Der Stein der Weisen: Unterschied zwischen den Versionen
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| ORTITEL = The Fabulous Philosopher's Stone | | ORTITEL = The Fabulous Philosopher's Stone | ||
| PUBL = | | PUBL = 28. April 1955 | ||
| ENTST = 28. | | ENTST = 28. Oktober 1954 | ||
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| D-PUBL = [[Micky Maus Beilagen]] 2 | | D-PUBL = [[Micky Maus Beilagen]] 2 | ||
| LISTE = Liste aller Comicgeschichten von Carl Barks | |||
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[[Datei:Stein der Weisen-1.jpg|400px|mini|rechts|(© Egmont Ehapa, © Disney)]] | [[Datei:Stein der Weisen-1.jpg|400px|mini|rechts|(© Egmont Ehapa, © Disney)]] | ||
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== Handlung == | == Handlung == | ||
*Anmerkung: Die hier angegebene Inhaltszusammenfassung entspricht der Handlung der Neuübersetzung. | *Anmerkung: Die hier angegebene Inhaltszusammenfassung entspricht der Handlung der [[Liste aller Neuübersetzungen von Erika Fuchs|Neuübersetzung]]. | ||
Dagobert Duck ist seit jeher fasziniert von der Legende des Steins der Weisen, mit dem es gelingen soll, unedle Metalle in Gold zu verwandeln. In einem alten Buch stößt er auf den Hinweis, dass es einst ''Gabir Ibn Hajan'' gelang, den Stein herzustellen. Er weiß auch, wo der Stein zu finden ist, nämlich in Schloss Schwanenfels im Schwäbischen. Denn dort hat einst ein Kreuzritter Quartier genommen, der im Jahr 1228 den Orient verließ und sich im Schloss einquartierte, wobei er Kost und Logis mit einem gelben Stein – vermutlich eben jener besagter Stein.<br> | Dagobert Duck ist seit jeher fasziniert von der Legende des Steins der Weisen, mit dem es gelingen soll, unedle Metalle in Gold zu verwandeln. In einem alten Buch stößt er auf den Hinweis, dass es einst ''Gabir Ibn Hajan'' gelang, den Stein herzustellen. Er weiß auch, wo der Stein zu finden ist, nämlich in Schloss Schwanenfels im Schwäbischen. Denn dort hat einst ein Kreuzritter Quartier genommen, der im Jahr 1228 den Orient verließ und sich im Schloss einquartierte, wobei er Kost und Logis mit einem gelben Stein – vermutlich eben jener besagter Stein.<br> | ||
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=== Die Alchemie und der Stein der Weisen === | === Die Alchemie und der Stein der Weisen === | ||
Die Alchemie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und wurde als solche von den eigentlichen Naturwissenschaften spätestens im 18. Jahrhundert abgelöst (eine Zeit lang existierten alchemistische Praktiken und die Methodik moderner Wissenschaft parallel, bzw. wurden von denselben Menschen praktiziert). Die Alchemie beschäftigte sich besonders mit der ''Transmutation'' von Stoffen, aber auch Geisteszuständen, wobei höherwertige, reinere und, in der Vorstellung der Vormoderne, gottähnlichere Zustände angestrebt wurden. Dies betrifft etwa die Suche nach einem Stoff oder Prozess, der unedle Metalle in Gold verwandelt, das ewige Leben ermöglicht oder einen höheren Geisteszustand herbeiführt. | Die Alchemie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und wurde als solche von den eigentlichen Naturwissenschaften spätestens im 18. Jahrhundert abgelöst (eine Zeit lang existierten alchemistische Praktiken und die Methodik moderner Wissenschaft parallel, bzw. wurden von denselben Menschen praktiziert). Die Alchemie beschäftigte sich besonders mit der ''Transmutation'' von Stoffen, aber auch Geisteszuständen, wobei höherwertige, reinere und, in der Vorstellung der Vormoderne, gottähnlichere Zustände angestrebt wurden. Dies betrifft etwa die Suche nach einem Stoff oder Prozess, der unedle Metalle in Gold verwandelt, das ewige Leben ermöglicht oder einen höheren Geisteszustand herbeiführt. | ||
