Dark Ages: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Terminus „Dark Age“ (Pluralform Dark Ages) leitet sich vom wesentlich geläufigeren Begriff „Golden Age“ beziehungsweise „Golden Ages“ ab. Der Fachbegriff des goldenen Zeitalters (wie man die Golden Ages in Deutschland nennt) stammt ursprünglich aus der griechischen Mythologie und bezeichnet eine Phase des Idealzustands. Mittlerweile wird als „goldenes Zeitalter“ hauptsächlich ein Zeitabschnitt bezeichnet, in dem ein gewisser Trend, eine bestimmte Branche, eine gewisse Technik oder eine spezifische Kunstform ihre Glanzzeit erlebte.
Der Terminus „Dark Age“ (Pluralform Dark Ages) leitet sich vom wesentlich geläufigeren Begriff „Golden Age“ beziehungsweise „Golden Ages“ ab. Der Fachbegriff des goldenen Zeitalters (wie man die Golden Ages in Deutschland nennt) stammt ursprünglich aus der griechischen Mythologie und bezeichnet eine Phase des Idealzustands. Mittlerweile wird als „goldenes Zeitalter“ hauptsächlich ein Zeitabschnitt bezeichnet, in dem ein gewisser Trend, eine bestimmte Branche, eine gewisse Technik oder eine spezifische Kunstform ihre Glanzzeit erlebte.


Besonders häufig wird dieser Begriff im Zusammenhang mit [[Hollywood]] verwendet. Filmhistoriker und Cineasten sind sich einig, dass ''das'' goldene Zeitalter Hollywoods in der Zeit vom Aufkommen des Tonfilms bis in die späten 40er Jahre einzuordnen ist. Die Filmbranche expandierte besonders schnell und sorgte für sehr viel Aufsehen, während in kurzen Zeitabständen neue, revolutionäre Filmtechniken entdeckt wurden und „wie aus dem Nichts“ Stars und Filmpioniere auftauchten.
Besonders häufig wird dieser Begriff im Zusammenhang mit [[Hollywood]] verwendet. Filmhistoriker und Cineasten sind sich einig, dass ''das'' goldene Zeitalter Hollywoods in der Zeit vom Aufkommen des Tonfilms bis in die späten 1940er Jahre einzuordnen ist. Die Filmbranche expandierte besonders schnell und sorgte für sehr viel Aufsehen, während in kurzen Zeitabständen neue, revolutionäre Filmtechniken entdeckt wurden und „wie aus dem Nichts“ Stars und Filmpioniere auftauchten.


Das Gegenstück dazu sind die so genannten „dunklen Zeitalter“ (oder eben „Dark Ages“). Im Gegensatz zur zeitlichen Einteilung des goldenen Zeitalters sind sich Branchenkenner und Filmfans nie völlig einig geworden, wo man in der Geschichte des Films diese Dark Ages wieder findet. Einzig die Zeit in den späten 60er Jahren, bevor einige revolutionäre Filmemacher mit der „[[New Hollywood|New-Hollywood]]“-Bewegung wieder Leben in die Filmwirtschaft gebracht haben, kann ohne größere Zweifel als ein solches dunkles Zeitalter bezeichnet werden.
Das Gegenstück dazu sind die so genannten „dunklen Zeitalter“ (oder eben „Dark Ages“). Im Gegensatz zur zeitlichen Einteilung des goldenen Zeitalters sind sich Branchenkenner und Filmfans nie völlig einig geworden, wo man in der Geschichte des Films diese Dark Ages wieder findet. Einzig die Zeit in den späten 1960er Jahren, bevor einige revolutionäre Filmemacher mit der „[[New Hollywood|New-Hollywood]]“-Bewegung wieder Leben in die Filmwirtschaft gebracht haben, kann ohne größere Zweifel als ein solches dunkles Zeitalter bezeichnet werden.


Allgemein sind sie Zeitabschnitte des Versagens und von Aussichtslosigkeit (wie etwa das „finstere Mittelalter“). In der Filmbranche kennzeichnen sich die Dark Ages dagegen durch künstlerische und kommerzielle Misserfolge aus.
Allgemein sind sie Zeitabschnitte des Versagens und von Aussichtslosigkeit (wie etwa das „finstere Mittelalter“). In der Filmbranche kennzeichnen sich die Dark Ages dagegen durch künstlerische und kommerzielle Misserfolge aus.
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In einer normalen Situation wäre das Geld jedoch nach einiger Zeit wieder in die Kassen Disneys zurückgeflossen, doch der Wegfall des europäische Marktes zollte seinen Tribut. Und so kommen wir auf den größten Auslöser der finanziellen Notsituation Disneys und (später) auch der künstlerischen Probleme zu sprechen: Den Zweiten Weltkrieg.
In einer normalen Situation wäre das Geld jedoch nach einiger Zeit wieder in die Kassen Disneys zurückgeflossen, doch der Wegfall des europäische Marktes zollte seinen Tribut. Und so kommen wir auf den größten Auslöser der finanziellen Notsituation Disneys und (später) auch der künstlerischen Probleme zu sprechen: Den Zweiten Weltkrieg.


Da [[Walt Disney]] anhand der niedrigen Einnahmen von ''Pinocchio'' und ''Fantasia'' das Problem erkannte, sah er sich gezwungen, die Kosten drastisch zu senken. Um das Beste aus der Notsituation zu machen, brachte man sozusagen als „Verlegenheitsfilm“ ''[[Walt Disneys Geheimnisse]]'' in die Kinos, einen kostengünstigen Mischfilm. Außerdem willigte Disney ein, Ausbildungsfilme zu drehen. Der erste dieser Art war ''[[Four Methods of Flush Riveting]]'' für ''[[Lockheed Air]]''. Diese Ausbildungsfilme spielten zwar keinen so großen Gewinn ein wie die richtigen Cartoons, aber sie hielten die Produktion in den Studios am Laufen, was Disney sehr wichtig war.  
Da [[Walt Disney]] anhand der niedrigen Einnahmen von ''Pinocchio'' und ''Fantasia'' das Problem erkannte, sah er sich gezwungen, die Kosten drastisch zu senken. Um das Beste aus der Notsituation zu machen, brachte man sozusagen als „Verlegenheitsfilm“ ''[[Walt Disneys Geheimnisse]]'' in die Kinos, einen kostengünstigen [[Mischfilm]]. Außerdem willigte Disney ein, Ausbildungsfilme zu drehen. Der erste dieser Art war ''[[Four Methods of Flush Riveting]]'' für ''[[Lockheed Air]]''. Diese Ausbildungsfilme spielten zwar keinen so großen Gewinn ein wie die richtigen Cartoons, aber sie hielten die Produktion in den Studios am Laufen, was Disney sehr wichtig war.  


