LTB 36: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
Tippfehler korrigiert Markierungen: Mobile Bearbeitung Mobile Web-Bearbeitung |
||
(4 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 12: | Zeile 12: | ||
''„Ich habe Bobo konstruiert, weil ich einen Handlanger brauche. Und für einen Handlanger genügt eine Hand!“'' (Mister Moster) | ''„Ich habe Bobo konstruiert, weil ich einen Handlanger brauche. Und für einen Handlanger genügt eine Hand!“'' (Mister Moster) | ||
{{gut}} Über ein Fahndungsplakat, das 10.000 Taler dem verspricht, der mithilft einen mysteriösen Verbrecher zu fassen („Bekannt als: Mann ohne Gesicht oder die ungreifbare Hand“), kommt [[Donald]] zunächst dessen Opfern auf die Spur: einer Baronin, der eine Perlenkette und falsche Zähne, sowie einem Mr. Smith und einem Chinesen namens Ciao Tse Lin, denen jeweils ein größerer Geldbetrag geraubt wurde. Seltsamerweise taucht das Diebesgut wieder auf, aber zum Beispiel die Taler mit immer derselben Seriennummer. Donald schafft es, bei seiner letzten Station vor der Rückgabe der Wertsachen am Platz zu sein und springt geistesgegenwärtig auf das Dach eines davonfahrenden Autos. Er gelangt so als Gefangener in ein Haus, in dem ein Mister Moster seine Experimente betreibt. Er hat nicht nur die Hand Bobo konstruiert, die für ihn die Verbrechen vollbrachte, sondern auch drei Duplikatoren: Einen für Geldscheine, einen für Gegenstände und einen für lebende Personen. Donald ist nun natürlich Versuchskarnickel, und die [[Tick, Trick und Track|Kinder]] staunen und stöhnen nicht schlecht, als nun gleich zwei despotische, schlechtgelaunte Onkels nach Hause zurückkehren, die genau identisch zu sein scheinen. [[Daniel Düsentrieb]] schafft es trotzdem, mittels eines Lügendetektors und eines Wunderwässerchens, das Fälschungen verschwinden lässt, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Zuletzt gehen dem (nunmehr also doppelgängerlosen) Donald noch 25.000 Taler verloren, als er sich weigert, seinem Vetter [[Gustav]] bei der Bergung einer Briefträgertasche zu helfen, in dem ein besonders wertvoller Taler steckt, der eigentlich [[Dagobert]] hätte zugesandt werden sollen. Da kann man schon mal seinen Kopf gegen einen Baumstamm rammen: „Ich Depp!“ | {{gut}} Über ein Fahndungsplakat, das 10.000 Taler dem verspricht, der mithilft einen mysteriösen Verbrecher zu fassen („Bekannt als: Mann ohne Gesicht oder die ungreifbare Hand“), kommt [[Donald]] zunächst dessen Opfern auf die Spur: einer Baronin, der eine Perlenkette und falsche Zähne, sowie einem Mr. Smith und einem Chinesen namens Ciao Tse Lin, denen jeweils ein größerer Geldbetrag geraubt wurde. Seltsamerweise taucht das Diebesgut wieder auf, aber zum Beispiel die Taler mit immer derselben Seriennummer. Donald schafft es, bei seiner letzten Station vor der Rückgabe der Wertsachen am Platz zu sein und springt geistesgegenwärtig auf das Dach eines davonfahrenden Autos. Er gelangt so als Gefangener in ein Haus, in dem ein Mister Moster seine Experimente betreibt. Er hat nicht nur die Hand Bobo konstruiert, die für ihn die Verbrechen vollbrachte, sondern auch drei Duplikatoren: Einen für Geldscheine, einen für Gegenstände und einen für lebende Personen. Donald ist nun natürlich Versuchskarnickel, und die [[Tick, Trick und Track|Kinder]] staunen und stöhnen nicht schlecht, als nun gleich zwei despotische, schlechtgelaunte