LTB 66: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen

KKeine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(3 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 4: Zeile 4:
{{gut}} Der dreifache Donald: Er wird in drei typischen Posen der drei abgedruckten Geschichten gezeigt: Mit der homerischen Lyra der „Reistafel“, dem Siegfriedsschwert des „Reingolds“ und sich an einem leibhaftigen Storch festklammernd, wie es ihm in der Münchhausen-Adaption widerfährt…
{{gut}} Der dreifache Donald: Er wird in drei typischen Posen der drei abgedruckten Geschichten gezeigt: Mit der homerischen Lyra der „Reistafel“, dem Siegfriedsschwert des „Reingolds“ und sich an einem leibhaftigen Storch festklammernd, wie es ihm in der Münchhausen-Adaption widerfährt…


Der Zeichenstil ist zwar mager, aber die Idee, quasi den gesamten Inhalt des Bandes im Cover zu spiegeln, war neu und verdient Anerkennung. Es handelt sich übrigens um das älteste jemals auf einem LTB publizierte Titelbild; im italienischen Original erschien es erstmals bereits im April 1962. Der Titel „Donald dreht durch!“ ist toll, weckt Interesse und passt zum Inhalt. Schauderhaft unpassend zu den Heldengesängen der drei Geschichten hingegen im Vergleich das Backcover!... Der Hintergrund ist von einem prototypischen Violett. Mein Einstieg in die Welt der kräftigen Farben geschah während meiner Kindheit geschah offenbar tatsächlich in erstaunlichem Maße durch die Covergestaltung der Lustigen Taschenbücher… [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Der Zeichenstil ist zwar mager, aber die Idee, quasi den gesamten Inhalt des Bandes im Cover zu spiegeln, war neu und verdient Anerkennung. Es handelt sich übrigens um das älteste jemals auf einem LTB publizierte Titelbild; im italienischen Original erschien es erstmals bereits im April 1962. Der Titel „Donald dreht durch!“ ist toll, weckt Interesse und passt zum Inhalt. Schauderhaft unpassend zu den Heldengesängen der drei Geschichten hingegen im Vergleich das Backcover!... Der Hintergrund ist von einem prototypischen Violett. Mein Einstieg in die Welt der kräftigen Farben geschah während meiner Kindheit geschah offenbar tatsächlich in erstaunlichem Maße durch die Covergestaltung der Lustigen Taschenbücher… (9/15 - Fine) [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


== Rahmengeschichte ==
== Rahmengeschichte ==
{{schlecht}} Donald zündet im Streit um die Gunst Daisys in Gustavs Auto eine Stinkbombe. Als Gustav seinen Vetter daraufhin ohrfeigt, werden laut Ehrenkodex mehrere Duelle zwischen den beiden Nebenbuhlern ausgefochten, zunächst mit Schrotflinten, am Ende sogar mit Kanonen, Hellebarden, Morgensternen und „Gummihandschuhen“…  
{{schlecht}} Donald zündet im Streit um die Gunst Daisys in Gustavs Auto eine Stinkbombe. Als Gustav seinen Vetter daraufhin ohrfeigt, werden laut Ehrenkodex mehrere Duelle zwischen den beiden Nebenbuhlern ausgefochten, zunächst mit Schrotflinten, am Ende sogar mit Kanonen, Hellebarden, Morgensternen und „Gummihandschuhen“…  
Die Geschichte hat zwar einen sehr deutlichen roten Faden, ist aber selbst für die dahingehend nie zimperlichen Rahmengeschichten besonders geschmacklos gewalttätig, und Daisy ist einfach nur widerlich. Niemand für den es sich umgebracht zu werden lohnt. Die ersten beiden Geschichten werden durch Träume bzw. Ohnmachten motiviert, die Münchhausen-Geschichte erstaunlicherweise aber nicht, was auch gleich viel schlechter funktioniert (Donalds Sturz von der Kanonenkugel auf S. 248). [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Die Geschichte hat zwar einen sehr deutlichen roten Faden, ist aber selbst für die dahingehend nie zimperlichen Rahmengeschichten besonders geschmacklos gewalttätig, und Daisy ist einfach nur widerlich. Niemand für den es sich umgebracht zu werden lohnt. Die ersten beiden Geschichten werden durch Träume bzw. Ohnmachten motiviert, die Münchhausen-Geschichte erstaunlicherweise aber nicht, was auch gleich viel schlechter funktioniert (Donalds Sturz von der Kanonenkugel auf S. 248). (2/15 - Awful) [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


