiegel Online, 28.07.2009, 2. Teil: Ein Comic als Lehrbuch, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | ||
Dazu ließ Barks Dagobert nun regelmäßig seinen wohl berühmtesten Ausspruch wiederholen: „I made [my money] by being tougher than the toughies, and smarter than the smarties! And I made it square!“ („Ich bin reich geworden, weil ich zäher war als die Zähsten und schlauer als die Schlausten! Und ich bin dabei ein ehrlicher Mann geblieben!“ – | Dazu ließ Barks Dagobert nun regelmäßig seinen wohl berühmtesten Ausspruch wiederholen: „I made [my money] by being tougher than the toughies, and smarter than the smarties! And I made it square!“ („Ich bin reich geworden, weil ich zäher war als die Zähsten und schlauer als die Schlausten! Und ich bin dabei ein ehrlicher Mann geblieben!“ – Dagobert Duck in: Carl Barks: ''[[Der arme reiche Mann]]''<ref>[https://inducks.org/story.php?c=W+OS++386-02 Der arme alte reiche Mann] beim [[Inducks]]</ref>.) | ||
Dagobert machte keine Metamorphose vom bösen zum guten Dagobert durch, er wurde nur aus anderen Perspektiven betrachtet. Doch öfters tauchte wie ein Geist der „böse“ Dagobert auf und erinnert den Leser, dass wir uns kein allzu simples Bild von seiner Wesensart machen dürfen. | Dagobert machte keine Metamorphose vom bösen zum guten Dagobert durch, er wurde nur aus anderen Perspektiven betrachtet. Doch öfters tauchte wie ein Geist der „böse“ Dagobert auf und erinnert den Leser, dass wir uns kein allzu simples Bild von seiner Wesensart machen dürfen. | ||
Dagobert selbst scheint diese Seite zu verdrängen und so ficht er, als sein Quasi-Doppelgänger [[Mac Moneysac]] als unerwünschtes anderes Ich auftaucht, symbolisch Wettkämpfe darum aus, welche Seite seines Charakters die stärkere ist. | Dagobert selbst scheint diese Seite zu verdrängen und so ficht er, als sein Quasi-Doppelgänger [[Mac Moneysac]] als unerwünschtes anderes Ich auftaucht, symbolisch Wettkämpfe darum aus, welche Seite seines Charakters die stärkere ist. | ||
=====Der spätbarks'sche Dagobert===== | ===== Der spätbarks'sche Dagobert ===== | ||
In den späteren Geschichten der 1960er Jahre wurde die markante Persönlichkeit Dagoberts, die er in den „klassischen Jahren“ erhalten hatte, nach Meinung einiger verwässert, indem er angeblich zu einem liebenswürdigen Opa, zu einem netten älteren Herrn mutierte – ein starker Kontrast zum Dagobert aus ''[[Die Mutprobe]]''. Jochen Bölsche | In den späteren Geschichten der 1960er Jahre wurde die markante Persönlichkeit Dagoberts, die er in den „klassischen Jahren“ erhalten hatte, nach Meinung einiger verwässert, indem er angeblich zu einem liebenswürdigen Opa, zu einem netten älteren Herrn mutierte – ein starker Kontrast zum Dagobert aus ''[[Die Mutprobe]]''. Jochen Bölsche beschreibt, Dagobert werde „allmählich zum lustigen Onkel und schließlich zum schrulligen, fast bemitleidenswerten Alten“<ref name="SpgON2"/>, der am Ende sogar bereit war, sein eigenes Geld für seine [[Tick, Trick und Track|Neffen]] zu opfern (beispielsweise in ''[[Oddball Odyssey]]''<ref>[https://inducks.org/story.php?c=W+US+++40-02 Odball Odyssey] beim [[Inducks]]</ref>). Anderen hingegen kam die Figur zu dieser Zeit ironischerweise verjüngt vor. [[Carl Barks]] befasste sich schlicht nicht mehr so sehr mit Dagoberts Charakter wie in der „klassischen Zeit“, in der seine Geschichten fast Charakterstudien waren. Stattdessen standen mehr die Abenteuer im Vordergrund. Zudem hatte Barks erklärt: „Dagobert in ''[[Die Mutprobe]]'' war nur meine erste Idee eines reichen, alten Onkels. Ich hatte ihn zu alt und schwach gemacht. Ich merkte später, dass ich ihn aktiver gestalten musste.“ (Original: „Scrooge in Christmas on Bear Mountain was only my first idea of a rich, old uncle. I had made him too old and too weak. I discovered later on that I had to make him more active.“)<ref>Carl Barks zitiert nach Carsten Laqua: [http://helnweincomic.homestead.com/essays/carlbarksbylaqua.html Carl Barks – The Author], homestead.com, abgerufen am: 05.12.2018</ref> | ||
=====Fazit der Entwicklung===== | ===== Fazit der Entwicklung ===== | ||
Dagoberts Charakter wurde durch diverse Typen von Geschichten und durch die einzelnen Schaffensphasen Barks’ geprägt. Die Einteilung in drei Phasen ist nur eine grobe, die keine voneinander unabhängigen Charakterbilder ein und derselben Figur suggerieren soll. Dagobert ist eine Sammlung von verschiedenen Charaktereigenschaften, die sich zu immer wieder verschiedenen Charakterbildern zusammenfügen, was auf die Inkonsistenz des Barks’schen Werkes zurückzuführen ist. Diese diversen Interpretationen seines Charakters machen die Vielseitigkeit und damit verbundene Komplexität von Dagoberts Wesen aus. Die Ansammlung sich ergänzender und auch widersprechender Charakteristika in zahlreichen Geschichten bilden den Dagobert, den wir kennen. | Dagoberts Charakter wurde durch diverse Typen von Geschichten und durch die einzelnen Schaffensphasen Barks’ geprägt. Die Einteilung in drei Phasen ist nur eine grobe, die keine voneinander unabhängigen Charakterbilder ein und derselben Figur suggerieren soll. Dagobert ist eine Sammlung von verschiedenen Charaktereigenschaften, die sich zu immer wieder verschiedenen Charakterbildern zusammenfügen, was auf die Inkonsistenz des Barks’schen Werkes zurückzuführen ist. Diese diversen Interpretationen seines Charakters machen die Vielseitigkeit und damit verbundene Komplexität von Dagoberts Wesen aus. Die Ansammlung sich ergänzender und auch widersprechender Charakteristika in zahlreichen Geschichten bilden den Dagobert, den wir kennen. | ||
=====Autobiografische Züge im Charakter Dagoberts===== | ===== Autobiografische Züge im Charakter Dagoberts ===== | ||
Dagobert ist die Figur, die [[Carl Barks|Barks]] wohl am häufigsten verwendet und mit deren Charakter er sich am meisten auseinandergesetzt hat. Viele Fans haben sich über autobiografische Züge im Charakter Dagoberts Gedanken gemacht. | Dagobert ist die Figur, die [[Carl Barks|Barks]] wohl am häufigsten verwendet und mit deren Charakter er sich am meisten auseinandergesetzt hat. Viele Fans haben sich über autobiografische Züge im Charakter Dagoberts Gedanken gemacht. | ||