Aus diesem Grund willigte Walt Disney auch ein, eine „[[Good Will Tour]]“ durch Südamerika zu machen. [[Nelson Rockefeller]], der Koordinator für interamerikanische Beziehungen im Außenministerium, bat ihn, durch Südamerika zu touren und dabei für die Völkerverständigung zwischen den USA und Südamerika zu werben. Dabei sollte Disney auch Filmmaterial drehen, wofür Rockefeller eine Bürgschaft von 50.000 Dollar aufnahm, falls die Filme später ihre Kosten nicht einspielen sollten. Wie sich später herausstellte, war dies nicht nötig, da die beiden aus der Tour resultierenden Filme ''[[Saludos Amigos]]'' und ''[[Drei Caballeros]]'' große Erfolge feierten. Die Gefahr, das Studio schließen zu müssen, schien vorerst bewältigt.
Aus diesem Grund willigte Walt Disney auch ein, eine „[[Good Will Tour]]“ durch Südamerika zu machen. [[Nelson Rockefeller]], der Koordinator für interamerikanische Beziehungen im Außenministerium, bat ihn, durch Südamerika zu touren und dabei für die Völkerverständigung zwischen den USA und Südamerika zu werben. Dabei sollte Disney auch Filmmaterial drehen, wofür Rockefeller eine Bürgschaft von 50.000 Dollar aufnahm, falls die Filme später ihre Kosten nicht einspielen sollten. Wie sich später herausstellte, war dies nicht nötig, da die beiden aus der Tour resultierenden Filme ''[[Saludos Amigos]]'' und ''[[Drei Caballeros]]'' große Erfolge feierten. Die Gefahr, das Studio schließen zu müssen, schien vorerst bewältigt.
[[Bild:Saludosamigos fmcampos.jpg|thumb|right|[[Walt Disney]] während der Produktion von ''[[Saludos Amigos]]'' – einem der zwei erfolgreichen Ergebnisse der „[[Good Will Tour]]“ (© Disney)]]
[[Bild:Saludosamigos fmcampos.jpg|thumb|right|[[Walt Disney]] während der Produktion von ''[[Saludos Amigos]]'' – einem der zwei erfolgreichen Ergebnisse der „[[Good Will Tour]]“ (© Disney)]]
Doch während Walt Disney mit der Good Will Tour, auf die er einige seiner besten und vertrautesten Mitarbeiter mitnahm, einen Schritt in Richtung Erfolg und weg von einer Krisensituation in den Studios unternahm, entbrannte in diesen [[Streik in den Disney-Studios 1941|ein großer Streik]]. Während diesem erhitzten sich immer mehr Gemütern und die Atmosphäre in den Disney-Studios änderte sich nachhaltig. Der kumpelhafte Umgangston aus den 30er Jahren sollte nie wieder vollständig zurückkehren.  
Doch während Walt Disney mit der Good Will Tour, auf die er einige seiner besten und vertrautesten Mitarbeiter mitnahm, einen Schritt in Richtung Erfolg und weg von einer Krisensituation in den Studios unternahm, entbrannte in diesen [[Streik in den Disney-Studios 1941|ein großer Streik]]. Während diesem erhitzten sich immer mehr Gemütern und die Atmosphäre in den Disney-Studios änderte sich nachhaltig. Der kumpelhafte Umgangston aus den 1930er Jahren sollte nie wieder vollständig zurückkehren.  


Die vorhin erwähnte Kostensenkung für die „normalen“ Produktionen sieht man auch dem nächsten [[Meisterwerk]] an: ''[[Dumbo]]'' hat lediglich eine Laufzeit von 61 Minuten, verzichtet völlig auf aufwändige [[Multiplane Kamera]]-Aufnahmen und ist mit den günstigeren Cartoonfarben gezeichnet worden. Während ''Dumbo'' aber dank der niedrigen Kosten auch auf dem verkleinerten Markt dennoch noch Gewinn bringen konnte, näherte sich der nächste Schicksalsschlag, der sämtliche aufkommende Hoffnung, dass das Dark Age zu Ende gehen könnte, im Keim erstickte: Mit dem Angriff auf Pearl Harbor traten nun auch die USA in den Krieg ein. Plötzlich erhielten die Disney-Studios immer mehr Auftragsarbeiten von verschiedenen Ministerien, der Armee, der Luftwaffe und der Navy, was der künstlerischen Kreativität einen starken Dämpfer erteilen sollte. Während zahlreiche Animatoren in den Krieg eingezogen wurden, belagerten 700 Soldaten einer Flugzeugabwehreinheit die Räume des Studios.
Die vorhin erwähnte Kostensenkung für die „normalen“ Produktionen sieht man auch dem nächsten [[Meisterwerk]] an: ''[[Dumbo (1941)|Dumbo]]'' hat lediglich eine Laufzeit von 61 Minuten, verzichtet völlig auf aufwändige [[Multiplane Kamera]]-Aufnahmen und ist mit den günstigeren Cartoonfarben gezeichnet worden. Während ''Dumbo'' aber dank der niedrigen Kosten auch auf dem verkleinerten Markt dennoch noch Gewinn bringen konnte, näherte sich der nächste Schicksalsschlag, der sämtliche aufkommende Hoffnung, dass das Dark Age zu Ende gehen könnte, im Keim erstickte: Mit dem Angriff auf Pearl Harbor traten nun auch die USA in den Krieg ein. Plötzlich erhielten die Disney-Studios immer mehr Auftragsarbeiten von verschiedenen Ministerien, der Armee, der Luftwaffe und der Navy, was der künstlerischen Kreativität einen starken Dämpfer erteilen sollte. Während zahlreiche Animatoren in den Krieg eingezogen wurden, belagerten 700 Soldaten einer Flugzeugabwehreinheit die Räume des Studios.