[[Bild:LTB_066-1.jpg|left|500px|thumb|Schmerzhafte Erfahrungen... (© Egmont Ehapa)]]
[[Bild:LTB_066-1.jpg|left|500px|thumb|Schmerzhafte Erfahrungen... (© Egmont Ehapa)]]
Zeile 19: Zeile 19:
[[Bild:LTB_066-2.jpg|right|thumb|...führen zur Anpassung der Strategie in Martina/Bottaros "Die Reistafel" (© Egmont Ehapa)]]
[[Bild:LTB_066-2.jpg|right|thumb|...führen zur Anpassung der Strategie in Martina/Bottaros "Die Reistafel" (© Egmont Ehapa)]]


Das schöne Eingangsbild zeigt Donald mit der Lyra und griechischem Kriegshelm in einer stilisierten Tempellandschaft – doch so antik wird es in dieser Geschichte von [[Martina]] und [[Bottaro]] kein zweites Mal. Gewiss sind die Anklänge in der Handlung an den trojanischen Krieg (die Entführung der Dame, „Kassandra“ Goofy, der Zweikampf von „Achill“ Donald und „Hektor“ Gustav, das trojanische Pferd) interessant entwickelt und zum Teil recht lustig durchgeführt. Doch es gibt auch ziemlich viel Kram, der sehr weit von dieser Idee wegführen: Wieso um alles in der Welt gibt es einen Kannibalenstamm auf einer Insel südwestlich von Entenhausen? Was soll diese ins Leere laufende Käpt’n Huck-Episode? Wieso muss dann auch noch Daniel Düsentrieb nahezu beschäftigungslos auf dieser seltsamen Insel herumvegetieren? Sicherlich, abstruse Handlungsfäden und Bildgags gehören zu einem guten Martina/Bottaro dazu, aber hier wird es stellenweise zu konfus. Dass Gustav Gans auf der Seite der Entenhausener Banditen mitspielt und sich so schmählich am Eigentum seines Erbonkels vergeht, passt auch nicht so recht. Mit 83 Seiten war „Die Reistafel“ bis dahin die längste LTB-Geschichte überhaupt (dieser Rekord wurde erst im [[LTB 97]] „Olympisches Allerlei“ gebrochen), und das ist einfach zu lang. Eine „normale“ Abenteuergeschichte von noch so epischer Wucht sollte nach gut 60 Seiten auserzählt sein, und viele gute Storys, unter anderen von [[Romano Scarpa]] oder auch von Martina/Bottaro selbst, kamen mit einer solchen Seitenzahl auch gut zurecht. Hier hätte speziell auf den ersten Seiten einiges gestrafft werden können – zum Beispiel Donalds Raufereien mit dem Obsthändler und dem Autofahrer bringen die Handlung kaum voran. So dauert es geschlagene 33 Seiten, bis Dagobert, Donald, die Kinder und Goofy auf diesem ominösen „Ölland“ ankommen. Überflüssig stellt sich auch diese schwerfällige Akteinteilung dar, die ja zu einem Drama passt, nicht aber zu einem Epos. Sehr gut gefällt mir wiederum der Einfall, den homerischen Stoff mit der ursprünglich