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Andererseits lassen sich auch ebenso große Differenzen zwischen [[Carl Barks|Barks]] und Dagobert finden und es bleibt letztlich Spekulation, wieviel Barks in Dagobert oder wieviel Dagobert in [[Carl Barks|Barks]] steckt. | Andererseits lassen sich auch ebenso große Differenzen zwischen [[Carl Barks|Barks]] und Dagobert finden und es bleibt letztlich Spekulation, wieviel Barks in Dagobert oder wieviel Dagobert in [[Carl Barks|Barks]] steckt. | ||
====Rosa'scher Dagobert==== | ==== Rosa'scher Dagobert ==== | ||
[[Don Rosa]] betont bei Dagobert meist dessen romantische Seite, seine träumerische und nostalgische Art. Er lässt Dagobert mit glasigen Augen in Erinnerungen schwelgen und bringt dabei einen sehr starken Kontrast zu dem italienischen Dagobert, der sehr in der Gegenwart lebt. Rosa hebt vor allen Dingen den Konflikt zwischen dieser „romantischen Art“ und der anderen, „harten Seite“ Dagoberts, die nichts mit „Gefühlsduseleien“ zu tun haben will, hervor. Mit stetigem Zähnefletschen und Augenrollen den weichen Kern unter der rauen Schale zu verbergen suchend, erscheint Dagobert hier als Gefangener seiner eigenen Härte, die laut Rosa auf seine Lebensgeschichte zurückzuführen ist (siehe [[Sein Leben, seine Milliarden]]). Wird Onkel Dagobert schon bei Barks als Inbegriff eines herzlosen, kalten, gefühlslosen und geldierigen Kapitalisten dargestellt und von den Lesern als solcher rezipiert, vollzog sich schon bei ihm eine Wende zum schrulligen, liebenswürdigen Alten (s.o.). Don Rosa vollzieht einen solchen Imagewandel nun komplett, indem er ihn als nostalgischen und schwärmerischen alten Mann darstellt, der wie oben erwähnt, oft an die Vergangenheit denkt und an die Abenteuer, durch die er sein Vermögen erwirtschaftet hat. Don Rosa, der Dagobert für „die größte Figur der Weltliteratur“ hält, erklärt diesen Imagewandel so: „Ich hätte es nicht ertragen können, Geschichten zu schreiben über einen Typen, der ewig gierig ist“.<ref name="SpgOn3">[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-3.html Jochen Bölsche: Absturz nach dem Boom: Das Ende einer Ente], Spiegel Online, 28.07.2009, 3. Teil: Wandlungen eines Erzkapitalisten, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Für ihn ist Dagobert ein Sammler und „Abenteurer, und Geld ist seine Trophäe“<ref name="SpgOn3"/>. Der Spiegel-Online-Rezensent Jörg Böckem betrachtete Rosas Dagobert-Biographie als „Liebeserklärung an die Figur Dagobert und Hommage an dessen Schöpfer“ sowie als „dringend notwendige Image-Kampagne für den Milliardär und Banker an sich“.<ref name="SPIEGEL">[http://www.spiegel.de/kultur/literatur/dagobert-duck-biografie-imagekampagne-fuer-bankiers-a-604135.html Jörg Böckem: Dagobert-Duck-Biografie: Imagekampagne für Bankiers], Spiegel Online, 12.02.2009, abgerufen am: 05.12.2018</ref><ref name="SpgON2"/> | [[Datei:Sein Leben, seine Milliarden 1.JPG|thumb|250px|rechts|Der träumerische Dagobert in diesem Cover zu ''[[Der Letzte aus dem Clan der Ducks]]'' (© Egmont Ehapa)]] | ||
[[Don Rosa]] betont bei Dagobert meist dessen romantische Seite, seine träumerische und nostalgische Art. Er lässt Dagobert mit glasigen Augen in Erinnerungen schwelgen und bringt dabei einen sehr starken Kontrast zu dem italienischen Dagobert, der sehr in der Gegenwart lebt. Rosa hebt vor allen Dingen den Konflikt zwischen dieser „romantischen Art“ und der anderen, „harten Seite“ Dagoberts, die nichts mit „Gefühlsduseleien“ zu tun haben will, hervor. Mit stetigem Zähnefletschen und Augenrollen den weichen Kern unter der rauen Schale zu verbergen suchend, erscheint Dagobert hier als Gefangener seiner eigenen Härte, die laut Rosa auf seine Lebensgeschichte zurückzuführen ist (siehe [[Sein Leben, seine Milliarden]]). Wird Onkel Dagobert schon bei Barks als Inbegriff eines herzlosen, kalten, gefühlslosen und geldierigen Kapitalisten dargestellt und von den Lesern als solcher rezipiert, vollzog sich schon bei ihm eine Wende zum schrulligen, liebenswürdigen Alten (s.o.). Don Rosa vollzieht einen solchen Imagewandel nun komplett, indem er ihn als nostalgischen und schwärmerischen alten Mann darstellt, der wie oben erwähnt, oft an die Vergangenheit denkt und an die Abenteuer, durch die er sein Vermögen erwirtschaftet hat. Don Rosa, der Dagobert für „die größte Figur der Weltliteratur“ hält, erklärt diesen Imagewandel so: „Ich hätte es nicht ertragen können, Geschichten zu schreiben über einen Typen, der ewig gierig ist“.<ref name="SpgOn3">[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-3.html Jochen Bölsche: Absturz nach dem Boom: Das Ende einer Ente], Spiegel Online, 28.07.2009, 3. Teil: Wandlungen eines Erzkapitalisten, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Für ihn ist Dagobert ein Sammler und „Abenteurer, und Geld ist seine Trophäe“<ref name="SpgOn3"/>. Der Spiegel-Online-Rezensent Jörg Böckem betrachtete Rosas Dagobert-Biographie als „Liebeserklärung an die Figur Dagobert und Hommage an dessen Schöpfer“ sowie als „dringend notwendige Image-Kampagne für den Milliardär und Banker an sich“.<ref name="SPIEGEL">[http://www.spiegel.de/kultur/literatur/dagobert-duck-biografie-imagekampagne-fuer-bankiers-a-604135.html Jörg Böckem: Dagobert-Duck-Biografie: Imagekampagne für Bankiers], Spiegel Online, 12.02.2009, abgerufen am: 05.12.2018</ref><ref name="SpgON2"/> Außerdem vertieft Rosa in einigen Geschichten das Verhältnis zwischen Dagobert und [[Nelly]], seiner von Carl Barks erfundenen Geliebten. In ''[[Die Gefangene am White Agony Creek]]'' heißt es gar, dass ein Büschel Haare, die einzige Erinnerung, die Dagobert an seine Jugendliebe hat, sein wertvollster Besitz sei – noch vor [[Geldspeicher]], [[Glückszehner]] oder [[Duckenburgh]]. | |||
===Italien=== | === Italien === | ||
Da im italienischen Duckkosmos (anders als bei Rosa und Barks) Texter und Zeichner oft getrennt sind, ist eine spezielle Charakterisierung der einzelnen Zeichner nicht möglich. Die Aussagen treffen im Allgemeinen zu, doch es gibt immer Ausnahmen, wie zum Beispiel Autor [[Guido Martina]], der vor allem in seinen Frühwerken den Charakter weit skrupelloser und brutaler dargestellt hat als seine Kollegen. | Da im italienischen Duckkosmos (anders als bei Rosa und Barks) Texter und Zeichner oft getrennt sind, ist eine spezielle Charakterisierung der einzelnen Zeichner nicht möglich. Die Aussagen treffen im Allgemeinen zu, doch es gibt immer Ausnahmen, wie zum Beispiel Autor [[Guido Martina]], der vor allem in seinen Frühwerken den Charakter weit skrupelloser und brutaler dargestellt hat als seine Kollegen. | ||