In ihren Studien gelang es den Alchemisten zwar nicht, Gold herzustellen, aber sie entdeckten etwa Arsen, Bismut und Phosphor oder stellten Schwarzpulver und Porzellan her. Insofern lieferten sie wichtige Ausgangspunkte für die spätere Chemie.<br> | In ihren Studien gelang es den Alchemisten zwar nicht, Gold herzustellen, aber sie entdeckten etwa Arsen, Bismut und Phosphor oder stellten Schwarzpulver und Porzellan her. Insofern lieferten sie wichtige Ausgangspunkte für die spätere Chemie.<br> | ||
In dieser Geschichte greift Barks die Suche nach dem Stein der Weisen, der Gold erzeugen kann, als handlungsleitendes Motiv auf. Der angebliche Erzeuger des Steins der Weisen in der Fuchs-Neuübersetzung, Gabir Ibn Hajan, ist eine historische Figur und einer der bedeutendsten arabischen Alchemisten und Naturphilosophen, der in seinen Schriften zur Suche nach dem Stein anregte. In der Fuchs-Erstübersetzung ist es hingegen der Alchemist Bibo von Cöllen, der den Stein der Weisen erzeugt. Im Barksschen Original wird er als „Ostanes the Mede“ bezeichnet, der selbst als einer der frühen Magier und Alchemisten aus der Antike bekannt ist. | In dieser Geschichte greift Barks die Suche nach dem Stein der Weisen, der Gold erzeugen kann, als handlungsleitendes Motiv auf. Der angebliche Erzeuger des Steins der Weisen in der Fuchs-Neuübersetzung, Gabir Ibn Hajan, ist eine historische Figur und einer der bedeutendsten arabischen Alchemisten und Naturphilosophen, der in seinen Schriften zur Suche nach dem Stein anregte. In der Fuchs-Erstübersetzung ist es hingegen der Alchemist Bibo von Cöllen, der den Stein der Weisen erzeugt. Im Barksschen Original wird er als „Ostanes the Mede“ bezeichnet, der selbst als einer der frühen Magier und Alchemisten aus der Antike bekannt ist. | ||
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=== Der Minotaurus und der Ariadnefaden === | === Der Minotaurus und der Ariadnefaden === | ||
[[Datei:Stein der Weisen-3.jpg|mini|400px|rechts|Die Ducks im Thronsaal von König Minos (© Egmont Ehapa, © Disney)]] | [[Datei:Stein der Weisen-3.jpg|mini|400px|rechts|Die Ducks im Thronsaal von König Minos (© Egmont Ehapa, © Disney)]] | ||
Barks verarbeitet in dieser Geschichte ebenfalls Elemente der altgriechischen Theseussage. Derzufolge zieht Theseus, Sohn des Königs von Athen, nach Kreta, um sich mit dem Minotauros, einem menschenfressenden Ungeheuer mit dem Kopf eines Stiers und dem Körper eines Mannes, zu messen, den König Minos von Kreta in ein Labyrinth eingesperrt hat. In Knossos, der Hauptstadt des minoischen Kretas, trifft Theseus Ariadne, die Tochter des Minos, und verliebt sich in sie. Ariadne gibt ihm einen Faden und ein Schwert, um den Minotauros zu erlegen. Mit dem abgerollten Faden kann Theseus, nach getaner Heldentat, wieder den Weg zurück aus dem Labyrinth finden. | Barks verarbeitet in dieser Geschichte ebenfalls Elemente der altgriechischen Theseussage. Derzufolge zieht Theseus, Sohn des Königs von Athen, nach Kreta, um sich mit dem Minotauros, einem menschenfressenden Ungeheuer mit dem Kopf eines Stiers und dem Körper eines Mannes, zu messen, den König Minos von Kreta in ein Labyrinth eingesperrt hat. In Knossos, der Hauptstadt des minoischen Kretas, trifft Theseus Ariadne, die Tochter des Minos, und verliebt sich in sie. Ariadne gibt ihm einen Faden und ein Schwert, um den Minotauros zu erlegen. Mit dem abgerollten Faden kann Theseus, nach getaner Heldentat, wieder den Weg zurück aus dem Labyrinth finden. | ||