wohl indischen Reiskornlegende zu kombinieren. Dass diese zur Geschichte der Entstehung nicht des Dame-, sondern des Schachspiels gehört – sei’s drum!... [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Das schöne Eingangsbild zeigt Donald mit der Lyra und griechischem Kriegshelm in einer stilisierten Tempellandschaft – doch so antik wird es in dieser Geschichte von [[Martina]] und [[Bottaro]] kein zweites Mal. Gewiss sind die Anklänge in der Handlung an den trojanischen Krieg (die Entführung der Dame, „Kassandra“ Goofy, der Zweikampf von „Achill“ Donald und „Hektor“ Gustav, das trojanische Pferd) interessant entwickelt und zum Teil recht lustig durchgeführt. Doch es gibt auch ziemlich viel Kram, der sehr weit von dieser Idee wegführen: Wieso um alles in der Welt gibt es einen Kannibalenstamm auf einer Insel südwestlich von Entenhausen? Was soll diese ins Leere laufende Käpt’n Huck-Episode? Wieso muss dann auch noch Daniel Düsentrieb nahezu beschäftigungslos auf dieser seltsamen Insel herumvegetieren? Sicherlich, abstruse Handlungsfäden und Bildgags gehören zu einem guten Martina/Bottaro dazu, aber hier wird es stellenweise zu konfus. Dass Gustav Gans auf der Seite der Entenhausener Banditen mitspielt und sich so schmählich am Eigentum seines Erbonkels vergeht, passt auch nicht so recht. Mit 83 Seiten war „Die Reistafel“ bis dahin die längste LTB-Geschichte überhaupt (dieser Rekord wurde erst im [[LTB 97]] „Olympisches Allerlei“ gebrochen), und das ist einfach zu lang. Eine „normale“ Abenteuergeschichte von noch so epischer Wucht sollte nach gut 60 Seiten auserzählt sein, und viele gute Storys, unter anderen von [[Romano Scarpa]] oder auch von Martina/Bottaro selbst, kamen mit einer solchen Seitenzahl auch gut zurecht. Hier hätte speziell auf den ersten Seiten einiges gestrafft werden können – zum Beispiel Donalds Raufereien mit dem Obsthändler und dem Autofahrer bringen die Handlung kaum voran. So dauert es geschlagene 33 Seiten, bis Dagobert, Donald, die Kinder und Goofy auf diesem ominösen „Ölland“ ankommen. Überflüssig stellt sich auch diese schwerfällige Akteinteilung dar, die ja zu einem Drama passt, nicht aber zu einem Epos. Sehr gut gefällt mir wiederum der Einfall, den homerischen Stoff mit der ursprünglich wohl indischen Reiskornlegende zu kombinieren. Dass diese zur Geschichte der Entstehung nicht des Dame-, sondern des Schachspiels gehört – sei’s drum!... (12/15 - Very Good) [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