''[[Bambi]]'' konnte gerade noch mit Müh und Not fertig gestellt werden, jedoch waren die Einnahmen von etwas mehr als einer Millionen Dollar nicht wirklich zufriedenstellend, so dass sich Disney gezwungen sah, sich noch mehr auf die sicheren Einnahmen aus den Auftragsarbeiten zu beschränken. Ganz wollten aber weder Disney noch seine Animatoren und Autoren die kreativeren Filme aufgeben, zumal sie sich von ihnen noch mehr Erfolg versprachen. So drehten sie weiter [[Cartoons]] und bemühten sich auch wieder, lange Filme drehen zu können. Da die finanzielle Lage dies aber nicht erlaubte, wurden die [[Package Movies]] erfunden – schnelles Geld, das es allerdings in der Regel künstlerisch bei weitem nicht mit Meisterwerken „aus einem Guss“ aufnehmen kann.
''[[Bambi]]'' konnte gerade noch mit Müh und Not fertig gestellt werden, jedoch waren die Einnahmen von etwas mehr als einer Millionen Dollar nicht wirklich zufriedenstellend, so dass sich Disney gezwungen sah, sich noch mehr auf die sicheren Einnahmen aus den Auftragsarbeiten zu beschränken. Ganz wollten aber weder Disney noch seine Animatoren und Autoren die kreativeren Filme aufgeben, zumal sie sich von ihnen noch mehr Erfolg versprachen. So drehten sie weiter [[Cartoons]] und bemühten sich auch wieder, lange Filme drehen zu können. Da die finanzielle Lage dies aber nicht erlaubte, wurden die [[Package Movies]] erfunden – schnelles Geld, das es allerdings in der Regel künstlerisch bei weitem nicht mit Meisterwerken „aus einem Guss“ aufnehmen kann.
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1948 kam zudem der erste Disney-Dokumentarfilm in die Kinos und die Cartoon-Produktion erreichte altbekannte Höhen. Dennoch wurde Disney klar, dass er schnellstmöglich einen „klassischen“, abendfüllenden Zeichentrickfilm benötigt. Mit Hochdruck begann die Produktion an ''[[Cinderella]]'', der 1950 in die Kinos kam. Zusammen mit ''[[Die Schatzinsel]]'' sorgte dieser Film dafür, dass Disney die alte Stärke wieder erlang.
1948 kam zudem der erste Disney-Dokumentarfilm in die Kinos und die Cartoon-Produktion erreichte altbekannte Höhen. Dennoch wurde Disney klar, dass er schnellstmöglich einen „klassischen“, abendfüllenden Zeichentrickfilm benötigt. Mit Hochdruck begann die Produktion an ''[[Cinderella]]'', der 1950 in die Kinos kam. Zusammen mit ''[[Die Schatzinsel]]'' sorgte dieser Film dafür, dass Disney die alte Stärke wieder erlang.


== Das zweite „Dark Age“: Die späten 1970er- und frühen 80er-Jahre ==
== Das zweite „Dark Age“: Die späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre ==
Das zweite und bislang letzte von den meisten Disney-Experten als solches anerkannte „Dark Age“ begann in den späten 1970er-Jahren und endete in den frühen 80er-Jahren, als der [[The Walt Disney Company|Disney-Konzern]] eine neue Führungsetage erhielt und sich dazu entschloss, unter dem Label [[Touchstone Pictures]] Filme für den Erwachsenenmarkt zu drehen.  
Das zweite und bislang letzte von den meisten Disney-Experten als solches anerkannte „Dark Age“ begann in den späten 1970er-Jahren und endete in den frühen 1980er-Jahren, als der [[The Walt Disney Company|Disney-Konzern]] eine neue Führungsetage erhielt und sich dazu entschloss, unter dem Label [[Touchstone Pictures]] Filme für den Erwachsenenmarkt zu drehen.  


=== Auslöser der Krisensituation ===
=== Auslöser der Krisensituation ===
==== Übersicht ====
==== Übersicht ====
Nach dem Tod [[Walt Disney]]s am 15. Dezember 1966 konnte sich [[Walt Disney Productions]] noch eine Zeit lang an den von ihrem Gründer begonnen Projekten orientieren. Doch auch außerhalb dieser Projekte konnte der Konzern einige Erfolge verbuchen, indem man unter der ständigen Berücksichtigung der Frage „Was würde Walt tun?“ Filme nach dem alten Muster drehte. Während in den ersten Jahren nach Disneys Tod Filme nach altbekanntem Muster wie die Zeichentrickfilme ''[[Aristocats]]'' und ''[[Bernard und Bianca]]'' oder die Spielfilme ''[[Ein toller Käfer]]'' und ''[[Die Semmelknödelbande]]'' noch Erfolge feierten, ließ gegen Ende der Siebzigerjahre das Interesse an solchen Filmen jedoch nach.  
Nach dem Tod [[Walt Disney]]s am 15. Dezember 1966 konnte sich [[Walt Disney Productions]] noch eine Zeit lang an den von ihrem Gründer begonnen Projekten orientieren. Doch auch außerhalb dieser Projekte konnte der Konzern einige Erfolge verbuchen, indem man unter der ständigen Berücksichtigung der Frage „Was würde Walt tun?“ Filme nach dem alten Muster drehte. Während in den ersten Jahren nach Disneys Tod Filme nach altbekanntem Muster wie die Zeichentrickfilme ''[[Aristocats]]'' und ''[[Bernard und Bianca]]'' oder die Spielfilme ''[[Ein toller Käfer]]'' und ''[[Die Semmelknödelbande]]'' noch Erfolge feierten, ließ gegen Ende der 1970er Jahre das Interesse an solchen Filmen jedoch nach.  


Diese Abneigung gegen das „klassische“ Disney-Repertoire führte zusammen mit Unstimmigkeiten in der Führungsetage dazu, dass die wirtschaftliche Kraft und das Image Disneys sanken, was unweigerlich in ein Dark Age mündete.
Diese Abneigung gegen das „klassische“ Disney-Repertoire führte zusammen mit Unstimmigkeiten in der Führungsetage dazu, dass die wirtschaftliche Kraft und das Image Disneys sanken, was unweigerlich in ein Dark Age mündete.
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==== Der gewandelte Filmgeschmack des Publikums ====
==== Der gewandelte Filmgeschmack des Publikums ====
[[Bild:Easyrider.jpg|thumb|right|Mit ''Easy Rider'' gewann „New Hollywood“ an Fahrt. (© Columbia TriStar)]]
[[Bild:Easyrider.jpg|thumb|right|Mit ''Easy Rider'' gewann „New Hollywood“ an Fahrt. (© Columbia TriStar)]]
Wie in der Einleitung erwähnt, machte [[Hollywood]] Ende der 60er-Jahre einen großen Wandel durch – nachdem die Einnahmen der großen Produktionen immer kleiner ausfielen und man schon das Ende des Kinos voraussagte, begann 1967 die Bewegung des „[[New Hollywood]]“. Die Filme in dieser Ära wurden von jungen, „wilden“ Regisseuren und Autoren getragen, die dem in ihren Augen verstaubten Hollywoodapparat den Rücken kehrten und Filme so drehten, wie es ihnen in den Sinn kam. Dabei drückten sie in den Filmen die Probleme, welche die Gesellschaft bewegten, oft mit anarchischem Humor, drastischen Bildern und radikaler Gewalt aus.  
Wie in der Einleitung erwähnt, machte [[Hollywood]] Ende der 1960er-Jahre einen großen Wandel durch – nachdem die Einnahmen der großen Produktionen immer kleiner ausfielen und man schon das Ende des Kinos voraussagte, begann 1967 die Bewegung des „[[New Hollywood]]“. Die Filme in dieser Ära wurden von jungen, „wilden“ Regisseuren und Autoren getragen, die dem in ihren Augen verstaubten Hollywoodapparat den Rücken kehrten und Filme so drehten, wie es ihnen in den Sinn kam. Dabei drückten sie in den Filmen die Probleme, welche die Gesellschaft bewegten, oft mit anarchischem Humor, drastischen Bildern und radikaler Gewalt aus.  