Onkels nach Hause zurückkehren, die genau identisch zu sein scheinen. [[Daniel Düsentrieb]] schafft es trotzdem, mittels eines Lügendetektors und eines Wunderwässerchens, das Fälschungen verschwinden lässt, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Zuletzt gehen dem (nunmehr also doppelgängerlosen) Donald noch 25.000 Taler verloren, als er sich weigert, seinem Vetter [[Gustav]] bei der Bergung einer Briefträgertasche zu helfen, in dem ein besonders wertvoller Taler steckt, der eigentlich [[Dagobert]] hätte zugesandt werden sollen. Da kann man schon mal seinen Kopf gegen einen Baumstamm rammen: „Ich Depp!“... | ||
[[Bild:LTB_036-1.jpg|left|thumb|500px|Schwierige Familienaufstellung in Martina/G.B.Carpis "Der mysteriöse Mister Moster" (© Egmont Ehapa)]] | [[Bild:LTB_036-1.jpg|left|thumb|500px|Schwierige Familienaufstellung in Martina/G.B.Carpis "Der mysteriöse Mister Moster" (© Egmont Ehapa)]] | ||
Zeile 23: | Zeile 23: | ||
{{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen… | {{hl}} Überraschend bekommt Krimi-Fan [[Donald]] ein Jobangebot von seinem Onkel [[Dettmar]], dem das Boulevardblatt „Der rasende Kurier“ gehört: Er soll mehr über ein Mitglied des „balkanischen Kochzirkels“ herausbekommen, von dem Dettmar überzeugt ist, dass er kein gewöhnlicher Koch ist. Doch nicht nur er ist an dem Mann interessiert: In einem anderen Teil der Stadt wird zeitgleich seine Entführung geplant. Donald, der seine Zielperson aufmerksam verfolgt, erlebt in einer Konditorei mit, wie sie gekidnappt wird; es gelingen ihm aber noch einige Filmaufnahmen vom Wagen der Entführer. Bereits wenig später ist die Sonderausgabe des „Kuriers“ gedruckt: „Ausländer entführt!“ Als dann bald darauf auch noch eine rätselhafte Löse“geld“forderung eingeht – 500000 Portionen Krebse in Burgunder für die Freilassung des Balkaniers – kommen Donald und die anderen Reporter Dettmars aber nicht weiter, was das Blatt in eine veritable Vertrauens- und Auflagenkrise stürzt. [[Onkel Dagobert]] will die Zeitung schon lange haben und drängt in dieser schwierigen Situation seinen Bruder Dettmar zum Verkauf. [[Tick, Trick und Track]], die sich von Dettmar vor seiner Entscheidung 24 Stunden Zeit erbitten, verfolgen andere Spuren und stoßen dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schließlich werden sie auf einer Großaufnahme aus dem von Donald gedrehten Film fündig: Der Balkanier und seine Entführer lächeln sich an. Die Schlussfolgerung: Die Entführung geschah einvernehmlich, war also fingiert. Zur Auflösung des Falles bitten die Neffen – ganz kurz vor Ablauf der 24 Stunden – Donald, Dettmar und Dagobert in den Filmvorführraum der Zeitung und decken das ganze Geheimnis auf: Bei dem „Entführten“ handelt es sich um Professor Bratislav, den Erfinder einer revolutionären Konservierungsmethode für Krebse in Burgunder. Der Professor wollte gerne emigrieren, aber seine Regierung erlaubte das nicht. Damit seiner Katze in der Heimat nichts passiert, griffen er und sein neuer Arbeitgeber in der neuen Heimat, der an den Koch- und Konservierungskünsten Bratislavs interessiert war, zu der Finte mit der fingierten Entführung und Erpressung. In den Hallen des Fabrikanten drehten Tick, Trick und Track einen Film, der den Urheber der falschen Entführung mit Bratislav zeigt und somit überführt: Es ist Dagobert! Da auch dieser sich wenig hat zu Schulden kommen lassen – denn immerhin half er dem Balkanier nur bei seinem Wunsch zu emigrieren, die Chance mit der Zeitung ergab sich nur nebenbei – kommen alle Protagonisten am Ende zu einem harmonischen Festgelage zusammen… | ||