== Reingold ==
== Reingold ==
Zeile 28: Zeile 28:
[[Bild:LTB_066-3.jpg|left|500px|thumb|Ritter Siegnald fremdelt noch mit seiner Aufgabe in Martina/P.L. de Vitas "Reingold" (© Egmont Ehapa)]]
[[Bild:LTB_066-3.jpg|left|500px|thumb|Ritter Siegnald fremdelt noch mit seiner Aufgabe in Martina/P.L. de Vitas "Reingold" (© Egmont Ehapa)]]


Waren [[Guido Martina]] und [[Pier Lorenzo de Vita]] Opernfans?... Nach dieser Adaption von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ zu urteilen auf alle Fälle! 20 Jahre sollte es dann noch dauern, bis die beiden eine Adaption des italienischen „Nationalheiligen“ Giuseppe Verdi folgen ließen („Aida“, in Deutsch erstmals in [[LTB 88]]). „Das Rheingold“, an das sowohl der deutsche als auch der originale italienische Titel angelehnt ist, bildet in Wagners Ring-Vierteiler ja nur den Auftakt, aber so genau nehmen es Martina/de Vita nicht und verarbeiten Motive aller Opern der Tetralogie. Das meiste Personal kann schon ziemlich genau zugeordnet werden: Donald als Siegfried, Dagobert als Zwergenkönig Alberich, Düsentrieb als Schmied Mime, die Panzerknacker als die Brüder Fasolt und Fafner. Gustav ist eine Art Hagen von Tronje, doch bei der [[Eule]] aus [[Winnie Puuh]], beim sprechenden Papagei [[José Carioca]] und dem [[Burrito|fliegenden Esel]] aus dem Film [[Die drei Caballeros]] wird’s dann doch langsam dünn. Und wie so häufig bei diesen frühen Adaptionen speziell de Vitas kann man eine beschleunigte Auflösung der literarischen Vorlage beobachten, bis die Handlung stramm auf die bekannten Muster der Entenwelt zurückgetrimmt worden ist: Der geizige und gierige Dagobert straft Donald für sein Versagen, während Gustav Glück hat und Daisy biestig ist. Hingegen sind die Panels auf den ersten Seiten durchaus schön gearbeitet und entführen in eine interessante Sagen- und Heldenwelt. Das Ganze beginnt jedoch schon früh nach acht Seiten zu kippen, und zwar in dem Moment, als der Trick der Panzerknacker nur dadurch gelingen kann, dass Limonade das Einzige ist, was „Alberich“ Dagobert durch seinen Ring nicht herbeizaubern kann. Warum eigentlich?... Trotz aller Konfusion und toten Enden (nicht Enten) im Handlungsverlauf (Helm und Ring spielen späterhin gar keine Rolle mehr) ist es schön, dass „so ein“ hochkultureller Stoff im LTB einen Platz gefunden hat. Ich behaupte mal, Wagner hätte es gefallen… [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Waren [[Guido Martina]] und [[Pier Lorenzo de Vita]] Opernfans?... Nach dieser Adaption von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ zu urteilen auf alle Fälle! 20 Jahre sollte es dann noch dauern, bis die beiden eine Adaption des italienischen „Nationalheiligen“ Giuseppe Verdi folgen ließen („Aida“, in Deutsch erstmals in [[LTB 88]]). „Das Rheingold“, an das sowohl der deutsche als auch der originale italienische Titel angelehnt ist, bildet in Wagners Ring-Vierteiler ja nur den Auftakt, aber so genau nehmen es Martina/de Vita nicht und verarbeiten Motive aller Opern der Tetralogie. Das meiste Personal kann schon ziemlich genau zugeordnet werden: Donald als Siegfried, Dagobert als Zwergenkönig Alberich, Düsentrieb als Schmied Mime, die Panzerknacker als die Brüder Fasolt und Fafner. Gustav ist eine Art Hagen von Tronje, doch bei der [[Eule]] aus [[Winnie Puuh]], beim sprechenden Papagei [[José Carioca]] und dem [[Burrito|fliegenden Esel]] aus dem Film [[Die drei Caballeros]] wird’s dann doch langsam dünn. Und wie so häufig bei diesen frühen Adaptionen speziell de Vitas kann man eine beschleunigte Auflösung der literarischen Vorlage beobachten, bis die Handlung stramm auf die bekannten Muster der Entenwelt zurückgetrimmt worden ist: Der geizige und gierige Dagobert straft Donald für sein Versagen, während Gustav Glück hat und Daisy biestig ist. Hingegen sind die Panels auf den ersten Seiten durchaus schön gearbeitet und entführen in eine interessante Sagen- und Heldenwelt. Das Ganze beginnt jedoch schon früh nach acht Seiten zu kippen, und zwar in dem Moment, als der Trick der Panzerknacker nur dadurch gelingen kann, dass Limonade das Einzige ist, was „Alberich“ Dagobert durch seinen Ring nicht herbeizaubern kann. Warum eigentlich?... Trotz aller Konfusion und toten Enden (nicht Enten) im Handlungsverlauf (Helm und Ring spielen späterhin gar keine Rolle mehr) ist es schön, dass „so ein“ hochkultureller Stoff im LTB einen Platz gefunden hat. Ich behaupte mal, Wagner hätte es gefallen… (11/15 - Pretty Good) [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