Auf die Disney-Studios hatte dies allerdings keinen Einfluss. Verständlicherweise wollte keiner dieser „New-Hollywood“-Künstler seine Ideen Disney anbieten, da man annahm, dass Filme voller Drogen, Sex und Gewalt niemals von Disney gedreht würden. Auf der anderen Seite wollte sich Disney tatsächlich nicht der neuen Bewegung anpassen. So war [[Card Walker]], der von [[Roy O. Disney]] die Leitung des Filmstabs übernahm, der Meinung, dass die meisten Amerikaner in Wahrheit weiterhin die Filme sehen wollen, die sie zu [[Walt Disney]]s Zeiten  zu sehen bekamen.  
Auf die Disney-Studios hatte dies allerdings keinen Einfluss. Verständlicherweise wollte keiner dieser „New-Hollywood“-Künstler seine Ideen Disney anbieten, da man annahm, dass Filme voller Drogen, Sex und Gewalt niemals von Disney gedreht würden. Auf der anderen Seite wollte sich Disney tatsächlich nicht der neuen Bewegung anpassen. So war [[Card Walker]], der von [[Roy O. Disney]] die Leitung des Filmstabs übernahm, der Meinung, dass die meisten Amerikaner in Wahrheit weiterhin die Filme sehen wollen, die sie zu [[Walt Disney]]s Zeiten  zu sehen bekamen.  


Eine Zeit lang sollte er noch Recht behalten. 1974 zum Beispiel erwiesen sich ''[[Castaway Cowboy]]'', ''[[Herbie groß in Fahrt]]'' und die Wiederaufführungen von ''[[Robin Crusoe, der Amazonenhäuptling]]'' und ''[[Alice im Wunderland]]'' als große Hits und die Studios steigerten ihren Gewinn um 21 % gegenüber dem Vorjahr. Doch in den darauffolgenden fünf Jahren sollten Disneys Einnahmen drastisch sinken…  
Eine Zeit lang sollte er noch Recht behalten. 1974 zum Beispiel erwiesen sich ''[[Castaway Cowboy]]'', ''[[Herbie groß in Fahrt]]'' und die Wiederaufführungen von ''[[Robin Crusoe, der Amazonenhäuptling]]'' und ''[[Alice im Wunderland (1951)|Alice im Wunderland]]'' als große Hits und die Studios steigerten ihren Gewinn um 21 % gegenüber dem Vorjahr. Doch in den darauffolgenden fünf Jahren sollten Disneys Einnahmen drastisch sinken…  


In der Zwischenzeit endete auch die alternative „New-Hollywood“-Ära. Diese hat allerdings das „klassische“ Hollywood, dass in der Zeit von 1967 bis 1976 sozusagen an zweiter Stelle stand, so sehr beeinflusst, dass die Grenzen verschwammen – auch die „normalen“ Hollywood-Filme übernahmen in gemäßigten Zügen die Gewalt und Anarchie von New Hollywood. Es waren solche Filme, die zwischen den Grenzen standen, die das neue Blockbusterkino gründeten: ''Der weiße Hai'', ''Einer flog übers Kuckucksnest'' oder ''Krieg der Sterne'' wurden von einem breiten Publikum aufgenommen und drängten somit Disneys „klassisches Familienkino“ an den Rand. Das Kinopublikum wurde anspruchsvoller und wollte auch mehr Adrenalin spüren, wenn es ins Kino ging.
In der Zwischenzeit endete auch die alternative „New-Hollywood“-Ära. Diese hat allerdings das „klassische“ Hollywood, dass in der Zeit von 1967 bis 1976 sozusagen an zweiter Stelle stand, so sehr beeinflusst, dass die Grenzen verschwammen – auch die „normalen“ Hollywood-Filme übernahmen in gemäßigten Zügen die Gewalt und Anarchie von New Hollywood. Es waren solche Filme, die zwischen den Grenzen standen, die das neue Blockbusterkino gründeten: ''Der weiße Hai'', ''Einer flog übers Kuckucksnest'' oder ''Krieg der Sterne'' wurden von einem breiten Publikum aufgenommen und drängten somit Disneys „klassisches Familienkino“ an den Rand. Das Kinopublikum wurde anspruchsvoller und wollte auch mehr Adrenalin spüren, wenn es ins Kino ging.
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==== „Was würde Walt tun?“ und Unstimmigkeiten in der Konzernleitung ====  
==== „Was würde Walt tun?“ und Unstimmigkeiten in der Konzernleitung ====  
[[Bild:0595172032.01. AA240 SCLZZZZZZZ .jpg|thumb|right|„What would Walt do?“ ist auch der Titel eines Buchs von [[Diane Disney Miller]] (© Disney)]]
[[Bild:What would Walt do.jpg|thumb|right|„What would Walt do?“ ist auch der Titel eines Buchs von [[Diane Disney Miller]] (© Disney)]]
Der womöglich entscheidenste Grund, der zum „Dark Age“ führte, war allerdings die stets bedachte Frage „Was würde Walt tun?“. Während [[Roy E. Disney]] und auch [[Ron Miller]] die Frage mit der Zeit als unangenehm empfanden und kreativ frei sein wollten, folgte [[Card Walker]] weiter dem Kurs, den [[Walt Disney]] vor seinem Ableben eingeschlagen hatte. Für die Filmabteilung bedeutete dies, dass keine Experimente gemacht werden sollten, sondern nur Filme in dem Stil, die Disney Ende der 1960er produzieren ließ. Weder wurden neue Techniken, noch neue Inhalte entwickelt oder verwendet. Auch im Bereich der Themenparks wollte [[Card Walker]] keine Risiken eingehen und änderte möglich wenig an ihnen. Es gab kaum neue Paraden, Shows oder Attraktionen und auch die Eintrittspreise wurden kaum verändert.
Der womöglich entscheidenste Grund, der zum „Dark Age“ führte, war allerdings die stets bedachte Frage „Was würde Walt tun?“. Während [[Roy E. Disney]] und auch [[Ron Miller]] die Frage mit der Zeit als unangenehm empfanden und kreativ frei sein wollten, folgte [[Card Walker]] weiter dem Kurs, den [[Walt Disney]] vor seinem Ableben eingeschlagen hatte. Für die Filmabteilung bedeutete dies, dass keine Experimente gemacht werden sollten, sondern nur Filme in dem Stil, die Disney Ende der 1960er produzieren ließ. Weder wurden neue Techniken, noch neue Inhalte entwickelt oder verwendet. Auch im Bereich der Themenparks wollte [[Card Walker]] keine Risiken eingehen und änderte möglich wenig an ihnen. Es gab kaum neue Paraden, Shows oder Attraktionen und auch die Eintrittspreise wurden kaum verändert.