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Mit dem neuen Bild, das insbesondere die Geschichten um Don Rosa von Dagobert zeichneten, wurde der italienische Dagobert als ewiger Antagonist nicht mehr tragbar. Daher zeichnen die italienischen Comics seit etwa Ende der 1980er Jahre ein deutlich harmloseres Bild von ihm: Zwar immer noch geizig, geldgierig und prahlerisch, aber er zieht nun mit einem solch augenzwinkernden Charme zu Felde, dass der Leser dem verschmitzten alten Herrn mit dem Zylinder nichts ankreiden kann. | Mit dem neuen Bild, das insbesondere die Geschichten um Don Rosa von Dagobert zeichneten, wurde der italienische Dagobert als ewiger Antagonist nicht mehr tragbar. Daher zeichnen die italienischen Comics seit etwa Ende der 1980er Jahre ein deutlich harmloseres Bild von ihm: Zwar immer noch geizig, geldgierig und prahlerisch, aber er zieht nun mit einem solch augenzwinkernden Charme zu Felde, dass der Leser dem verschmitzten alten Herrn mit dem Zylinder nichts ankreiden kann. | ||
===Harte Schale, weicher Kern – Dagoberts Beziehung zu Geld und zu seinen Verwandten=== | === Harte Schale, weicher Kern – Dagoberts Beziehung zu Geld und zu seinen Verwandten === | ||
[[Bild:Only A Poor Old Man.jpg|thumb|300px|left|„Du bist bloß ein '''armer, alter Mann'''.“]] | [[Bild:Only A Poor Old Man.jpg|thumb|300px|left|„Du bist bloß ein '''armer, alter Mann'''.“]] | ||
Da sein Geld viel mit seinem Charakterbild zusammenhängt, wird dieser Aspekt genauer behandelt. Über Dagoberts Beziehung zum [[Geld]] wurde schon viel diskutiert. Auch die Beziehung zu seiner Verwandtschaft wurde bereits sehr verschieden dargestellt. Dieser Artikel soll möglichst allgemeingültig sein, bezieht sich jedoch insbesondere auf die Geschichten von [[Carl Barks|Barks]]. Da man in den Geschichten nur sehr selten direkte Charakterisierungen findet, kann es durchaus verschiedene Interpretationen geben. | Da sein Geld viel mit seinem Charakterbild zusammenhängt, wird dieser Aspekt genauer behandelt. Über Dagoberts Beziehung zum [[Geld]] wurde schon viel diskutiert. Auch die Beziehung zu seiner Verwandtschaft wurde bereits sehr verschieden dargestellt. Dieser Artikel soll möglichst allgemeingültig sein, bezieht sich jedoch insbesondere auf die Geschichten von [[Carl Barks|Barks]]. Da man in den Geschichten nur sehr selten direkte Charakterisierungen findet, kann es durchaus verschiedene Interpretationen geben. | ||
Voraussetzung, auf die alles Weitere aufbaut, ist, dass Dagobert kein Kapitalist im eigentlichen Sinne ist, denn er lagert das größte Vermögen der Welt in einem Speicher, statt es anzulegen, und interessiert sich nicht für den „Sammlerwert“ seiner Münzen (das behauptet zumindest [[Don Rosa]] in ''Der Wert des Geldes''). Für ihn liegt der Wert seines Geldes nicht im Materiellen (für das Geld eigentlich ein Sinnbild ist), sondern eher in Dagoberts ideellen Werten, die es symbolisiert (dies wird weiter unten noch genauer behandelt). [[Geoffrey Blum]] spricht von „ideellen Dollars“. Insofern stellt es für Herrn Duck einen Selbstzweck dar (Zitat Dagobert, [[ | Voraussetzung, auf die alles Weitere aufbaut, ist, dass Dagobert kein Kapitalist im eigentlichen Sinne ist, denn er lagert das größte Vermögen der Welt in einem Speicher, statt es anzulegen, und interessiert sich nicht für den „Sammlerwert“ seiner Münzen (das behauptet zumindest [[Don Rosa]] in ''[[Der Wert des Geldes]]''). Für ihn liegt der Wert seines Geldes nicht im Materiellen (für das Geld eigentlich ein Sinnbild ist), sondern eher in Dagoberts ideellen Werten, die es symbolisiert (dies wird weiter unten noch genauer behandelt). [[Geoffrey Blum]] spricht von „ideellen Dollars“. Insofern stellt es für Herrn Duck einen Selbstzweck dar (Zitat Dagobert, ''[[Eingefrorenes Gold]]'': „''Ausgeben? Du spinnst wohl! Dann hab ich es ja nicht mehr'“'). | ||
[[Bild:Spieler-Tore-und-Moneten.jpg|210px|thumb|right|Dagobert Duck in seltener Geberlaune.]] | [[Bild:Spieler-Tore-und-Moneten.jpg|210px|thumb|right|Dagobert Duck in seltener Geberlaune.]] | ||
Gewöhnlich werden zu dem Thema große, bekannte Geschichten wie ''[[Der arme reiche Mann]]'' herangezogen. Deshalb wird eine kleine Geschichte, wie z. B. ''Weihnachtsüberraschungen'', oft übersehen. Dabei enthält sie durchaus interessante Elemente, die eine genauere Betrachtung verdienen. Sie wird als Beispiel gebracht und daher etwas ausführlicher behandelt. | Gewöhnlich werden zu dem Thema große, bekannte Geschichten wie ''[[Der arme reiche Mann]]'' herangezogen. Deshalb wird eine kleine Geschichte, wie z. B. ''[[Weihnachtsüberraschungen]]'', oft übersehen. Dabei enthält sie durchaus interessante Elemente, die eine genauere Betrachtung verdienen. Sie wird als Beispiel gebracht und daher etwas ausführlicher behandelt. Es handelt sich um eine Weihnachtsgeschichte und Dagobert muss in alter Tradition, zumindest eine zeitlang, die „Weihnachtsmuffel-Rolle“ einnehmen. Er verhält sich gegenüber seinen Verwandten ignorant, eigenmächtig, kalt, engstirnig und egoistisch. | ||
:Zitat Dagobert: „''Mich versteht niemand. Ist doch klar, dass ein einsamer Mensch wie ich sich vor Weihnachten graut. Ich ließe mir auch gern was schenken. Aber wer schenkt schon alten reichen Männern etwas! Wenn ich die Kuspidoria'' [ein gesunkenes Schiff] ''allerdings finde, dann hab ich mein Weihnachtsgeschenk.''“ | :Zitat Dagobert: „''Mich versteht niemand. Ist doch klar, dass ein einsamer Mensch wie ich sich vor Weihnachten graut. Ich ließe mir auch gern was schenken. Aber wer schenkt schon alten reichen Männern etwas! Wenn ich die Kuspidoria'' [ein gesunkenes Schiff] ''allerdings finde, dann hab ich mein Weihnachtsgeschenk.''“ | ||
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Letztlich dient ihm aber das Geld auch als Ersatz für Zuneigung und Liebe – er schenkt sich sogar selbst sein Geld, weil es sonst niemanden gibt, der ihm etwas schenkt. | Letztlich dient ihm aber das Geld auch als Ersatz für Zuneigung und Liebe – er schenkt sich sogar selbst sein Geld, weil es sonst niemanden gibt, der ihm etwas schenkt. | ||
Als die [[Tick, Trick und Track|Kinder]] ihm dann schließlich, entgegen seinen Erwartungen, etwas schenken, bricht diese Festung zeitweilig und Dagobert erkennt, wie er mit ihnen umgegangen ist. Das schlechte Gewissen taucht auf und es folgt eine Schutzreaktion Dagoberts – er schottet sich wieder ab und begegnet den drei Knaben wieder hart und gefühllos. | |||