[[Bild:LTB_036-2.jpg|right|thumb| | [[Bild:LTB_036-2.jpg|right|thumb|270px|Der wie die Leser zu diesem Zeitpunkt noch völlig ratlose Zeitungskönig Onkel Dettmar in "Donald und die Krebse in Burgunder" (© Egmont Ehapa)]] | ||
Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST) | Der erste von [[Romano Scarpa]] sowohl geschriebene als auch gezeichnete Comic erschien Anfang 1956 in zwei Teilen in zwei aufeinanderfolgenden Heften des [[Topolino]], der italienischen „Micky Maus“. Und wenn man in Kenntnis des Autor-Zeichners Scarpa der folgenden Jahre dieses Werk begutachtet, kann man nur sagen: Schon 1956 war bei Scarpa „alles da“: Bild- und Wortwitz, Charaktere, Handlungsführung, Spannung, Raffinement, filmaffine Montagetechniken, sowie die für diesen italienischen Disney-Künstler so typische Empathie. Scarpa hatte sich bereits volle drei Jahre mit dem Skript beschäftigt und es dabei mehrfach überarbeitet, doch der Verlag [[Mondadori]] ließ Scarpa zunächst einige Skripte anderer Autoren umsetzen, bevor er mit seiner eigenen Story zum Zuge kam. So ein langer Vorlauf wäre beim späteren Produktionsdruck nicht mehr vorstellbar gewesen, doch man merkt dem Endergebnis „Krebse in Burgunder“ das liebevolle Feilen an Kleinigkeiten heute noch an. Als 1961 ein [[I Classici di Walt Disney|I Classici]]-Band den Kriminalfällen der Ducks („I Gialli“ – „die Gelben“ – ist ein italienischer Begriff für Kriminalgeschichten) gewidmet wurde, war der Rückgriff auf diesen Erstling Scarpas eine logische Wahl. Bereits die ersten beiden Seiten (S. 73/74) spielen exquisit und leichtfüßig mit dem damals noch zwielichtigeren Image dieser Form der Unterhaltungsliteratur: Donald „verschlingt“ geradezu, vor Aufregung schwitzend, einen Kriminalroman des Autors „Edgar Spallace“. Doch das ist ihm offensichtlich etwas peinlich, und als seine Neffen aus dem Polizeibericht des „Rasenden Kuriers“ vorlesen, nimmt er selbst instinktiv die „Hände hoch!“, kaschiert das aber, indem er vorgibt, gerade seine Morgengymnastik zu beginnen. Als Erziehungsberechtigter sorgt er sich vorgeblich um das sittliche Wohl seiner Neffen, nimmt ihnen dieses „Revolverblatt“ weg und zerreißt es demonstrativ. Alles Fassade: Er reagiert extrem begeistert, als Onkel Dettmar („eine Schande, daß einer unserer Verwandten so ein Blatt herausgibt“) ihm telefonisch eine Arbeit für diese Zeitung anbietet: „Ich habe schon immer davon geträumt…“ (S. 75) Eine weitere interessante Ebene dieses Werks ergibt sich aus der Spionage-Handlung. Mitten im Kalten Krieg wählt Scarpa als Protagonisten dieses globalpolitischen Konfliktes einen sanften Dissidenten, geradezu einen Künstler am Herd, dem der Hyperkapitalist Dagobert – natürlich „im Einvernehmen mit unserer Regierung“ – bei seinen Ausreiseplänen unter die Arme greift. Man vergleiche diesen Ansatz bei einem italienischen Autor mit [[Carl Barks]], der etwa ein Jahr später mit den „Brutopiern“ eher die menschenunwürdige, kalte und machtbesessene Seite des Kommunismus herausarbeitet und sich damit ganz auf die Seite der eigenen US-amerikanischen Propaganda schlägt. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST) | ||