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1978 könnte man, je nach gesetzten Standards, als den Beginn des zweiten Dark Age sehen, da in diesem Jahr keine Erfolge verbucht werden konnten und somit die kritische Situation verschlimmert wurde. Nach den rein objektiven und eingangs festgelegten Standards ist jedoch 1979 der Beginn des zweiten Dark Age für die Walt Disney Company, da in diesem Jahr die sowohl die Probleme der Themenparks als auch der Filmproduktion außer Ruder gerieten und so den gesamten Konzern in eine Identitäts-, Image- und Wirtschaftskrise stürzten.
1978 könnte man, je nach gesetzten Standards, als den Beginn des zweiten Dark Age sehen, da in diesem Jahr keine Erfolge verbucht werden konnten und somit die kritische Situation verschlimmert wurde. Nach den rein objektiven und eingangs festgelegten Standards ist jedoch 1979 der Beginn des zweiten Dark Age für die Walt Disney Company, da in diesem Jahr die sowohl die Probleme der Themenparks als auch der Filmproduktion außer Ruder gerieten und so den gesamten Konzern in eine Identitäts-, Image- und Wirtschaftskrise stürzten.


Beschränkt man seinen Blick allerdings auf die Spielfilmproduktion der Studios, so sind die gesamten 70er-Jahre oder zumindest die zweite Hälfte des Jahrzehnts bereits als Dark Age anzusehen, da diese Dekade das Jahrzehnt mit den geringsten Einnahmen aus dem Spielfilmgeschäft darstellt und auch die Kritiken besonders schlecht ausfielen. Aus allgemeiner Sicht gab es nur sehr wenige nennenswerte Produktionen und auch aus Disneys Sicht beläuft sich die Anzahl der erinnerungswürdigen Spielfilme vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf beinahe Null.
Beschränkt man seinen Blick allerdings auf die Spielfilmproduktion der Studios, so sind die gesamten 1970er-Jahre oder zumindest die zweite Hälfte des Jahrzehnts bereits als Dark Age anzusehen, da diese Dekade das Jahrzehnt mit den geringsten Einnahmen aus dem Spielfilmgeschäft darstellt und auch die Kritiken besonders schlecht ausfielen. Aus allgemeiner Sicht gab es nur sehr wenige nennenswerte Produktionen und auch aus Disneys Sicht beläuft sich die Anzahl der erinnerungswürdigen Spielfilme vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf beinahe Null.


=== Misslungene Neuorientierung der Filmproduktion ===
=== Misslungene Neuorientierung der Filmproduktion ===
==== 1979: ''[[Das schwarze Loch]]'' und der Anfang des „Dark Age“ ====
==== 1979: ''[[Das schwarze Loch]]'' und der Anfang des „Dark Age“ ====
[[Bild:Black Hole.jpg|thumb|right|Ironie des Schicksals? Mit einem Film über ein schwarzes Loch begann der große Trubel bei Disney. (© Disney)]]
[[Bild:Black Hole.jpg|thumb|right|Ironie des Schicksals? Mit einem Film über ein schwarzes Loch begann der große Trubel bei Disney. (© Disney)]]
Einige in der Führungsetage der ''Walt Disney Studios'', darunter auch [[Ron Miller]], erkannten bereits Anfang der 70er-Jahre, dass Disney ein Imageproblem hat, das aufgrund der Art von Filmen, die man produzierte, entstand, und zur Folge hatte, dass die Einnahmen aus der Filmproduktion immer weiter sanken, vor allem, weil die für die Filmindustrie wertvolle demographische Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den Disney Filmen abgestoßen wurde.
Einige in der Führungsetage der ''Walt Disney Studios'', darunter auch [[Ron Miller]], erkannten bereits Anfang der 1970er-Jahre, dass Disney ein Imageproblem hat, das aufgrund der Art von Filmen, die man produzierte, entstand, und zur Folge hatte, dass die Einnahmen aus der Filmproduktion immer weiter sanken, vor allem, weil die für die Filmindustrie wertvolle demographische Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den Disney Filmen abgestoßen wurde.


Um dieses Problem zu beheben, wollte Miller mit allen Mitteln dafür sorgen, dass es dem Studio gelingt, auch diese Gruppen wieder anzusprechen – bereits 1974 begann man deshalb mit der Entwicklung von ''[[Das schwarze Loch]]'', einem düsteren und zum Teil dystopischen Science-Fiction-Film, der zunächst allerdings schlicht eine moderne Variante von ''[[20.000 Meilen unter dem Meer]]'' werden sollte (diese Wurzeln sind allerdings auch im endgültigen Film schwerlich zu übersehen).
Um dieses Problem zu beheben, wollte Miller mit allen Mitteln dafür sorgen, dass es dem Studio gelingt, auch diese Gruppen wieder anzusprechen – bereits 1974 begann man deshalb mit der Entwicklung von ''[[Das schwarze Loch]]'', einem düsteren und zum Teil dystopischen Science-Fiction-Film, der zunächst allerdings schlicht eine moderne Variante von ''[[20.000 Meilen unter dem Meer]]'' werden sollte (diese Wurzeln sind allerdings auch im endgültigen Film schwerlich zu übersehen).
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Bis es zum Drehstart dieses erhofften Erfolges mit hohem Produktionsaufwand und -kosten kam, versuchte die von [[Card Walker]] geführte Filmabteilung zunächst einmal, die vom Publikum und den Kritikern, aber auch Leuten aus den eigenen Reihen erforderte Neuorientierung mit weniger drastischen Mitteln zu vollführen. Die Ergebnisse dieser Versuche waren Filme wie ''[[Candleshoe]]'' (1977) und ''[[The North Avenue Irregulars]]'' (1979). Diese Filme verfügten über eine breite Schauspielriege, die sich von den mittlerweile standardisierten Schauspielern unterschieden, auf die Disney bislang immer wieder zurückgriff. Dies war ein häufig geäußerter Kritikpunkt, man wollte mal wieder andere Gesichter als die vielen Disney-Stammschauspieler sehen, andere Regisseure und Produzenten haben, als die wenigen, die noch für Disney arbeiteten.
Bis es zum Drehstart dieses erhofften Erfolges mit hohem Produktionsaufwand und -kosten kam, versuchte die von [[Card Walker]] geführte Filmabteilung zunächst einmal, die vom Publikum und den Kritikern, aber auch Leuten aus den eigenen Reihen erforderte Neuorientierung mit weniger drastischen Mitteln zu vollführen. Die Ergebnisse dieser Versuche waren Filme wie ''[[Candleshoe]]'' (1977) und ''[[The North Avenue Irregulars]]'' (1979). Diese Filme verfügten über eine breite Schauspielriege, die sich von den mittlerweile standardisierten Schauspielern unterschieden, auf die Disney bislang immer wieder zurückgriff. Dies war ein häufig geäußerter Kritikpunkt, man wollte mal wieder andere Gesichter als die vielen Disney-Stammschauspieler sehen, andere Regisseure und Produzenten haben, als die wenigen, die noch für Disney arbeiteten.