== Baron Donald von Münchhausen ==
== Baron Donald von Münchhausen ==
Zeile 39: Zeile 39:
In den LTBs gibt es ja nicht eben viele „deutsche“ Stoffe – und jetzt gleich der zweite nacheinander, wieder vom Duo [[Martina]]/[[de Vita]] verantwortet... De Vitas expressiver Zeichenstil und Münchhausens anekdotenhafte Lügengeschichten passen sehr gut zusammen. Das Augenzwinkernde dieser Geschichten, das ihnen die Härte des bloßen Lügens nimmt, ist sehr schön bewahrt, das Hinübergleiten Donalds in immer unwirklichere Geisteszustände ist sehr glaubhaft dargestellt. Donald dreht hier wirklich (fast) durch, so wie es der Titel des Bandes verspricht. Der hagere Baron selbst, wenn er auftaucht, behält immer die fluide Qualität einer Traumerscheinung. Vor allem aber stimmt diesmal, was bei de Vita (zum Beispiel im vorangehenden „Reingold“) nicht immer der Fall ist, im Ganzen die Erzählstruktur: der harmlose Beginn mit den Alltagsszenen rund um den „Küchendienst“, das gelegentliche Zurückblenden auf die Münchhausen-Lektüre der Kinder, die geschickte Vorausdeutung zur Militärübung, die am Ende wieder aufgegriffen wird. Dagoberts stereotype Jagd auf seinen Neffen am Ende der Geschichte wird nicht zu dominant, sondern fügt sich ganz organisch in die Phantasiegebilde der Münchhausen-Handlung. Teilweise musste ich bei der Lektüre dieser Geschichte an den Struwwelpeter, Wilhelm Busch oder andere illustrierte deutsche Kinderbücher des 19. Jahrhunderts denken – altmodisch, zum Teil vielleicht beängstigend für jüngere Kinder, aber im Ganzen doch herzerwärmend und schön zu lesen. Mit dem „Don Quichotte“ (1956, [[LTB 60]]) und den „Drei Musketieren“ (1957, [[LTB 60]]) sollte auch der „Baron Donald von Münchhausen“ (1958) zu den drei herausragenden Leistungen de Vitas im Bereich der Duck-Comics gezählt werden. De Vita verbesserte sich danach nicht mehr, wohl auch, weil er keine derart geeigneten Stoffe mehr fand.
In den LTBs gibt es ja nicht eben viele „deutsche“ Stoffe – und jetzt gleich der zweite nacheinander, wieder vom Duo [[Martina]]/[[de Vita]] verantwortet... De Vitas expressiver Zeichenstil und Münchhausens anekdotenhafte Lügengeschichten passen sehr gut zusammen. Das Augenzwinkernde dieser Geschichten, das ihnen die Härte des bloßen Lügens nimmt, ist sehr schön bewahrt, das Hinübergleiten Donalds in immer unwirklichere Geisteszustände ist sehr glaubhaft dargestellt. Donald dreht hier wirklich (fast) durch, so wie es der Titel des Bandes verspricht. Der hagere Baron selbst, wenn er auftaucht, behält immer die fluide Qualität einer Traumerscheinung. Vor allem aber stimmt diesmal, was bei de Vita (zum Beispiel im vorangehenden „Reingold“) nicht immer der Fall ist, im Ganzen die Erzählstruktur: der harmlose Beginn mit den Alltagsszenen rund um den „Küchendienst“, das gelegentliche Zurückblenden auf die Münchhausen-Lektüre der Kinder, die geschickte Vorausdeutung zur Militärübung, die am Ende wieder aufgegriffen wird. Dagoberts stereotype Jagd auf seinen Neffen am Ende der Geschichte wird nicht zu dominant, sondern fügt sich ganz organisch in die Phantasiegebilde der Münchhausen-Handlung. Teilweise musste ich bei der Lektüre dieser Geschichte an den Struwwelpeter, Wilhelm Busch oder andere illustrierte deutsche Kinderbücher des 19. Jahrhunderts denken – altmodisch, zum Teil vielleicht beängstigend für jüngere Kinder, aber im Ganzen doch herzerwärmend und schön zu lesen. Mit dem „Don Quichotte“ (1956, [[LTB 60]]) und den „Drei Musketieren“ (1957, [[LTB 60]]) sollte auch der „Baron Donald von Münchhausen“ (1958) zu den drei herausragenden Leistungen de Vitas im Bereich der Duck-Comics gezählt werden. De Vita verbesserte sich danach nicht mehr, wohl auch, weil er keine derart geeigneten Stoffe mehr fand.