Anscheinend ist Dagobert nicht sehr belastbar. Ihm würden, wenn er sich ernsthaft mit seinen Gefühlen auseinandersetzen würde, zu viele Zweifel an seiner bisherigen Einstellung zum Leben kommen. Darauf finden sich jedoch keine direkten Hinweise in den Comics von Barks. Eher fündig werden wir bei [[Don Rosa|Rosa]]: In seiner Geschichte ''[[Rückkehr ins verbotene Tal]]'' lässt [[Don Rosa|Rosa]] Dagobert auf die Aussage seiner [[Tick, Trick und Track|Neffen]], er sei vielleicht neidisch auf [[Donald]], weil dieser im Gegensatz zu ihm frei ist, „die Träume zu träumen, die Onkel Dagobert nicht mehr hat“, mürrisch (und damit wieder verdrängend) reagieren (er verbietet ihnen sogar zu reden), nachdem der Leser vorher an seinem Gesicht erkennen konnte, dass der Kommentar ins Schwarze traf. | Anscheinend ist Dagobert nicht sehr belastbar. Ihm würden, wenn er sich ernsthaft mit seinen Gefühlen auseinandersetzen würde, zu viele Zweifel an seiner bisherigen Einstellung zum Leben kommen. Darauf finden sich jedoch keine direkten Hinweise in den Comics von Barks. Eher fündig werden wir bei [[Don Rosa|Rosa]]: In seiner Geschichte ''[[Rückkehr ins verbotene Tal]]'' lässt [[Don Rosa|Rosa]] Dagobert auf die Aussage seiner [[Tick, Trick und Track|Neffen]], er sei vielleicht neidisch auf [[Donald]], weil dieser im Gegensatz zu ihm frei ist, „die Träume zu träumen, die Onkel Dagobert nicht mehr hat“, mürrisch (und damit wieder verdrängend) reagieren (er verbietet ihnen sogar zu reden), nachdem der Leser vorher an seinem Gesicht erkennen konnte, dass der Kommentar ins Schwarze traf. | ||
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Er sucht Sicherheit und Halt, um so zu bleiben, wie er ist. Und auch hier findet er das Gesuchte im Geld. „''Hier auf meinen zehn Hektar werde ich mich niemals ändern.''“ „''Ich werde einfach nur jedes Jahr ein wenig reicher! Mein [[Geldspeicher]] und Boden und meine Marotten werden ewig so bestehen bleiben!''“ (US 15/2), sagt Dagobert überzeugt. | Er sucht Sicherheit und Halt, um so zu bleiben, wie er ist. Und auch hier findet er das Gesuchte im Geld. „''Hier auf meinen zehn Hektar werde ich mich niemals ändern.''“ „''Ich werde einfach nur jedes Jahr ein wenig reicher! Mein [[Geldspeicher]] und Boden und meine Marotten werden ewig so bestehen bleiben!''“ (US 15/2), sagt Dagobert überzeugt. | ||
Weiter oben wurde schon angesprochen, dass sein Geld für ihn einen „sicheren Raum“, eine Festung darstellt. Diese finden wir sogar symbolisch als [[Geldspeicher]] in den Comics wieder. Hier hat er die Kontrolle, ist der „souveräne Herrscher über seine Burg“, wie ihn [[Don Rosa]] in seiner Geschichte ''[[Seine Majestät Dagobert | Weiter oben wurde schon angesprochen, dass sein Geld für ihn einen „sicheren Raum“, eine Festung darstellt. Diese finden wir sogar symbolisch als [[Geldspeicher]] in den Comics wieder. Hier hat er die Kontrolle, ist der „souveräne Herrscher über seine Burg“, wie ihn [[Don Rosa]] in seiner Geschichte ''[[Seine Majestät Dagobert I.]]'' sinnbildlich dargestellt hat. Doch, wie wir aus dieser wie aus einer großen Zahl anderer Geschichten wissen, kann auch dieses Wunschbild nicht halten, wenn die [[Panzerknacker]] angreifen. Eigentlich bringt ihm sein Geld keine Sicherheit und Ruhe – im Gegenteil, er muss fast genausoviel Energie aufwenden, seinen Reichtum zu behalten, wie ihn zu vergrößern. Und die energischen Mittel, mit denen er kämpft, lassen uns wieder erkennen, dass es bei Geld nicht nur um den „schnöden Mammon“ geht, denn was wäre es dann? „Nichts als ein Haufen Metall und Papier“, wie Dagobert es selbst sagt. Interessanterweise gibt es nämlich, neben dem immer noch sehr materiellen Wunschbild der Sicherheit, zahlreiche dieser Wunschbilder, die Dagobert auf sein Geld projiziert. | ||
Seien wir ehrlich: Wenn Dagobert sein Geld dermaßen glorifiziert, will er sich insgeheim selbst verklären, denn „jedes Geldstück, das ihr hier seht, hat für mich eine Geschichte.“ – sein Geld bedeutet seine Vergangenheit. Tatsächlich erkennen wir in den Sequenzen in den Dagobertgeschichten, in denen sich Dagobert an seine Vergangenheit erinnert, einige Unstimmigkeiten. Hier stellt sich Dagobert als Held dar, stellt Dinge in ein anderes Licht, um teilweise kriminelle Handlungen zu vertuschen. In der Geschichte | Seien wir ehrlich: Wenn Dagobert sein Geld dermaßen glorifiziert, will er sich insgeheim selbst verklären, denn „jedes Geldstück, das ihr hier seht, hat für mich eine Geschichte.“ – sein Geld bedeutet seine Vergangenheit. Tatsächlich erkennen wir in den Sequenzen in den Dagobertgeschichten, in denen sich Dagobert an seine Vergangenheit erinnert, einige Unstimmigkeiten. Hier stellt sich Dagobert als Held dar, stellt Dinge in ein anderes Licht, um teilweise kriminelle Handlungen zu vertuschen. In der Geschichte ''[[Wiedersehn mit Klondike]]'' erzählt Onkel Dagobert, wie er, nachdem er am Klondike von der schönen [[Nelly]] bestohlen wurde, zu ihr in den Saloon zurückkehrt, um sich sein Gut wieder zu holen. Doch statt dieses einzufordern, zettelt er eine vollkommen unnötige Schlägerei mit der ganzen Bargesellschaft an, zu der es überhaupt keinen Anlass gibt und aus der er dank plötzlich auftretender Superkräfte als Sieger hervorgeht, nachdem er über zehn Männer auf einmal zusammengeschlagen hat. Diese unrealistische Sequenz ist offensichtlich der Fantasie Dagoberts entsprungen. Anschließend verschleiert er, dass er Nelly daraufhin entführt und als billige Arbeitskraft missbraucht, indem er erklärt, dass er ihr zeigen wollte, wie hart der Goldschürfer seine Nuggets erarbeitet. In einer Fortsetzungsgeschichte ''[[Die zwei Herzen des Yukon]]'' von [[Don Rosa]] kommt der junge Dagobert deshalb auch in einen Konflikt mit der Polizei. [[Don Rosa|Rosa]] selbst hat diese persönliche Verherrlichung Dagoberts in der Geschichte ''[[Die Gefangene am White Agony Creek]]'' auf die Spitze getrieben. Hier vollbringt der junge Dagobert, in der Erinnerung des alten Dagobert, schier unmögliche Wunder, agiert fast als „Superman“. Dagobert weiß, dass er sich hier seine eigene ruhmreiche Vergangenheit schafft, aber je mehr er davon erzählt, desto mehr glaubt er es selbst. Der Aspekt des Vertuschens und des Kompensierens spielt eine große Rolle bei seinem Charakter. | ||
[[Bild:Goldie.jpg|thumb|Nelly wurde später vom Zeichner [[Don Rosa]] wieder aufgegriffen (© Disney)]] | [[Bild:Goldie.jpg|thumb|Nelly wurde später vom Zeichner [[Don Rosa]] wieder aufgegriffen (© Disney)]] | ||