Einen ausführlichen enzyklopädischen Artikel zum Scarpa-Klassiker „Krebse in Burgunder“ mit einer Fülle weiterer Hintergründe bietet die Duckipedia [[Krebse in Burgunder|hier]]. | Einen ausführlichen enzyklopädischen Artikel zum Scarpa-Klassiker „Krebse in Burgunder“ mit einer Fülle weiterer Hintergründe bietet die Duckipedia [[Krebse in Burgunder|hier]]. | ||
[[Bild:LTB_036-3.jpg|left|thumb||510px|Donald beginnt den Spaß an seinen Weidegründen zu verlieren in Martina/Bottaros "Donald und die indianische Erbschaft" (© Egmont Ehapa)]] | |||
== Donald und die indianische Erbschaft == | == Donald und die indianische Erbschaft == | ||
''„Verstanden? Man jagt nicht, sondern kauft sich Lebensmittel!“ – „Hugh! Barbarische Sitten!“'' (Donald und eines seiner Ziehkinder) | ''„Verstanden? Man jagt nicht, sondern kauft sich Lebensmittel!“ – „Hugh! Barbarische Sitten!“'' (Donald und eines seiner Ziehkinder) | ||
{{mm}} [[Donald]] wird von seinem [[Onkel Dagobert]] mit einer Arbeit als Kundschafter für eine neue Eisenbahnlinie beauftragt und erhält dafür 50 Taler Vorschuss. Als er aber eine größere Summe als Trostpreis vom Entenhausener Fernsehen gewinnt und außerdem in eine Erbschaft einwilligt, die ihn in den Besitz von ausgedehnten Weidegebieten bringt, ist dieser Auftrag schnell vergessen. Doch das Blatt wendet sich wiederum schnell: Zur Erbschaft gehört die Verpflichtung, eine Indianersippe von neun Brüdern zu adoptieren, die bereits in Donalds Vorgarten ihre Zelte aufgeschlagen hat. Gemeinsam – [[Tick, Trick und Track]] sind natürlich auch mit von der Partie – fährt man in die Weidegebiete, die sich bei näherer Betrachtung als große Enttäuschung entpuppen: Sie befinden sich auf einer extrem schwer zu erklimmenden Bergspitze, und auch mit den dort weidenden Ziegen wird Donald so schwer warm, dass die Brüder langsam beginnen, an ihrem Adoptivvater zu zweifeln. In der Zwischenzeit hat Dagobert einen neuen Kundschafter für sein Bauvorhaben gefunden: Vetter [[Gustav]]. Wie der Zufall so spielt, würde die Eisenbahnlinie durch Donalds Berg führen. Im Irrglauben, er würde dort Gold finden, lässt Donald seine „Kinder“ durch den Berg graben. Schließlich überschreibt Donald auch noch die ungeliebte Erbschaft an Gustav, der auch mit den Indianern und ihren Tieren weit besser klarkommt. Nun kann Gustav den Berg samt fertigen Eisenbahntunnel an Dagobert übergeben, außerdem finden sich in den benachbarten Sümpfen noch ergiebige Erdölvorkommen. Donald aber muss mit den Kindern dafür, dass er 50 Taler erhalten hatte, wofür er nie eine Gegenleistung erbrachte, sämtliche Nieten auf den Eisenbahnschienen polieren, dass sie nur so glänzen… | {{mm}} [[Donald]] wird von seinem [[Onkel Dagobert]] mit einer Arbeit als Kundschafter für eine neue Eisenbahnlinie beauftragt und erhält dafür 50 Taler Vorschuss. Als er aber eine größere Summe als Trostpreis vom Entenhausener Fernsehen gewinnt und außerdem in eine Erbschaft einwilligt, die ihn in den Besitz von ausgedehnten Weidegebieten bringt, ist dieser Auftrag schnell vergessen. Doch das Blatt wendet sich wiederum schnell: Zur Erbschaft gehört die Verpflichtung, eine Indianersippe von neun Brüdern zu adoptieren, die bereits in Donalds Vorgarten ihre Zelte aufgeschlagen hat. Gemeinsam – [[Tick, Trick und Track]] sind natürlich auch mit von der Partie – fährt man in die Weidegebiete, die sich bei näherer