Die Geschichte des König Minos und des Minotauros spiegelt die mythengewordene griechische Erinnerung an die Kultur der Minoer wider, die 2600 bis 1450 v. Chr. die Insel Kreta und einige weitere griechische Inseln prägte. Die minoische Kultur kennzeichnete sich vor allem durch den Stierkult und durch die labyrinthartigen Palastanlagen, die wohl die Legende befeuert haben. | Die Geschichte des König Minos und des Minotauros spiegelt die mythengewordene griechische Erinnerung an die Kultur der Minoer wider, die 2600 bis 1450 v. Chr. die Insel Kreta und einige weitere griechische Inseln prägte. Die minoische Kultur kennzeichnete sich vor allem durch den Stierkult und durch die labyrinthartigen Palastanlagen, die wohl die Legende befeuert haben. | ||
=== Sarazenische Piraten === | === Sarazenische Piraten === | ||
Im ausgehenden Mittelalter waren es vielfach muslimische Piraten, als Sarazenen bezeichnet, die den Mittelmeerraum unsicher machten. Ihre Ziele galten neben Raub von wertvollen Gütern der Erbeutung von Sklaven und der Erpressung von Tributen. Die Stationierung der Piraten in Kreta und Zypern, wie von Barks hier beschrieben, entspricht allerdings nicht wirklich historischen Quellen, da die Inseln lange in genuesischer und venezianischer Hand waren. | Im ausgehenden Mittelalter waren es vielfach muslimische Piraten, als Sarazenen bezeichnet, die den Mittelmeerraum unsicher machten. Ihre Ziele galten neben Raub von wertvollen Gütern der Erbeutung von Sklaven und der Erpressung von Tributen. Die Stationierung der Piraten in Kreta und Zypern, wie von Barks hier beschrieben, entspricht allerdings nicht wirklich historischen Quellen, da die Inseln lange in genuesischer und venezianischer Hand waren. | ||
== Bedeutung == | |||
''Der Stein der Weisen'' ist eine der prototypischen [[Schatzsuche]]n von Carl Barks, in denen die Ducks Hinweis um Hinweis nachgehen und war deswegen ebenso wie ''[[Die sieben Städte von Cibola]]'' prägend für das Genre. [[Don Rosa]], dessen Geschichten oft einem ähnlichen Muster folgen, bezeichnete ''Der Stein der Weisen'' als eine der liebsten Barks-Geschichten aus seiner Kindheit<ref>[[Don Rosa]]: Die wunderbare Welt der Geschichte. In: [[Don Rosa Collection 8]], S. 208.</ref> und verwendete mit Montarde/Bürzli sowie dem Stein der Weisen wichtige Elemente dieser Geschichte in zwei seiner eigenen, ''[[Die Krone der Kreuzfahrerkönige]]'' und ''[[Ein Brief von daheim]]''. | |||
Barks greift in dieser Geschichte auf die Midaslegende zurück, indem er vor Augen führt, welchen Nachteil es gibt, wenn man alles in Gold verwandeln kann. Dass Schätze nicht das Allerbeste auf der Welt sind, ist eine Lektion für Dagobert, die Barks bereits in ''[[Die magische Sanduhr]]'' verwendete und die er nur wenige Monate später erneut in ''[[Die goldene Nase]]'' einsetzen sollte. | |||