Diese Geschichte, ''[[Wiedersehn mit Klondike]]'', beinhaltet einen vierseitigen Rückblick auf Dagoberts Biografie, indem auch die Beziehung zur Bardame „Nelly“ genauer behandelt wird. Dies ist die einzige Geschichte bei Barks, in der der jüngere Dagobert eine Beziehung zu einer Dame hat. Ob es nun die Liebe zu einer Frau oder zu seinen Eltern ist, nimmt die Projektionsfläche Geld hier eine ähnliche Rolle ein wie schon in der Geschichte | Diese Geschichte, ''[[Wiedersehn mit Klondike]]'', beinhaltet einen vierseitigen Rückblick auf Dagoberts Biografie, indem auch die Beziehung zur Bardame „Nelly“ genauer behandelt wird. Dies ist die einzige Geschichte bei Barks, in der der jüngere Dagobert eine Beziehung zu einer Dame hat. Ob es nun die Liebe zu einer Frau oder zu seinen Eltern ist, nimmt die Projektionsfläche Geld hier eine ähnliche Rolle ein wie schon in der Geschichte ''[[Weihnachtsüberraschungen]]'' beschrieben. [[Geoffrey Blum]] hatte schon angemerkt, dass Dagobert nie von seinen Eltern redet (er bezieht sich ausschließlich auf Barks). Mit zwölf Jahren soll er nach [[Don Rosa]] dann nach Amerika ausgereist sein. Dagobert war Zeit seines Lebens auf sich gestellt. Frank Schätzing hat bereits schonmal die Bedeutung von Dagoberts Besitz als Liebesersatz untersucht. Sein Geld hat in jeder Hinsicht Fetischcharakter und so erscheint es mehr als klar, dass Dagobert seine verlorene Kindheit, den Mangel an Liebe durch sein Geld zu kompensieren versucht. | ||
Alle genannten Themen, die sich um Dagoberts Charakter ziehen, wurzeln stark in der Biografie Dagoberts. Er ist ein Mensch, der sich über seine Vergangenheit definiert. Gerade diese Thematik ist stark mit Dagoberts Lebenslauf verstrickt. | Alle genannten Themen, die sich um Dagoberts Charakter ziehen, wurzeln stark in der Biografie Dagoberts. Er ist ein Mensch, der sich über seine Vergangenheit definiert. Gerade diese Thematik ist stark mit Dagoberts Lebenslauf verstrickt. | ||
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Weitere Beispiele für Dagoberts „weichen Kern“ sind ''[[LTB 501#Schatzsuche unter Null|Schatzsuche unter Null]]'' und ''[[LTB 501#Die Liste des Schreckens|Die Liste des Schreckens]]'' (beide [[LTB 501]]). In letzterer Story wird Donalds legendäre Schuldenliste bei Dagpobert gar als Symbol für die (selten gezeigte) Zuneigung Dagoberts zu Donald und als Deckmantel für Dagoberts Hilfsbereitschaft charakterisiert (Donald hat laut dieser Story zwar eine beträchtliche Schuldenliste, Dagobert würde die Schulden (laut dieser Story!) allerdings niemals einfordern). Auch in der Story ''[[LTB 505: Rezension#Herzlich willkommen!|Herzlich willkommen!]]'' ([[LTB 505]]) wird Dagoberts gefühlvolle Seite gezeigt. Hier werden Dagoberts Schilder vor dem [[Geldspeicher]] wie „Hinfort!“, „Weg da!“ etc. thematisiert. Dabei sagt jemand zu Onkel Dagobert, esmüsse doch auch eine Persongeben, die er damit nicht verscheuchen wolle, woraufhin Dagobert an den [[Donni Duck|kleinen Donald]] denken muss (ergo: er hat Donald lieb, auch wenn er dies selten zeigt). | Weitere Beispiele für Dagoberts „weichen Kern“ sind ''[[LTB 501#Schatzsuche unter Null|Schatzsuche unter Null]]'' und ''[[LTB 501#Die Liste des Schreckens|Die Liste des Schreckens]]'' (beide [[LTB 501]]). In letzterer Story wird Donalds legendäre Schuldenliste bei Dagpobert gar als Symbol für die (selten gezeigte) Zuneigung Dagoberts zu Donald und als Deckmantel für Dagoberts Hilfsbereitschaft charakterisiert (Donald hat laut dieser Story zwar eine beträchtliche Schuldenliste, Dagobert würde die Schulden (laut dieser Story!) allerdings niemals einfordern). Auch in der Story ''[[LTB 505: Rezension#Herzlich willkommen!|Herzlich willkommen!]]'' ([[LTB 505]]) wird Dagoberts gefühlvolle Seite gezeigt. Hier werden Dagoberts Schilder vor dem [[Geldspeicher]] wie „Hinfort!“, „Weg da!“ etc. thematisiert. Dabei sagt jemand zu Onkel Dagobert, esmüsse doch auch eine Persongeben, die er damit nicht verscheuchen wolle, woraufhin Dagobert an den [[Donni Duck|kleinen Donald]] denken muss (ergo: er hat Donald lieb, auch wenn er dies selten zeigt). | ||
===Onkel Dagobert in den Abenteuergeschichten=== | === Onkel Dagobert in den Abenteuergeschichten === | ||
====Die Verbundenheit der Figur zum Genre==== | ==== Die Verbundenheit der Figur zum Genre ==== | ||
Abenteuergeschichten nehmen zusammen mit kurzen Gagstorys den großen Raum der Duckgeschichten ein. Dabei ist auffällig, dass Donald stets die Hauptfigur der Kurzgeschichten ist, während Dagobert in den Abenteuergeschichten die führende Rolle spielt. Insofern ist auch gar nicht verwunderlich, dass [[William Van Horn]], der sich in seinen Geschichten meist auf Donald konzentriert, hauptsächlich Kurzgeschichten schreibt, während [[Don Rosa|Rosa]], dessen Lieblingsfigur Dagobert ist, sich auf lange Abenteuergeschichten spezialisiert hat. Da Dagobert fast nur noch in diesen Geschichten die führende Rolle hat, ist der Einfluss des Typus „Abenteuergeschichte“ auf Dagobert größer als der jeder anderen Form und hat erheblich zu seinem Charakterbild beigetragen. | [[Datei:Schatzsuche.jpg|thumb|250px|rechts|Onkel Dagobert und die [[Schatzsuche]], gezeichnet von [[Don Rosa]] (© Egmont Ehapa)]] | ||
Abenteuergeschichten nehmen zusammen mit kurzen Gagstorys den großen Raum der Duckgeschichten ein. Dabei ist auffällig, dass Donald stets die Hauptfigur der Kurzgeschichten ist, während Dagobert in den Abenteuergeschichten die führende Rolle spielt. Insofern ist auch gar nicht verwunderlich, dass [[William Van Horn]], der sich in seinen Geschichten meist auf Donald konzentriert, hauptsächlich Kurzgeschichten schreibt, während [[Don Rosa|Rosa]], dessen Lieblingsfigur Dagobert ist, sich auf lange Abenteuergeschichten spezialisiert hat. Da Dagobert fast nur noch in diesen Geschichten die führende Rolle hat, ist der Einfluss des Typus „Abenteuergeschichte“ auf Dagobert größer als der jeder anderen Form und hat erheblich zu seinem Charakterbild beigetragen. Besonders bemerkenswert sind hier natürlich auch die [[Schatzsuche]]n, zu denen Dagobert massenweise aufbricht, um sich zu bereichern. | |||