Als 1978 die Vorbereitungen für ''[[Das schwarze Loch]]'' beendet waren und sich immer stärker herauskristallisierte, dass es nicht nur an den Verantwortlichen für die Filme lag, sondern auch an den Filmen selbst, hatte man bereits beschlossen, tatsächlich ein Experiment einzugehen. ''Das schwarze Loch'' bekam ein für die damaligen Disney-Studios ungewohnt hohes Budget von immerhin 20 Millionen Dollar genehmigt und war auch als ein Film mit höherer Freigabe konzipiert. [[Ron Miller]] konnte sich gegen seine konservativeren Vorgesetzten durchsetzen und durfte der Produktion mit Material, das nach einer [[PG-Freigabe]] verlangte, grünes Licht geben und so einen Film für ältere Zuschauer ins Kino bringen.
Als 1978 die Vorbereitungen für ''[[Das schwarze Loch]]'' beendet waren und sich immer stärker herauskristallisierte, dass es nicht nur an den Verantwortlichen für die Filme lag, sondern auch an den Filmen selbst, hatte man bereits beschlossen, tatsächlich ein Experiment einzugehen. ''Das schwarze Loch'' bekam ein für die damaligen Disney-Studios ungewohnt hohes Budget von immerhin 20 Millionen Dollar genehmigt und war auch als ein Film mit höherer Freigabe konzipiert. [[Ron Miller]] konnte sich gegen seine konservativeren Vorgesetzten durchsetzen und durfte der Produktion mit Material, das nach einer [[wikipedia:de:Motion Picture Association#Altersempfehlungen|PG-Freigabe]] verlangte, grünes Licht geben und so einen Film für ältere Zuschauer ins Kino bringen.


Auch wenn es nirgends offiziell bestätigt wird, so ist es dennoch glaubwürdig, dass die gemunkelten Informationen darüber wahr sind, dass Disney die Entscheidung, den Film zu produzieren, leichter fiel, weil ''[[Star Wars]]'' 1977 ein solcher Erfolg war. Gesicherter Fakt dagegen ist, dass Disney den Spezialeffektekünstler [[Peter Ellenshaw]], der für ''Das schwarze Loch'' zuständig war und der Vater des für ''Star Wars'' entscheidenden [[P.S. Ellenshaw]] ist, als ''der'' Star des Films beworben wurde. Durch geschicktes [[Marketing]] und viele durchaus erfolgreiche Versuche, sich beim Sci-Fi-Fandom Sympathiepunkte zu sichern, versuchte man ''Das schwarze Loch'' als den Weihnachtshit des Jahres zu platzieren. Die Erwartungshaltung gegenüber diesen „etwas anderen Disney-Film“ war dementsprechend hoch und die in Trailern und Filmausschnitten gezeigten Spezialeffekte wurden auch vielerorts gelobt, doch letztlich sollte sich das Projekt als mittlere Enttäuschung herausstellen.
Auch wenn es nirgends offiziell bestätigt wird, so ist es dennoch glaubwürdig, dass die gemunkelten Informationen darüber wahr sind, dass Disney die Entscheidung, den Film zu produzieren, leichter fiel, weil ''[[Star Wars]]'' 1977 ein solcher Erfolg war. Gesicherter Fakt dagegen ist, dass Disney den Spezialeffektekünstler [[Peter Ellenshaw]], der für ''Das schwarze Loch'' zuständig war und der Vater des für ''Star Wars'' entscheidenden [[P.S. Ellenshaw]] ist, als ''der'' Star des Films beworben wurde. Durch geschicktes Marketing und viele durchaus erfolgreiche Versuche, sich beim Sci-Fi-Fandom Sympathiepunkte zu sichern, versuchte man ''Das schwarze Loch'' als den Weihnachtshit des Jahres zu platzieren. Die Erwartungshaltung gegenüber diesen „etwas anderen Disney-Film“ war dementsprechend hoch und die in Trailern und Filmausschnitten gezeigten Spezialeffekte wurden auch vielerorts gelobt, doch letztlich sollte sich das Projekt als mittlere Enttäuschung herausstellen.