Betrachtung als große Enttäuschung entpuppen: Sie befinden sich auf einer extrem schwer zu erklimmenden Bergspitze, und auch mit den dort weidenden Ziegen wird Donald so schwer warm, dass die Brüder langsam beginnen, an ihrem Adoptivvater zu zweifeln. In der Zwischenzeit hat Dagobert einen neuen Kundschafter für sein Bauvorhaben gefunden: Vetter [[Gustav]]. Wie der Zufall so spielt, würde die Eisenbahnlinie durch Donalds Berg führen. Im Irrglauben, er würde dort Gold finden, lässt Donald seine „Kinder“ durch den Berg graben. Schließlich überschreibt Donald auch noch die ungeliebte Erbschaft an Gustav, der auch mit den Indianern und ihren Tieren weit besser klarkommt. Nun kann Gustav den Berg samt fertigen Eisenbahntunnel an Dagobert übergeben, außerdem finden sich in den benachbarten Sümpfen noch ergiebige Erdölvorkommen. Donald aber muss mit den Kindern dafür, dass er 50 Taler erhalten hatte, wofür er nie eine Gegenleistung erbrachte, sämtliche Nieten auf den Eisenbahnschienen polieren, dass sie nur so glänzen… | ||
Zeile 43: | Zeile 43: | ||
''„Eine sonderbare Erbschaft!“'' (Donald) | ''„Eine sonderbare Erbschaft!“'' (Donald) | ||
{{mm}} Vor Jahrzehnten ließ [[Dagobert Duck]] seinen Kompagnon beim Goldschürfen, den „Roten Tonio“, während eines Indianerüberfalls im Stich. Zuvor hatten die beiden vertraglich vereinbart, ihr Vermögen jetzt, in Zukunft und immerdar zu teilen. Nun wird Dagobert zu einer Testamentseröffnung gebeten. Der Rote Tonio war den Indianern offenbar entkommen und hatte sich als „großer Sarani“ eine neue Existenz als Unternehmer, unter anderem als | {{mm}} Vor Jahrzehnten ließ [[Dagobert Duck]] seinen Kompagnon beim Goldschürfen, den „Roten Tonio“, während eines Indianerüberfalls im Stich. Zuvor hatten die beiden vertraglich vereinbart, ihr Vermögen jetzt, in Zukunft und immerdar zu teilen. Nun wird Dagobert zu einer Testamentseröffnung gebeten. Der Rote Tonio war den Indianern offenbar entkommen und hatte sich als „großer Sarani“ eine neue Existenz als Unternehmer, unter anderem als Eigner des größten Zirkusses der Welt, aufgebaut. Das Testament stellt Dagobert den Zugriff auf einige Milliarden aus dem Vermögen des Verstorbenen in Aussicht. Doch dazu müsse Dagobert in Begleitung des ärmsten und heruntergekommensten Einwohners der Stadt nach Sarani-City in Texas kommen. An diesen Armen zu gelangen, erweist sich als gar nicht so einfach, weil der große Sarani weitere Legate den Armen zugedacht hatte, die dadurch nun schlicht und einfach nicht mehr arm bzw. zum Urlaub am Meer sind. Dagobert gelingt es durch Hartnäckigkeit und Skrupellosigkeit allerdings, seinen Neffen [[Donald]] so arm und heruntergekommen zu machen, dass er geeignet ist, die Reise mit ihm anzutreten. Sarani-City erweist sich als wahre Zirkusstadt mit Affen, Clowns, Tigern und Indianern. Schließlich wird der letztgültige Wille des roten Tonio aufgefunden: Anbei liegt der alte Vertrag über die Vermögensteilung – Begünstigter ist der begleitende Arme. Donald begnügt sich aber mit den 1000 Talern, die ihm der Erblasser mit in den Umschlag gesteckt hat, um Anwaltskosten für den vielleicht nötigen Rechtsstreit mit dem „alten Gauner“ bezahlen zu können. Dagobert hat das Nachsehen, Donald macht mit den Kindern entspannte Kanuferien im Indianerreservat… | ||