Dass Dagobert fast ganz den Bereich der Abenteuergeschichten übernommen hat und [[Donald]] dort nur noch selten bedeutende Rollen einnimmt, mag verwunderlich erscheinen, wo doch Donald in frühen Jahren, als sein reicher Onkel noch nicht erfunden war, die Kategorie der Abenteuergeschichten erfolgreich anführte, und es ist erstaunlich, dass ein alter Mann mit Zwicker, Backenbart und Gehstock von den meisten Autoren passender für Abenteuergeschichten gehalten wird als ein dynamischer „Jungspund“, wenn man ihn so bezeichnen darf. | Dass Dagobert fast ganz den Bereich der Abenteuergeschichten übernommen hat und [[Donald]] dort nur noch selten bedeutende Rollen einnimmt, mag verwunderlich erscheinen, wo doch Donald in frühen Jahren, als sein reicher Onkel noch nicht erfunden war, die Kategorie der Abenteuergeschichten erfolgreich anführte, und es ist erstaunlich, dass ein alter Mann mit Zwicker, Backenbart und Gehstock von den meisten Autoren passender für Abenteuergeschichten gehalten wird als ein dynamischer „Jungspund“, wenn man ihn so bezeichnen darf. | ||
Wenn man sich den frühbark'schen Dagobert aus ''[[Die Mutprobe]]'' ansieht, so ist es offensichtlich, dass dieser Typ nicht als Held einer Abenteuergeschichte fungieren kann. Schon früh wurde für die Abenteuergeschichten sein Charakter abgeändert, und so finden wir in ''[[Das Gespenst | Wenn man sich den frühbark'schen Dagobert aus ''[[Die Mutprobe]]'' ansieht, so ist es offensichtlich, dass dieser Typ nicht als Held einer Abenteuergeschichte fungieren kann. Schon früh wurde für die Abenteuergeschichten sein Charakter abgeändert, und so finden wir in ''[[Das Gespenst von Duckenburgh]]'' keine Anzeichen von der Griesgrämigkeit, die den frühen Dagobert ausmacht. Doch erst nach ''[[Der arme reiche Mann]]'' waren die Abenteuergeschichten, wie wir sie heutzutage von den Ducks kennen, möglich. Gleichzeitig war mit der neuen Uncle-Scrooge-Reihe viel neuer Platz für das Genre. Mit der Zeit entstanden immer mehr Abenteuergeschichten, in denen Dagobert die Hauptrolle spielt, und sie hatten einen dementsprechend großen Einfluss auf ihn. | ||
Die Abenteuergeschichten haben den alten Knauser aus ''Die Mutprobe'' offensichtlich genauso stark mit verändert wie er selbst den Rhythmus und die Erzählweise der Abenteuergeschichten. | Die Abenteuergeschichten haben den alten Knauser aus ''Die Mutprobe'' offensichtlich genauso stark mit verändert wie er selbst den Rhythmus und die Erzählweise der Abenteuergeschichten. | ||
Während Donald meist als ein Tourist in fernen Landen verwendet wurde und so vielseitig einsetzbar war, ist das ganze Streben Dagoberts, zumindest anfangs, auf die Vergrößerung seines Vermögens konzentriert, was einen ebenso zielstrebigen Handlungsablauf bewirkte. Andererseits musste sich auch Dagobert dem neuen Geschichtentyp anpassen, damit sie miteinander harmonieren können. In späteren Geschichten bemerken wir einen neuen Zug im Charakter Dagoberts: die Liebe zum Abenteuer. | Während Donald meist als ein Tourist in fernen Landen verwendet wurde und so vielseitig einsetzbar war, ist das ganze Streben Dagoberts, zumindest anfangs, auf die Vergrößerung seines Vermögens konzentriert, was einen ebenso zielstrebigen Handlungsablauf bewirkte. Andererseits musste sich auch Dagobert dem neuen Geschichtentyp anpassen, damit sie miteinander harmonieren können. In späteren Geschichten bemerken wir einen neuen Zug im Charakter Dagoberts: die Liebe zum Abenteuer. | ||
In vielen Geschichten, insbesondere denen von Rosa, gewinnt Dagobert am Ende der Geschichte gar nicht mal einen Schatz oder verliert sogar welche ( | In vielen Geschichten, insbesondere denen von Rosa, gewinnt Dagobert am Ende der Geschichte gar nicht mal einen Schatz oder verliert sogar welche (siehe ''[[Wiedersehen mit Tralla La]]''). Ein Großteil der Abenteuer hat sich nie für ihn rentiert! | ||
In der Geschichte ''[[Das Geheimnis der verschollenen Mine]]'' lässt Rosa Tick, Trick und Track sagen: „Ein gutes Abenteuer ist ihm allemal wichtiger als die Kohle“. Auch wenn die Aussage im folgenden Teil der Geschichte wieder relativiert wird, trifft es zum Großteil Dagoberts Einstellung zum Abenteuer. | In der Geschichte ''[[Das Geheimnis der verschollenen Mine]]'' lässt Rosa Tick, Trick und Track sagen: „Ein gutes Abenteuer ist ihm allemal wichtiger als die Kohle“. Auch wenn die Aussage im folgenden Teil der Geschichte wieder relativiert wird, trifft es zum Großteil Dagoberts Einstellung zum Abenteuer. | ||
Wie schon weiter oben angemerkt erschien der Dagobert der Kurzgeschichten der frühbarks'schen Zeit anders als in den Abenteuergeschichten. So zeigt der Dagobert in ''Das Gespenst | Wie schon weiter oben angemerkt erschien der Dagobert der Kurzgeschichten der frühbarks'schen Zeit anders als in den Abenteuergeschichten. So zeigt der Dagobert in ''Das Gespenst von Duckenburgh'' keinerlei Anzeichen von Geiz, Missgunst oder Hass. Onkel Dagobert geht durch die Liebe zum Abenteuer in diesem auf. Don Rosa hebt den Abenteurer in ihm als Kern seines Wesens mehr als alle anderen Zeichner hervor („Ich sah den Duck in ihnen [Donald und seinen Neffen], den Durst nach Wissen, Abenteuer und Spaß! Alles wonach auch ich einst suchte, als ich noch meinen Idealen folgte“, sagt Dagobert in ''[[Ein Brief von daheim]]''). | ||
Die Abenteuergeschichten haben einen beträchtlichen Anteil an der Entwicklung seines Charakters vom frühbarks'schen bis zum spätbarks'schen Dagobert gehabt. Durch die Veränderungen im Stil der Abenteuergeschichten sind auch notwendige Veränderungen in seinem Charakter aufgetreten. Viele Umformungen seines Charakters auf die Art der Geschichte haben ihn vielschichtiger werden lassen und dadurch paradoxerweise ein kompakteres, abgeschlosseneres Bild von ihm geschaffen. | Die Abenteuergeschichten haben einen beträchtlichen Anteil an der Entwicklung seines Charakters vom frühbarks'schen bis zum spätbarks'schen Dagobert gehabt. Durch die Veränderungen im Stil der Abenteuergeschichten sind auch notwendige Veränderungen in seinem Charakter aufgetreten. Viele Umformungen seines Charakters auf die Art der Geschichte haben ihn vielschichtiger werden lassen und dadurch paradoxerweise ein kompakteres, abgeschlosseneres Bild von ihm geschaffen. | ||
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Peter Mühlbauer bewertet die Rolle der Abenteuergeschichten folgendermaßen: „Waren die Duck-Geschichten früher auf den Konflikt zwischen den drei Neffen und ihrem Onkel Donald konzentriert, so eröffnete die neue Figur auch ganz neue Möglichkeiten mit denen die Geschichten zu [[Indiana Jones]] und James Bond gleichzeitig werden konnten: Bizarre Exotik und noch bizarrere Technologie.“<ref name="heise"/> | Peter Mühlbauer bewertet die Rolle der Abenteuergeschichten folgendermaßen: „Waren die Duck-Geschichten früher auf den Konflikt zwischen den drei Neffen und ihrem Onkel Donald konzentriert, so eröffnete die neue Figur auch ganz neue Möglichkeiten mit denen die Geschichten zu [[Indiana Jones]] und James Bond gleichzeitig werden konnten: Bizarre Exotik und noch bizarrere Technologie.“<ref name="heise"/> | ||