Die Möglichkeit, unedle Metalle in Gold zu verwandeln, erklärt Barks im Original mittels Kernspaltung.<ref>[[Geoffrey Blum]]: Spendieren oder Schikanieren im Land der Harpyien. Übersetzt von [[Johnny A. Grote]]. In: [[Barks Library Special Onkel Dagobert 9]].</ref> Diese Herangehensweise der Entzauberung von Mystik und Magie entspricht Barks' grundsätzlicher Einstellung und findet sich in vielen weiteren Geschichten, wo übernatürliche Dinge am Ende logisch erklärt werden, etwa in ''[[Der Fliegende Holländer]]'' oder den ersten Gundel-Gaukeley-Geschichten. | |||
[[Thomas Andrae]] weist darauf hin, dass Onkel Dagobert in dieser Geschichte davon ausgeht, dass alle Schätze, die er findet, ihm gehören und, als die Neffen ihn ermahnen, seinen Anspruch mit juristischen Tricks durchsetzen will. Andrae und David Kunzle beziehen das auf eine Thematisierung internationaler Konzerne und des amerikanischen Imperialismus.<ref>[[Thomas Andrae]] (2006): Carl Barks and the Disney Comic Book. Jackson, MS: University Press of Mississippi. S. 199.</ref><ref> David Kunzle (2002): Carl Barks. Dagobert und Donald Duck. Welteroberung aus Entenperspektive.</ref> Während diese Interpretation wohl nicht Barks' Intentionen entspricht, ist dennoch die besitzergreifende Herangehensweise Dagoberts an fremde Schätze und Kulturgüter auffallend, die zwar heute ein gängiges Erzählmittel in Disney-Comics ist, damals aber vergleichsweise neu war. | |||
== Übersetzung == | |||
Erika Fuchs übersetzte diese Geschichte zweimal, das erste Mal 1960 für eine Beilage der „[[Micky Maus Magazin|Micky Maus]]“, das zweite Mal 1976 und in Unkenntnis der Erstübersetzung. Daraus erklärt sich, dass in der ersten Fassung „Monsieur Mattressface“ noch mit „Montarde“ übersetzt wurde und vom Internationalen Währungsfonds in Paris kam – diese Version findet sich auch bei Rosa –, dass jedoch in der bekannteren, weil häufiger abgedruckten Zweitversion von „Arnold Bürzli“ aus Zürich die Rede ist. | |||
== Veröffentlichungen == | == Veröffentlichungen == | ||
*[[Micky Maus Beilagen]] | *[[Micky Maus Beilagen]] 2 – Onkel Dagobert – Der Stein der Weisen (1960) (2 Reihen pro Seite) | ||
*[[Micky Maus Magazin|Micky Maus]] 19–22/1976 (um eine Seite gekürzt) | *[[Micky Maus Magazin|Micky Maus]] 19–22/1976 (um eine Seite gekürzt) | ||
*[[DDSH 104]] (1989) | *[[DDSH 104]] (1989) | ||
*[[Die tollsten Geschichten von Donald Duck – Sammelband]] 15A (1993) | *[[Die tollsten Geschichten von Donald Duck – Sammelband]] 15A (1993) | ||
*[[Die tollsten Geschichten von Donald Duck – Sammelband]] 15B (1993) | *[[Die tollsten Geschichten von Donald Duck – Sammelband]] 15B (1993) | ||
*[[Barks Library Special Onkel Dagobert]] | *[[Barks Library Special Onkel Dagobert 8]] (1999) | ||
*[[Carl Barks Collection]] | *[[Carl Barks Collection XIII]] (2006) | ||
*[[Barks Onkel Dagobert 3]] (2009) | *[[Barks Onkel Dagobert 3]] (2009) | ||
*[[Länder, Enten, Abenteuer – Familie Duck auf Schatzsuche]] (2013) | *[[Länder, Enten, Abenteuer – Familie Duck auf Schatzsuche]] (2013) | ||
*[[LTB Classic Edition 10]] (2020) | *[[LTB Classic Edition 10]] (2020) | ||
*[[Entenhausen-Edition 82]] (2023) | |||
== Siehe auch == | |||
* [[Liste aller Comicgeschichten von Carl Barks]] | |||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
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*[https://de.wikipedia.org/wiki/Theseus Theseus in der Wikipedia] | *[https://de.wikipedia.org/wiki/Theseus Theseus in der Wikipedia] | ||
[[Kategorie:Comicgeschichte]] | == Einzelnachweise == | ||
[[Kategorie:Carl Barks]] | <references/> | ||
[[Kategorie:Comicgeschichte|Stein der Weisen, Der]] | |||
[[Kategorie:Carl Barks|Stein der Weisen, Der]] | |||