Auf eine weitere Merkwürdigkeit soll an dieser Stelle doch noch hingewiesen werden. Offenbar hatte de Vita auf den ersten etwa zehn Seiten dieser Geschichte versucht, seinen Zeichenstil zu modifizieren, bei de Vita muss man wohl auch sagen: zu verbessern. Die Enten auf den ersten Panels wirken einerseits größer, hübscher, geschmeidiger, andererseits aber auch wie von [[Carl Barks]] abgepaust (typisch auf S. 6 dieser Geschichte). Mittendrin scheint der Zeichner dieses Experiment wieder abgeblasen zu haben, symptomatischerweise von den Szenen an, in denen der Zoff zwischen Donald und Dagobert im Zentrum der Erzählung steht. Je weniger „dynamisch“ die Szenenfolge ist, desto mehr neigen sich die Zeichnungen auch im Rest der Geschichte, aber jetzt nicht mehr so auffällig, in Richtung des Barks-Stils. Nach 1958 blieb de Vita bei seinem eigenen Stil, und trotz aller Mängel kann man wohl schon sagen, dass das auch gut so war. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Auf eine weitere Merkwürdigkeit soll an dieser Stelle doch noch hingewiesen werden. Offenbar hatte de Vita auf den ersten etwa zehn Seiten dieser Geschichte versucht, seinen Zeichenstil zu modifizieren, bei de Vita muss man wohl auch sagen: zu verbessern. Die Enten auf den ersten Panels wirken einerseits größer, hübscher, geschmeidiger, andererseits aber auch wie von [[Carl Barks]] abgepaust (typisch auf S. 6 dieser Geschichte). Mittendrin scheint der Zeichner dieses Experiment wieder abgeblasen zu haben, symptomatischerweise von den Szenen an, in denen der Zoff zwischen Donald und Dagobert im Zentrum der Erzählung steht. Je weniger „dynamisch“ die Szenenfolge ist, desto mehr neigen sich die Zeichnungen auch im Rest der Geschichte, aber jetzt nicht mehr so auffällig, in Richtung des Barks-Stils. Nach 1958 blieb de Vita bei seinem eigenen Stil, und trotz aller Mängel kann man wohl schon sagen, dass das auch gut so war. (13/15 - Fantastic) [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


== Fazit ==
== Fazit ==
Alles in allem ist dieser Band ein schwungvoller literaturhistorischer Spaß. Lediglich drei Geschichten gab es bis dahin nur in einem einzigen Band (Band 58). Die einzelnen Geschichten wachsen dadurch ins Überlange, fast schon Monumentale. Die vernünftigste Länge hat da noch die abschließende Münchhausen-Geschichte von Martina/da Vita, die alles in allem auch am besten konstruiert und deshalb mein persönlicher Anspieltipp aus „Donald dreht durch“ ist. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)
Alles in allem ist dieser Band ein schwungvoller literaturhistorischer Spaß. Lediglich drei Geschichten gab es bis dahin nur in einem einzigen Band ([[LTB 58]]). Die einzelnen Geschichten wachsen dadurch ins Überlange, fast schon Monumentale. Die vernünftigste Länge hat da noch die abschließende Münchhausen-Geschichte von Martina/da Vita, die alles in allem auch am besten konstruiert und deshalb mein persönlicher Anspieltipp aus „Donald dreht durch“ ist. [[Benutzer:Hobrowili|Hobrowili]] ([[Benutzer Diskussion:Hobrowili|Diskussion]]) 19:15, 28. Dez. 2023 (CET)


[[Kategorie:LTB Rezension|066]]
[[Kategorie:LTB Rezension|066]]