====Gestaltung der Abenteuergeschichten==== | ==== Gestaltung der Abenteuergeschichten ==== | ||
Die Abenteuergeschichte hat eine lange Tradition im Disneykosmos und ist fast so alt wie Dagobert selbst. Mit der Zeit haben sich gewisse Schemen mit häufig wiederkehrenden Elementen entwickelt, sodass die Abenteuergeschichte mit Dagobert einen bestimmten Charakter erhalten hat. | Die Abenteuergeschichte hat eine lange Tradition im Disneykosmos und ist fast so alt wie Dagobert selbst. Mit der Zeit haben sich gewisse Schemen mit häufig wiederkehrenden Elementen entwickelt, sodass die Abenteuergeschichte mit Dagobert einen bestimmten Charakter erhalten hat. | ||
Barks, der für die ersten Abenteuergeschichten mit Dagobert verantwortlich ist, hatte ein besonderes Faible für Geschichte und so fließen in die ersten Abenteuergeschichten viele historische Elemente (wie die Eroberung Amerikas durch die Spanier in ''Die Sieben Städte von Cibola''). Auch Sagen und Mythen fanden in großer Zahl Eingang in die Geschichten (z.B. ''Das goldene Vlies'', sehr interessant auch die Geschichte ''Der magische Hammer von Walhalla'', die zu beweisen versucht, dass es die Sagenhelden wirklich gibt). Diese Betonung des Alten, Historischen, Sagenhaften hängt eng mit Dagoberts Charakter zusammen, der persönlich viel mehr mit der Vergangenheit verbunden ist als zum Beispiel sein Neffe Donald. | Barks, der für die ersten Abenteuergeschichten mit Dagobert verantwortlich ist, hatte ein besonderes Faible für Geschichte und so fließen in die ersten Abenteuergeschichten viele historische Elemente (wie die Eroberung Amerikas durch die Spanier in ''[[Die Sieben Städte von Cibola]]''). Auch Sagen und Mythen fanden in großer Zahl Eingang in die Geschichten (z.B. ''[[Das goldene Vlies]]'', sehr interessant auch die Geschichte ''[[Der magische Hammer von Walhalla]]'', die zu beweisen versucht, dass es die Sagenhelden wirklich gibt). Diese Betonung des Alten, Historischen, Sagenhaften hängt eng mit Dagoberts Charakter zusammen, der persönlich viel mehr mit der Vergangenheit verbunden ist als zum Beispiel sein Neffe Donald. | ||
Während bei Barks jedoch die Verwandtschaft in den meisten Fällen bereitwillig mithilft, wird insbesondere Donald in Italien von Dagobert gezwungen mitzugehen (häufig mit seiner Schuldenliste) oder trickst ihn aus. Ein weiteres Merkmal sind die merkwürdigen Fortbewegunsmittel, die Dagobert auf Reisen benutzt. Wenngleich sich in den italienischen Geschichten genauso historische Anleihen finden, sind diese oft freier und weniger bedeutend – in Übereinstimmung zu dem wesentlich gegenwartsorientierteren italienischen Dagobert. | Während bei Barks jedoch die Verwandtschaft in den meisten Fällen bereitwillig mithilft, wird insbesondere Donald in Italien von Dagobert gezwungen mitzugehen (häufig mit seiner Schuldenliste) oder trickst ihn aus. Ein weiteres Merkmal sind die merkwürdigen Fortbewegunsmittel, die Dagobert auf Reisen benutzt. Wenngleich sich in den italienischen Geschichten genauso historische Anleihen finden, sind diese oft freier und weniger bedeutend – in Übereinstimmung zu dem wesentlich gegenwartsorientierteren italienischen Dagobert. | ||
===Vorlieben und Leiden=== | === Vorlieben und Leiden === | ||
[[Bild:Dago01 hineinspringen.JPG|250px|thumb|Wie ein Seehund hineinspringen...]] | [[Bild:Dago01 hineinspringen.JPG|250px|thumb|Wie ein Seehund hineinspringen...]] | ||
Er pflegt – meist früh morgens – ein erquickendes Bad in seinem [[Geld]] zu nehmen: Er liebt es, „wie ein Seehund hineinzuspringen, wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen und es in die Luft zu werfen“, dass es ihm „auf die Glatze prasselt“. | Er pflegt – meist früh morgens – ein erquickendes Bad in seinem [[Geld]] zu nehmen: Er liebt es, „wie ein Seehund hineinzuspringen, wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen und es in die Luft zu werfen“, dass es ihm „auf die Glatze prasselt“. | ||
Leider führt der ständige Kontakt zu seinem Geld oft auch zu gesundheitlichen Problemen. So hat der Multimilliardär oft auch unter [[Geld#Nachteile von großen Vermögen|Geldkrankheiten]] wie der „Goldallergie“ zu leiden. Sie verbieten oft den Kontakt mit Geld oder machen ihn lebensnotwendig. | Leider führt der ständige Kontakt zu seinem Geld oft auch zu gesundheitlichen Problemen. So hat der Multimilliardär oft auch unter [[Geld#Nachteile von großen Vermögen|Geldkrankheiten]] wie der „Goldallergie“ zu leiden. Sie verbieten oft den Kontakt mit Geld oder machen ihn lebensnotwendig. Auch an Gedächtnisschwächen wie „Perduftia spiriti“ (engl. „blinkus of the thinkus“) leidet Dagobert in einigen Geschichten (''[[Wiedersehn mit Klondike]]''). Außerdem kann es passieren, dass der ganze Goldstaub seine Poren verstopft, wie er in ''[[Die Kohldampf-Insel]]'' erfahren muss. | ||
Auch an Gedächtnisschwächen wie „Perduftia spiriti“ (engl. „blinkus of the thinkus“) leidet Dagobert in einigen Geschichten (''[[Wiedersehn mit Klondike]]''). | |||
Eine Krankheit anderer Art, eine realistische Erkrankung, die nicht in den Comics ausdrücklich erwähnt wird, aber deren Anzeichen sehr oft auftauchen, ergibt sich ebenfalls aus seiner physischen Bindung zu seinem Geld. Man kann in gewissem Sinne von infantilen, verspielten, „quasi erotischen Ausführungen [seines Umgangs mit Geld] (‚Money feels so good and smells so good! It's the only thing in the world that I can never get enough‘)“ sprechen, die laut Henner Löffler sogar „eine neurotische Zwangsfixierung“ vermuten lassen. | Eine Krankheit anderer Art, eine realistische Erkrankung, die nicht in den Comics ausdrücklich erwähnt wird, aber deren Anzeichen sehr oft auftauchen, ergibt sich ebenfalls aus seiner physischen Bindung zu seinem Geld. Man kann in gewissem Sinne von infantilen, verspielten, „quasi erotischen Ausführungen [seines Umgangs mit Geld] (‚Money feels so good and smells so good! It's the only thing in the world that I can never get enough‘)“ sprechen, die laut Henner Löffler sogar „eine neurotische Zwangsfixierung“ vermuten lassen. | ||