Zeitgleich mit dem ersten ''Star-Trek'' gestartet, geriet der Film schnell in den Schatten der berühmteren Produktion und die Handlung selber wurde nun auch nur noch mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Zwar nahm der Film 25 Millionen Dollar in den USA ein, was für jeden anderen Disneyfilm derzeit eine enorme Leistung gewesen wäre, doch der Gewinn belief sich aufgrund des hohen Budgets auf 5 Millionen Dollar, wobei die Ausgaben für das Marketing noch nicht mit eingerechnet wurden. So endete das Jahr 1979 nicht gerade zufriedenstellend für [[Walt Disney Productions]], vor allem, weil auch die weniger riskanten Projekte floppten und man somit keine Ansätze fand, mit denen man einen Weg aus der Misere finden könnte. „Klassische“ Disney-Filme fanden so gut wie keinen Anklang, und das neue Projekt der aufwändigen Blockbuster für Jugendliche verlief auch nicht wie geplant.
Zeitgleich mit dem ersten ''Star-Trek'' gestartet, geriet der Film schnell in den Schatten der berühmteren Produktion und die Handlung selber wurde nun auch nur noch mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Zwar nahm der Film 25 Millionen Dollar in den USA ein, was für jeden anderen Disneyfilm derzeit eine enorme Leistung gewesen wäre, doch der Gewinn belief sich aufgrund des hohen Budgets auf 5 Millionen Dollar, wobei die Ausgaben für das Marketing noch nicht mit eingerechnet wurden. So endete das Jahr 1979 nicht gerade zufriedenstellend für [[Walt Disney Productions]], vor allem, weil auch die weniger riskanten Projekte floppten und man somit keine Ansätze fand, mit denen man einen Weg aus der Misere finden könnte. „Klassische“ Disney-Filme fanden so gut wie keinen Anklang, und das neue Projekt der aufwändigen Blockbuster für Jugendliche verlief auch nicht wie geplant.
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Auch der direkte Versuch, vor allem Jugendliche zurückzugewinnen, scheiterte erneut: ''[[Condorman]]'', eine Superhelden- und James-Bond-Parodie, die zugleich Disneys ersten großen Actionfilm darstellte, ging trotz zahlreicher Explosionen und Stunts am Jugendlichenpublikum vorbei und erlitt das Schicksal, als Disneyfilm sofort mit Kinderfilmen assoziiert zu werden. Aus einem ähnlichen Grund musste Disney viel Kritik über den Film ''[[Der Drachentöter]]'' hinnehmen: Da in Werbetrailern und Pressematerial sowie auf Postern mit dem Disney-Namen geworben wurde, nahmen viele Eltern an, dass der Film auch ein ''typischer'' Disneyfilm sei und nahmen ihre Kinder mit in den düsteren Film. Aufgrund dieser für Disney untypischen Natur des Films gab es viele Proteste – und [[Ron Miller]] sah sich erneut darin bestätigt, dass ein zweites Filmstudio ohne den Namen Disney gegründet werden muss. Zugleich verabschiedete man sich vorerst vom Projekt der Koproduktionen: ''[[Der Drachentöter]]'' nahm in den USA 6 Millionen, weltweit 14.110.013 Dollar, ein und blieb somit weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem mussten sich Disney und Paramount Pictures die Einnahmen teilen, was bei dieser geringen Summe für keines der beiden Studios zufriedenstellend war.
Auch der direkte Versuch, vor allem Jugendliche zurückzugewinnen, scheiterte erneut: ''[[Condorman]]'', eine Superhelden- und James-Bond-Parodie, die zugleich Disneys ersten großen Actionfilm darstellte, ging trotz zahlreicher Explosionen und Stunts am Jugendlichenpublikum vorbei und erlitt das Schicksal, als Disneyfilm sofort mit Kinderfilmen assoziiert zu werden. Aus einem ähnlichen Grund musste Disney viel Kritik über den Film ''[[Der Drachentöter]]'' hinnehmen: Da in Werbetrailern und Pressematerial sowie auf Postern mit dem Disney-Namen geworben wurde, nahmen viele Eltern an, dass der Film auch ein ''typischer'' Disneyfilm sei und nahmen ihre Kinder mit in den düsteren Film. Aufgrund dieser für Disney untypischen Natur des Films gab es viele Proteste – und [[Ron Miller]] sah sich erneut darin bestätigt, dass ein zweites Filmstudio ohne den Namen Disney gegründet werden muss. Zugleich verabschiedete man sich vorerst vom Projekt der Koproduktionen: ''[[Der Drachentöter]]'' nahm in den USA 6 Millionen, weltweit 14.110.013 Dollar, ein und blieb somit weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem mussten sich Disney und Paramount Pictures die Einnahmen teilen, was bei dieser geringen Summe für keines der beiden Studios zufriedenstellend war.


Der entscheidendste Disney-Film des Jahres 1981 war aber ''[[Schreie der Verlorenen]]'', ein ambitioniertes Projekt mit Kultstar [[Bette Davis]], das [[Ron Miller]] Ende der Siebziger trotz des Widerstands der konservativen Leitung um [[Card Walker]] in Angriff nahm. Allerdings empfand die Konzernleitung die Geschichte als zu hart, gruselig und bedrohlich, weshalb das Drehbuch bis zum Juli 1979 mehrfach umgeschrieben wurde, bevor der Dreh beginnen konnte. Von diesem Moment an war es [[Ron Miller]], der Angst bekam, dass der Film zu finster werden könnte. In seiner Rolle als Vorsitzender der Filmabteilung Disneys und Produzent von ''Schreie der Verlorenen'' griff er immer wieder in die Dreharbeiten ein und gab Regisseur [[John Hough]] Anweisungen, die den Film familienfreundlicher machen sollten. Der ebenfalls anwesende [[Tom Leech]] (Initiator des Projekts) erhoffte sich vom Film jedoch ein Ergebnis, dass an ''Der Exorzist'' heranreichen könnte und stritt sich deshalb immer öfter und hitziger mit Miller.
Der entscheidendste Disney-Film des Jahres 1981 war aber ''[[Schreie der Verlorenen]]'', ein ambitioniertes Projekt mit Kultstar [[Bette Davis]], das [[Ron Miller]] Ende der 1970er trotz des Widerstands der konservativen Leitung um [[Card Walker]] in Angriff nahm. Allerdings empfand die Konzernleitung die Geschichte als zu hart, gruselig und bedrohlich, weshalb das Drehbuch bis zum Juli 1979 mehrfach umgeschrieben wurde, bevor der Dreh beginnen konnte. Von diesem Moment an war es [[Ron Miller]], der Angst bekam, dass der Film zu finster werden könnte. In seiner Rolle als Vorsitzender der Filmabteilung Disneys und Produzent von ''Schreie der Verlorenen'' griff er immer wieder in die Dreharbeiten ein und gab Regisseur [[John Hough]] Anweisungen, die den Film familienfreundlicher machen sollten. Der ebenfalls anwesende [[Tom Leech]] (Initiator des Projekts) erhoffte sich vom Film jedoch ein Ergebnis, dass an ''Der Exorzist'' heranreichen könnte und stritt sich deshalb immer öfter und hitziger mit Miller.