Nach den ersten Zeichnungen Luciano Bottaros für Disney gibt es als Zugabe noch den ersten Leistungsnachweis [[Giulio Chierchini]]s aus dem Jahr 1957. Mit der Stimme der Kritik: Mit Chierchini stand [[Guido Martina]] nun ein Zeichner zur Verfügung, der wie kein anderer geeignet war, seine Gewaltphantasien in Bilder umzusetzen. Beim frühen Chierchini haben die Figuren noch von einem Panel aufs andere gar plötzlich Waffen in den Händen – Messer, Schwerter, Morgensterne, Schilde –, welche die Handgreiflichkeiten symbolisieren. Die gewachsene Spannbreite von Erzählansätzen innerhalb der italienischen Entenwelt zeigt sich in der Zahl der Gewaltszenen. Bei Chierchini sind es 40 Panels oder mehr, in denen es zu Handgemenge oder solchem Waffengerassel kommt. In Scarpas „Krebsen in Burgunder“ gibt es nur sechs Panels, in denen sich Figuren überhaupt „körperlich begegnen“ – und nur drei davon können auf Aggressivität im engeren Sinne zurückgeführt werden, wobei eine Szene sogar noch geschwärzt ist (S. 118). Übrig bleiben eigentlich nur Donalds Rauswurf beim „Kurier“ auf S. 76 und Donalds „Angriff“ auf den berühmten Mathematiker auf S. 95. Scarpa und Martina/Chierchini stehen zueinander wie Raffinement gegen Knalleffekt. Doch letzterer Ansatz hat ja durchaus zu Recht auch seinen Platz im Duck-Universum behauptet. Dabei ist ja noch gar nicht die Rede gewesen von der äußersten Gemeinheit Dagoberts gegen seinen Neffen, ihn aus komplett selbstsüchtigen Zwecken sozial vernichten zu wollen. Doch es gehört zu den Vorzügen dieses gelegentlich durchaus interessant gestrickten Plots, dass Dagobert am Ende gestraft und der gebeutelte Donald belohnt wird. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST) | Nach den ersten Zeichnungen Luciano Bottaros für Disney gibt es als Zugabe noch den ersten Leistungsnachweis [[Giulio Chierchini]]s aus dem Jahr 1957. Mit der Stimme der Kritik: Mit Chierchini stand [[Guido Martina]] nun ein Zeichner zur Verfügung, der wie kein anderer geeignet war, seine Gewaltphantasien in Bilder umzusetzen. Beim frühen Chierchini haben die Figuren noch von einem Panel aufs andere gar plötzlich Waffen in den Händen – Messer, Schwerter, Morgensterne, Schilde –, welche die Handgreiflichkeiten symbolisieren. Die gewachsene Spannbreite von Erzählansätzen innerhalb der italienischen Entenwelt zeigt sich in der Zahl der Gewaltszenen. Bei Chierchini sind es 40 Panels oder mehr, in denen es zu Handgemenge oder solchem Waffengerassel kommt. In Scarpas „Krebsen in Burgunder“ gibt es nur sechs Panels, in denen sich Figuren überhaupt „körperlich begegnen“ – und nur drei davon können auf Aggressivität im engeren Sinne zurückgeführt werden, wobei eine Szene sogar noch geschwärzt ist (S. 118). Übrig bleiben eigentlich nur Donalds Rauswurf beim „Kurier“ auf S. 76 und Donalds „Angriff“ auf den berühmten Mathematiker auf S. 95. Scarpa und Martina/Chierchini stehen zueinander wie Raffinement gegen Knalleffekt. Doch letzterer Ansatz hat ja durchaus zu Recht auch seinen Platz im Duck-Universum behauptet. Dabei ist ja noch gar nicht die Rede gewesen von der äußersten Gemeinheit Dagoberts gegen seinen Neffen, ihn aus komplett selbstsüchtigen Zwecken sozial vernichten zu wollen. Doch es gehört zu den Vorzügen dieses gelegentlich durchaus interessant gestrickten Plots, dass Dagobert am Ende gestraft und der gebeutelte Donald belohnt wird. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 06:47, 3. Jul. 2024 (CEST) |