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Hingegen erscheint sein Rheumatismus, über den Dagobert öfters klagt, bei einer Ente in seinem Alter, die in ihrem Leben (körperlich) hart arbeiten musste, eher normal. | Hingegen erscheint sein Rheumatismus, über den Dagobert öfters klagt, bei einer Ente in seinem Alter, die in ihrem Leben (körperlich) hart arbeiten musste, eher normal. | ||
===Empfohlene Primärliteratur=== | === Empfohlene Primärliteratur === | ||
Die meisten Geschichten, die hier aufgezählt werden, wurden bereits im Absatz „Charakter“ erwähnt. Hier lediglich eine Aufzählung der wichtigsten Geschichten, die nötig sind, um sich ein vollständiges Bild der Ente machen zu können. | Die meisten Geschichten, die hier aufgezählt werden, wurden bereits im Absatz „Charakter“ erwähnt. Hier lediglich eine Aufzählung der wichtigsten Geschichten, die nötig sind, um sich ein vollständiges Bild der Ente machen zu können. | ||
*[[Der arme reiche Mann]] ( | *''[[Die Mutprobe]]'' („Christmas on Bear Mountain“, 1947, [[Carl Barks]], der erste Auftritt, hier bekommt man den frühen Dagobert zu sehen) | ||
*''[[Der arme reiche Mann]]''(„Only a Poor Old Man“, 1952, [[Carl Barks]], eine Charakterstudie, in der Barks zum ersten Mal ein neues Bild der Ente vermitteln wollte) | |||
*[[Wiedersehn mit Klondike]] ( | *''[[Wiedersehn mit Klondike]]'' („Back to the Klondike“, 1953, [[Carl Barks]], beschreibt Onkel Dagoberts Begegnung mit [[Nelly]] in seinen Jugendjahren) | ||
*''[[Der zweitreichste Mann der Welt]]'' („The Second-Richest Duck“, 1956, [[Carl Barks]], erster Auftritt [[Mac Moneysac]]s als „zweites Ich“ Dagoberts) | |||
*[[Der zweitreichste Mann der Welt]] ( | *''[[Moderne Zeiten]]'' (Kein Titel im Original, 1956, [[Carl Barks]], thematisiert Dagoberts Verhältnis zum Fortschritt) | ||
*''[[Sein Leben, seine Milliarden]]'' („The Life and Times of Scrooge McDuck“, 1992, [[Don Rosa]], Dagoberts Lebensgeschichte, die die Entwicklung seines Charakters zeigt) | |||
*[[Moderne Zeiten]] (Carl Barks | *''[[Ein Brief von daheim]]'' („A Letter from Home/The Old Castle's OTHER Secret“, 2004, [[Don Rosa]], Dagobert wird durch seine Schwester mit seiner Vergangenheit konfrontiert) | ||
*[[Ein Brief von daheim]] ( | |||
==Das größte Vermögen der Welt== | == Das größte Vermögen der Welt == | ||
[[Bild:DagobertsVermögen.jpg|300px|thumb|right|Dagoberts Vermögen (50 Oktillionen Taler), die Angaben variieren allerdings laufend (© Disney)]] | [[Bild:DagobertsVermögen.jpg|300px|thumb|right|Dagoberts Vermögen (50 Oktillionen Taler), die Angaben variieren allerdings laufend (© Disney)]] | ||
Das riesige Vermögen, welches er heute in dem extra dafür gebauten, ja erfundenen [[Geldspeicher]] lagert, verdiente und verdient er in zahlreichen Gebieten der Erde auf unterschiedlichste Art und Weise. Einst sogar auf illegale, das gehöre aber nach einem besonderen Erlebnis der Vergangenheit an, so Don Rosa. | Das riesige Vermögen, welches er heute in dem extra dafür gebauten, ja erfundenen [[Geldspeicher]] lagert, verdiente und verdient er in zahlreichen Gebieten der Erde auf unterschiedlichste Art und Weise. Einst sogar auf illegale, das gehöre aber nach einem besonderen Erlebnis der Vergangenheit an, so Don Rosa. | ||
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Eine weitere Relativierung erfährt die politische Einordnung der Figur ''Onkel Dagobert'' durch die vielen Zeichner, die Barks’ Figur inzwischen übernommen und weiterentwickelt haben.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-2.html Jochen Bölsche: Das Ende einer Ente], Teil 2 und 3, Spiegel Online, 28.07.2009, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Diese lassen die von Barks’ Dagobert verkörperten amerikanisch-konservativen Werte insgesamt in den Hintergrund rücken.<ref>Vgl. Russell W. Belk: Material Values in Comics: A Content Analysis of Comic Books Featuring Themes of Wealth, in: Journal of Consumer Research Vol. 14 (1987), No. 1, S. 26–42 (S. 35 f.)</ref> Don Rosa etwa zeige in der Geschichte ''The Treasure of the Ten Avatars'' „einen vorbildlichen Unternehmer […], dem vor allem daran gelegen ist, andere Menschen in Lohn und Brot zu setzen.“<ref>Vgl. [[Andreas Platthaus]]: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4–7 (S. 5).</ref> Seine Dagobert-Biografie [[Sein Leben, seine Milliarden]] sei eine „dringend notwendige Imagekampagne für den Milliardär und Bankier an sich“.<ref name="SPIEGEL"/> Zudem sei die Diskussion darüber, ob durch Dagobert der Kapitalismus nicht allzu sympathisch erscheine laut, Volkhard App, mittlerweile verstummt: „Comics werden, anders als in den siebziger Jahren, nicht mehr ideologiekritisch abgeklopft.“<ref name="deutschlandradio"/> <ref name="WP"/> | Eine weitere Relativierung erfährt die politische Einordnung der Figur ''Onkel Dagobert'' durch die vielen Zeichner, die Barks’ Figur inzwischen übernommen und weiterentwickelt haben.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/a-640630-2.html Jochen Bölsche: Das Ende einer Ente], Teil 2 und 3, Spiegel Online, 28.07.2009, abgerufen am: 05.12.2018</ref> Diese lassen die von Barks’ Dagobert verkörperten amerikanisch-konservativen Werte insgesamt in den Hintergrund rücken.<ref>Vgl. Russell W. Belk: Material Values in Comics: A Content Analysis of Comic Books Featuring Themes of Wealth, in: Journal of Consumer Research Vol. 14 (1987), No. 1, S. 26–42 (S. 35 f.)</ref> Don Rosa etwa zeige in der Geschichte ''The Treasure of the Ten Avatars'' „einen vorbildlichen Unternehmer […], dem vor allem daran gelegen ist, andere Menschen in Lohn und Brot zu setzen.“<ref>Vgl. [[Andreas Platthaus]]: Herzlichen Glückwunsch, Herr Duck!, in: 60 Jahre Onkel Dagobert, S. 4–7 (S. 5).</ref> Seine Dagobert-Biografie [[Sein Leben, seine Milliarden]] sei eine „dringend notwendige Imagekampagne für den Milliardär und Bankier an sich“.<ref name="SPIEGEL"/> Zudem sei die Diskussion darüber, ob durch Dagobert der Kapitalismus nicht allzu sympathisch erscheine laut, Volkhard App, mittlerweile verstummt: „Comics werden, anders als in den siebziger Jahren, nicht mehr ideologiekritisch abgeklopft.“<ref name="deutschlandradio"/> <ref name="WP"/> | ||
== Literatur == | |||
Die wichtigsten Comics rund um Dagobert Duck: | |||
*''[[Die Mutprobe]]'', [[Carl Barks]] | |||
*''[[Der arme reiche Mann]]'', [[Carl Barks]] | |||
*''[[Wiedersehn mit Klondike]]'', [[Carl Barks]] | |||
*''[[Sein Leben, seine Milliarden]]'', [[Don Rosa]] | |||
==Quellen== | ==Quellen== |