Schließlich wurde der Film 1980 für einige öffentliche Previews freigegeben – in der Hoffnung, ihn nach diesen Tests pünktlich zu [[Bette Davis]]' 50. Bühnenjubiläum in die Kinos zu bringen. Da der Film bis dahin jedoch nicht hätte fertig gedreht werden können, wenn man das ursprünglich geplante, aufwändige Ende gedreht hätte, entschied man sich für eine einfache, unkomplizierte und zudem unspektakuläre, dafür aber familienfreundliche Alternative. Das Testpublikum war enttäuscht und man sah sich gezwungen, das Ende neu zu drehen. Diese Neudrehs fanden erst statt, nachdem Miller Präsident des Konzerns wurde – weshalb er weniger von seinen konservativeren Kollegen aus dem Aufsichtsrat zu befürchten hatte. Dennoch ließ er nur ein weiteres kostengünstiges und bei weitem nicht so bedrückendes Ende drehen. Ob er dies aus Angst tat, dass ansonsten der Markenname Disney leiden würde, oder ob er weiterhin aus Ehrfurcht vor dem Aufsichtsrat gehandelt hatte, ist unklar. Jedenfalls manövrierte er so das einst ehrgeizige Projekt an den Rande des Misserfolgs.  
Schließlich wurde der Film 1980 für einige öffentliche Previews freigegeben – in der Hoffnung, ihn nach diesen Tests pünktlich zu [[Bette Davis]]' 50. Bühnenjubiläum in die Kinos zu bringen. Da der Film bis dahin jedoch nicht hätte fertig gedreht werden können, wenn man das ursprünglich geplante, aufwändige Ende gedreht hätte, entschied man sich für eine einfache, unkomplizierte und zudem unspektakuläre, dafür aber familienfreundliche Alternative. Das Testpublikum war enttäuscht und man sah sich gezwungen, das Ende neu zu drehen. Diese Neudrehs fanden erst statt, nachdem Miller Präsident des Konzerns wurde – weshalb er weniger von seinen konservativeren Kollegen aus dem Aufsichtsrat zu befürchten hatte. Dennoch ließ er nur ein weiteres kostengünstiges und bei weitem nicht so bedrückendes Ende drehen. Ob er dies aus Angst tat, dass ansonsten der Markenname Disney leiden würde, oder ob er weiterhin aus Ehrfurcht vor dem Aufsichtsrat gehandelt hatte, ist unklar. Jedenfalls manövrierte er so das einst ehrgeizige Projekt an den Rande des Misserfolgs.  
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=== Weitere Probleme mit den Themenparks und ihre spätere Lösung===
=== Weitere Probleme mit den Themenparks und ihre spätere Lösung===
Nach all den Problemen, die durch das außer Kontrolle geratene Budget und den unerwartet aufwändigen Bau von [[EPCOT]] entstanden sind, erhoffte man sich, dass durch die Eröffnung EPCOTs wieder neues Leben in die Disneyparks kommen würde. Daher litt Disney noch jahrelang an den Krediten, die man für die Unsummen von Fremdkapital aufnehmen musste, um EPCOT finanzieren zu können. Nachdem EPCOT eröffnet wurde, ging der Trend dann auch tatsächlich wieder nach oben – zumindest die Besucherzahlen in [[Walt Disney World]] stiegen 1982. Aber bereits 1983 sanken sie wieder. Aufgrund dieser Rückschläge in den USA nahm man bereits Anfang der 80er-Jahre die Wünsche aus Asien, dort ein eigenes [[Disneyland]] zu bauen mit offenen Armen an.
Nach all den Problemen, die durch das außer Kontrolle geratene Budget und den unerwartet aufwändigen Bau von [[EPCOT]] entstanden sind, erhoffte man sich, dass durch die Eröffnung EPCOTs wieder neues Leben in die Disneyparks kommen würde. Daher litt Disney noch jahrelang an den Krediten, die man für die Unsummen von Fremdkapital aufnehmen musste, um EPCOT finanzieren zu können. Nachdem EPCOT eröffnet wurde, ging der Trend dann auch tatsächlich wieder nach oben – zumindest die Besucherzahlen in [[Walt Disney World]] stiegen 1982. Aber bereits 1983 sanken sie wieder. Aufgrund dieser Rückschläge in den USA nahm man bereits Anfang der 1980er-Jahre die Wünsche aus Asien, dort ein eigenes [[Disneyland]] zu bauen mit offenen Armen an.


Doch wegen des Geldmangels und der Angst davor, noch mehr Verluste zu machen, entschied man sich dazu, einen Partner in Japan zu suchen, ihm die Lizenz zu verkaufen und den Bau des Parks zu überwachen, ohne selber zahlen zu müssen. Als 1983 [[Tokyo Disneyland]] eröffnete, stellte es sich als riesige Einnahmequelle heraus. Die Japaner strömten geradezu in den Park – erneut entging Disney die Chance seine finanziellen Probleme zu lösen.
Doch wegen des Geldmangels und der Angst davor, noch mehr Verluste zu machen, entschied man sich dazu, einen Partner in Japan zu suchen, ihm die Lizenz zu verkaufen und den Bau des Parks zu überwachen, ohne selber zahlen zu müssen. Als 1983 [[Tokyo Disneyland]] eröffnete, stellte es sich als riesige Einnahmequelle heraus. Die Japaner strömten geradezu in den Park – erneut entging Disney die Chance seine finanziellen Probleme zu lösen.
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==== Feindliche Übernahmeversuche, Roy E. Disney und sein Rettungsplan ====
==== Feindliche Übernahmeversuche, Roy E. Disney und sein Rettungsplan ====
[[Bild:Roy disney 01.jpg|thumb|right|[[Roy E. Disney|Roy Edward Disney]] war eine der Hauptfiguren im Kampf um den [[The Walt Disney Company|Disney-Konzern]]. (© Disney)]]
[[Bild:Roy disney 01.jpg|thumb|right|[[Roy E. Disney|Roy Edward Disney]] war eine der Hauptfiguren im Kampf um den [[The Walt Disney Company|Disney-Konzern]]. (© Disney)]]
[[Walt Disney]]s Neffe [[Roy Edward Disney]] arbeitete seit seinem 20. Lebensjahr für das Unternehmen, das sein Vater und sein Onkel aufgebaut hatten und er sollte sich als eine besonders leidenschaftliche Person im Konzern herausstellen. Doch im Laufe der Siebzigerjahre machte sich bei ihm immer größere Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Unternehmens breit. Den Siedepunkt erreichte seine Frustration 1977, als er erkannte, dass seine Handlungsmöglichkeiten bei [[Walt Disney Productions]] zu eingeschränkt waren. So reichte er ein Rücktrittsgesuch ein, in dem er seine Entscheidung wie folgt begründete:
[[Walt Disney]]s Neffe [[Roy Edward Disney]] arbeitete seit seinem 20. Lebensjahr für das Unternehmen, das sein Vater und sein Onkel aufgebaut hatten und er sollte sich als eine besonders leidenschaftliche Person im Konzern herausstellen. Doch im Laufe der 1970er Jahre machte sich bei ihm immer größere Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Unternehmens breit. Den Siedepunkt erreichte seine Frustration 1977, als er erkannte, dass seine Handlungsmöglichkeiten bei [[Walt Disney Productions]] zu eingeschränkt waren. So reichte er ein Rücktrittsgesuch ein, in dem er seine Entscheidung wie folgt begründete:


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| Die schöpferische Atmosphäre, für die das Unternehmen so lange berühmt zbd auf die es selber stolz war, ist meiner Meinung nach verpufft.
| Die schöpferische Atmosphäre, für die das Unternehmen so lange berühmt und auf die es selber stolz war, ist meiner Meinung nach verpufft.
| [[Roy Edward Disney]]
| [[Roy Edward Disney]]
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*[[Michael Eisner]]: Disney ist jeden Tag ein Abenteuer
*[[Michael Eisner]]: Disney ist jeden Tag ein Abenteuer
*Ron Grover: Die Disney Story
*Ron Grover: Die Disney Story
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[[Kategorie: Leitartikel]]
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[[Kategorie: Unternehmensgeschichte]]
[[Kategorie: Unternehmensgeschichte]]